Argumente für die bewusstseinsunabhängige, also objektive
Realität von Wesenheiten werden seit einiger Zeit auch von Vertretern einer
Wissenschaftstheorie geliefert, die als „Neue Essentialisten“ (New Essentialists)
bezeichnet werden. Bekannte Vertreter dieser wissenschaftstheoretischen Richtung
sind Nancy Cartwright oder Brain Ellis. Neue Essentialisten vertreten die
Auffassung, dass es die Aufgabe der Naturwissenschaften ist, Wesenheiten und
kausale Kräfte (Dispositionen) zu entdecken und zu erforschen. Kausale Kräfte
sind dieser Auffassung entsprechend Kräfte, die Dinge aufgrund ihrer
Wesenheiten besitzen, bzw. die die Dinge wesentlich besitzen. Hierfür wurden
von den Neuen Essentialisten weitere Argumente für die Objektivität von
Wesenheiten genannt.
So betont z.B. Nancy Cartwright (1999), dass die Theorie David Humes, dass die Wissenschaft nichts
anderes untersucht als bestimmte Regularitäten in der Natur auf der Grundlage
von Beobachtungen mit erheblichen Problemen konfrontiert ist. Solche
Regularitäten sind nämlich selten zu beobachten und sie sind in gewöhnlichen
Umständen überhaupt nicht zu beobachten. So werden Studierende, die ein
Physikstudium aufnehmen sehr bald mit Idealisierungen vertraut gemacht, wie
z.B. einer Oberfläche ohne jede Reibung oder mit der Tatsache, dass Gesetze wie
die Newtonschen Gesetze der Gravitation genau genommen das Verhalten von
Körpern in Umständen beschreiben, in denen es überhaupt keinerlei störende
Faktoren gibt, die auf dir einwirken, Umstände also, die es tatsächlich
nirgendwo gibt. Zudem erfassen Physiker eine Regularität als ein Naturgesetz
nicht nach einer ganzen Reihe von Versuchen. Vielmehr ziehen sie Schlüsse aus
wenigen hochspezialisierten Experimenten, die unter sehr artifiziellen
Bedingungen durchgeführt werden.
All dies aber ist nun nicht mit der Idee der Wissenschaft vereinbar,
nach der diese mit der Katalogisierung von beobachteten Regularitäten
beschäftigt ist. Allerdings trifft diese Darstellung der tatsächlichen
Tätigkeit der Wissenschaft nach Cartwrights Auffassung die aristotelische
Auffassung der Wissenschaften. Nach dieser Theorie besteht die Aufgabe der
Wissenschaft in der Entdeckung der verborgenen Naturen, bzw. Wesenheiten der
Dinge. Die experimentelle Praxis in den Naturwissenschaften besteht darin, dass
Naturwissenschaftler nach den Kräften der Dinge suchen, die diese zeigen, wenn sie
von abgeleiteten Bedingungen abstrahieren. Wenn sie aus nur einem einzigen oder
wenigen Experimenten auf ein Ergebnis schließen, so zeigt dies, dass diese
Kräfte in der Weise genommen werden, dass sie die Natur des Dinges
wiederspiegeln, die universal für alle Dinge dieser Art gelten.
Ähnlich argumentiert Brain Ellis (2002),
das Wesenheiten notwendig sind um die Naturgesetze zu begründen und dass die
tatsächlichen Ergebnisse der modernen Wissenschaften die Behauptung
unterstützen, dass es natürliche Arten
gibt, von denen jede ihre eigene Wesenheit besitzt. Allerdings bestreitet Ellis
seltsamerweise, dass dies auch für biologische Arten gilt. Hier liegt einer der
Unterschiede zu scholastischen Denkern. Zumindest kann man aber auch mit
Hinweis auf die Neuen Essentialisten nicht bestreiten, dass es zumindest einige
Wesenheiten gibt.
Hinzu kommen aber metaphysische Überlegungen, die die
Realität der Wesenheiten unbestreitbar macht. Wenn ein Ding eine substanzielle
Form hat und wenn es auf Grund dieser Form unreduzierbare kausale Kräfte
besitzt und wenn diese Kräfte auf die Hervorbringung bestimmter Wirkungen als
ihren Finalursachen gerichtet sind usw., dann ist schwer verständlich, wie man die
Realität von Wesenheiten bestreiten kann.
Ein Argument gegen die Objektivität von Wesenheiten das
diese bestreitet, in dem es behauptet, diese seien konventionell, also durch
menschliche Übereinkunft festgelegt und insofern bewusstseinsabhängig, wurde
von Crawford Elder vorgestellt. Damit die Behauptung, Wesenheiten seien bloß
konventionell konsistent ist, so Elder, müsste der Konventionalist dies auch
vom menschlichen Bewusstsein selbst behaupten, wie er es von allem anderen auch
behauptet. Dies bedeutet aber, dass das, was das Bewusstsein zu dem macht, was
es ist, auch bewusstseinsabhängig sein muss. Wenn man aber behauptet, etwas sei
bewusstseinsabhängig, dann bedeutet dies, dass diese Behauptung die Existenz
des Bewusstseins voraussetzt und
deshalb sowohl ontologisch als auch zeitlich später als die Existenz des
Bewusstseins ist. Das Bewusstsein wäre früher als das, von dem es abhängig ist,
von dem also, was nur existiert relativ auf die Weise unseres Denkens und
Sprechens. Also würde der Konventionalist behaupten, dass das Bewusstsein
sowohl früher als auch später als es selbst ist und dies ist zweifellos
inkohärent. Zumindest muss es also eine Wesenheit geben, nämlich die unseres
Bewusstseins.
Diese Argumente sind, so glaube ich, so stark, dass sie die
Realität der Wesenheiten bestätigen.
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