Sind Ursache und Wirkung eines Ereignisses gleichzeitig oder
nicht? Über diese Frage gibt es spätestens seit David Hume einen
philosophischen Streit. Nach Auffassung scholastischer Metaphysiker sind
Ursache und Wirkung immer simultan. Hume hingegen vertritt die Auffassung, dass
die Ursache früher als die Wirkung ist und daher Ursache und Wirkung getrennt
sind. Nach Hume handelt es sich deshalb bei Ursache und Wirkung um zwei
Ereignisse. Der Grundgedanke der scholastischen Philosophen besteht darin, dass
es keinen Sinn macht anzunehmen, dass es eine Ursache gibt, die keine Wirkung
hat oder eine Wirkung ohne Ursache. Das Schneiden einer Orange mit dem Messer
ist identisch mit dem geschnitten-werden der Orange mit einem Messer. In
anderem Fall würde das Messer gar nichts schneiden und die Orange würde durch
nichts geschnitten werden.
Es muss allerdings betont werden, dass Simultanität bzw. Gleichzeitigkeit
nicht identisch ist mit Unmittelbarkeit. Ein kausales Ereignis kann sich
natürlich über einen gewissen Zeitraum erstrecken. Vielmehr geht es darum, dass
Ursache und Wirkung zu ein und demselben Ereignis gehören, dass die
Hervorbringung einer Wirkung und die Verursachung dieser Wirkung – wie lang
sich dieser Vorgang auch erstrecken mag – ein und derselbe Vorgang ist.
Natürlich braucht es eine bestimmte Zeit, die Orange durchzuschneiden, aber es
gibt keine Zeit zwischen dem Durchschneiden der Orange und dem geschnitten
werden der Orange.
Man könnte nun gegen diese Theorie der Simultanität von
Ursache und Wirkung einwenden, dass dies bedeuten würde, dass in einer
Kausalreihe die gesamte kausale Kette gleichzeitig stattfinden würde. Wenn A B
verursacht und B wiederum C bewirkt und C dann die Ursache von D ist, müssten
alle diese Ursachen und Wirkungen gleichzeitig sein. Dies wiederum hätte die
absurde Konsequenz, so der Einwand, dass die gesamte Kausalreihe nicht zeitlich
ausgedehnt ist.
Doch dieser Einwand ist bereits dadurch widerlegt, dass
zuvor betont wurde, dass Gleichzeitigkeit und Unmittelbarkeit nicht identisch
sind. Eine Ursache, die eine bestimmte Wirkung erzielt, kann sich über einen
gewissen Zeitraum erstrecken. Ein Stück Zucker, das sich in Ihrem Kaffee
auflöst, braucht dazu einige Sekunden; eine Heizung braucht eine bestimmte
Zeit, damit der Raum erwärmt ist usw. Die beiden englischen Philosophen Stephan
Mumford und Rani Lill Anjum haben deshalb betont, dass man unterscheiden muss
zwischen kausalen Episoden die Teil eines einzelnen Prozesses sind und kausalen
Prozessen, die durch Kräfte hervorgebracht werden, die in früheren kausalen
Prozessen instanziiert sind. Ihr Beispiel ist ein Zuckerstück das in Tee
aufgelöst wird und dem Ereignis des Teetrinkens zehn Minuten später, das bei
dem Teetrinker einen angenehmen Geschmack bewirkt, worauf dann, als weiteres
Ereignis, die Umwandlung des gezuckerten Tees in Energie folgt, wenn dieser im
Nagen verdaut wird. Jeder dieser drei Ereignisse ist ein kausaler Prozess, doch
sind sie nicht kausal verbunden in dem Sinne wie die Kausalität in jedem
einzelnen dieser Ereignisse. Dass Zucker sich im Tee auflöst ist ein kausaler
Prozess, doch verursacht dieser nicht das Trinken des Tees. Vielmehr resultiert
dieser Prozess unter bestimmten Bedingungen, die zehn Minuten später eine Rolle
spielen, in einem getrennten kausalen Prozess des Teetrinkens. Ebenso wenig
verursacht das Teetrinken die Umwandlung des Tees in Energie. Vielmehr ist es
ein kausaler Prozess, der die Bedingungen für einen anderen kausalen Prozess
bereitstellt. In jedem einzelnen dieser drei Prozesse sind Ursache und Wirkung
simultan, aber natürlich nicht zwischen dem ersten und dem zweiten Prozess,
weil der erste Prozess nicht die Ursache für den zweiten oder den dritten
Prozess ist.
Auch ein weiterer Einwand soll noch kurz erwähnt werden.
Dieser Einwand lautet: „Hat nicht Einstein gezeigt, dass Ursache und Wirkung
nicht gleichzeitig sind, insofern als die spezielle Relativitätstheorie
feststellt, dass es relativ in Bezug auf den Beobachter oder die
Beobachtungssituation ist, ob zwei räumlich getrennte Ereignisse simultan sind?“
Die Antwort lautet: Nein! Die Theorie die wir verteidigen ist genau die, dass
eine Wirkung und ihre unmittelbare Ursache Teile ein und desselben Ereignisses
sind und nicht zwei verschiedene Ereignisse. Die Beispiele die wir dazu
angeführt haben beinhalten Ursachen und Wirkungen die denselben Ort, denselben
Raum einnehmen und nicht getrennte Orte. Daher ist die Relativität hier
irrelevant.
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