Dienstag, 28. Juni 2016

Was beweisen die Gottesbeweise überhaupt?



Ein Einwand gegen die thomistischen Gottesbeweise, der sehr weit verbreitet ist und auch von Philosophen vorgetragen wird, die grundsätzlich den „fünf Wegen“ zugeneigt sind, lautet, dass die fünf Wege eine „erste Ursache“ oder einen „unbewegten Beweger“, eine „notwendige Entität“ etc. beweisen können, nicht aber, dass diese erste Ursache etc. mit Gott identisch ist. Wenn man die Argumente Thomas von Aquins für die Existenz Gottes ganz eng versteht, kann man diesen Einwand akzeptieren. Aber durch die Hinzunahme einer einzigen Prämisse ergibt sich in allen Fällen, dass diese erste Ursache oder dieser unbewegte Beweger Gott ist. Deshalb beendet Thomas jeden der fünf Wege auch mit dem Satz „und dies nennen alle Gott“. 

Mittwoch, 8. Juni 2016

Ist ein Kieselstein eine Substanz?



Unter Aristotelikern gibt es eine Diskussion über die Frage, ob unbelebte Entitäten wie Kieselsteine, Felsbrocken oder Sandkörner Substanzen sind oder ob nur die Moleküle, aus denen diese Dinge bestehen, als Substanzen betrachtet werden können. Für Aristoteles, Thomas von Aquin und ältere Scholastiker konnte diese Frage zumindest nicht in dieser Form entstehen, da sie von der atomaren Struktur der Dinge noch nichts wussten. Natürlich setzte sich bereits Aristoteles mit den antiken Atomisten auseinander, allerdings war deren Atombegriff ein philosophischer Begriff und nicht ein physikalischer Begriff. Zudem behaupteten die antiken Atomisten, dass alles was existiert, ausschließlich aus Atomen zusammengesetzt ist und dass diese Atome sich durch Zufall zu bestimmten komplexen Entitäten ordnen, wie Steinen, Pflanzen, Tieren und Menschen. Diese Auffassung steht auch bei vielen materialistischen Philosophien der Gegenwart im Hintergrund, wenn freilich auch erheblich komplexer ausgearbeitet durch die Verbindung des Atomismus mit der Naturwissenschaft. Die Frage der Aristoteliker nach der Substanzialität der unbelebten Materie hat einen anderen Hintergrund.