Eine Konstante in der neuzeitlichen und modernen Kritik der
Scholastik ist die Ablehnung des Substanzbegriffs. Substanzen sind nach
Aristoteles und Thomas von Aquin unabhängige Entitäten, das bedeutet,
Entitäten, die in sich sind und nicht in einem Anderen und als solche Träger
von Eigenschaften. Die empiristische Kritik am Substanzbegriff richtet sich vor
allem gegen die fehlende empirische Gegebenheit von Substanzen. Substanzen sind
nicht sichtbar und was nicht sinnlich gegeben ist, existiert für einen
Empiristen nicht. Was gegeben ist sind Sinnesdaten oder allgemeiner gesagt,
Eigenschaften. So geht bereits David Hume davon aus, dass gewöhnliche Dinge
sich als Bündel von Eigenschaften analysieren lassen. Ein Stück Gold ist nach
dieser Theorie nichts anderes als das Gelb, die Verformbarkeit, die Festigkeit,
die Schmelzbarkeit, das bestimmte Gewicht usw., die zusammen „gebündelt“
vorkommen. Es gibt nichts an Gold, das darüber hinaus noch besteht, oder das
diesen Eigenschaften zugrunde liegt, kein Substrat, das Träger dieser
Eigenschaften ist. Dieser Gedanke liegt den modernen Trope-Ontologien zugrunde,
die eine Weiterentwicklung dieser Idee Humes darstellen.
Das Problem dieser Theorien besteht bereits darin, dass sie
auf Grund eines falschen Substanzbegriffs entstanden sind, der in der
neuzeitlichen Philosophie bestimmend wurde und dann Kritik auf sich zog. Was
John Locke am Substanzbegriff kritisiert, ist nicht das, was Thomas unter einer
Substanz versteht. Locke versteht die Substanz als nichts anderes als einen
Träger von Eigenschaften, gewissermaßen wie eine Heftzwecke, mit der man
verschiedene Zettel zusammenheftet.
Was ein solcher bloßer Träger von Eigenschaften dann sein
soll, bleibt tatsächlich schleierhaft und Locke sagt deshalb von der Substanz,
sie sei „something, we know not what“. Nach diesem Verständnis ist die Substanz
ein bestimmungsloses Substrat von Akzidenzien. Wenn nun dieses Substrat tatsächlich
bestimmungslos ist und keinerlei Merkmale aufweist, warum kann nicht das
Substrat den Akzidenzien von, sagen wir, einem Hund und einem Stein zugrunde
liegen, die ihren Ort wechseln? Dies würde bedeuten, dass dasjenige, was jetzt
alle Eigenschaften des Hundes hätte, tatsächlich ein Stein ist und das, was
alle Eigenschaften des Steines hat, in Wirklichkeit ein Hund ist.
Um dieses etwas bizarre Ergebnis zu vermeiden, müssen wir
sagen, dass es etwas „im“ Hund geben muss, das diesen vom Stein unterscheidet. Dies
aber bedeutet dann, dass das Substrat nicht völlig bestimmungslos sein kann.
Doch damit stellt sich wiederum die Frage, wie das Substrat seine Aufgabe
erfüllen kann, nämlich die Grundlage aller
Merkmale und Eigenschaften des Dinges zu sein.
Angesichts dieser Probleme entstand die Theorie, dass es
keine Substrate gibt, sondern Dinge nur Bündel von Eigenschaften sind.
Allerdings gibt es für den Scholastiker nicht bloß die Wahl zwischen Substrattheorie
und Bündeltheorie, denn die Scholastiker sind nicht auf zu dem Begriff des
Substrats verpflichtet, sondern es gibt eine dritte Position. Im Gegensatz zur
Substrattheorie ist es das Gold selbst und nicht ein bestimmungsloses Substrat,
das der Träger der Akzidenzien ist und im Gegensatz zur Bündeltheorie setzen
die Eigenschaften die Existenz des Goldes selbst voraus, so dass man Gold nicht
verständlich aus seinen Akzidenzien konstruieren kann.
Edward Feser beschreibt die beiden Theorien – die Substrattheorie
und die Bündeltheorie sehr anschaulich durch das Modell der Zwiebel. Der
Substrattheoretiker schält alle Schichten der Zwiebel ab, um zu einem letzten
Substrat zu kommen, das er dann nicht findet und der Bündeltheoretiker legt die
geschälten Schichten in einem Stapel zusammen und behauptet, dass dies die
wirkliche Zwiebel ist. Doch was eine Zwiebel wirklich ist, ist das, was man
hatte, bevor man die Schichten abschälte.
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