In unregelmäßigen Abständen stelle ich in meinem Blog
philosophische Neuerscheinungen vor, die zugleich deutlich machen, dass sich
die neuscholastische oder neothomistische Philosophie in der
Gegenwartsphilosophie immer deutlicher bemerkbar macht, und vom Hauptstrom
der Gegenwartsphilosophie nicht mehr ignoriert werden kann. Eine ausgezeichnete
Arbeit zur Ethik bzw. Metaethik, die allerdings bereits 2012 erschienen ist,
ist das Buch von David Alexander: Goodness,
God, and Evil.
Der Autor ist Assistenzprofessor für Philosophie an derHuntington Universität im US-Bundesstaat Indiana. In seinem Buch argumentiert
der Autor mit Bezug auf einen kaum beachteten Aufsatz der renommierten englischen
Logikers Peter Geach (Ehemann von Elizabeth Anscombe), dass es sich bei dem
Wort „gut“ nicht um ein prädikatives Adjektiv, sondern um ein attributives
Adjektiv handelt. Dies bedeutet, kurz und nicht ganz korrekt gesagt, dass das Wort „gut“ nicht wie
eine Eigenschaft in der gleichen Weise allen Dingen zukommt, von denen gesagt
wird, dass sie gut sind. Dies ist der Fall bei prädikatives Adjektiven, wie
z.B. „rot“. Rot kann ich in der gleichen Weise von einem Apfel oder einem
Ferrari aussagen. Dies trifft nicht bei „gut“ zu. Ein gutes Auto ist etwas
anderes als ein gutes Pferd, eine gute Eiche oder ein guter Mensch.
Diese Entdeckung von Peter Geach ist aber nur die
Voraussetzung für die weitere Untersuchung. Denn dies hat Auswirkungen für die
Ethik. Wenn „gut“ nicht prädikativ verwendet werden kann, dann, so argumentiert
Alexander, ist „gut“ auch keine Eigenschaft, so wie z.B. „rot“ eine Eigenschaft
ist. Die Bedeutung von gut lässt sich demnach nur verstehen, wenn man das Wesen
oder den Zweck einer Entität kennt, von der man sagt, dass sie gut ist.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie haben noch nie in Ihrem
Leben ein Pferd gesehen. Wenn Ihnen nun ein Pferdeliebhaber begegnet und Ihnen
unbedingt seine Pferde zeigen möchte, so sagt er möglicherweise über eines
seiner Pferde im Stall: „das ist ein besonders gutes Pferd!“. Da Sie nicht
wissen, was ein Pferd ist, wissen Sie natürlich auch nicht, was ein gutes Pferd
ist. Die Güte des Pferdes hängt ab von seinem Wesen als Pferd und seinem Zweck. Das Pferd
des Pferdenarren hat auch einen äußerlichen Zweck, nämlich z.B. den, dass es
bei Pferderennen mitläuft und Preise gewinnt. Und in dieser Hinsicht kann man
ein Pferd gut nennen, wie man z.B. auch einen Rasierapparat oder ein anderes
Artefakt gut nennt, nämlich insofern es seinen Zweck erfüllt. Bei Artefakten
ist die Wesenheit weitgehend mit dem Zweck identisch. Bei Pferden und anderen
natürlichen Arten ist dies allerdings nicht der Fall. Das Pferd kann auch ein
gutes Pferd sein, weil es der Wesenheit des Pferdes, dem „Ideal“ eines Pferdes,
besonders vollkommen entspricht und sich so verhält, wie Pferde sich verhalten.
Aus diesen Überlegungen ergeben sich Folgerungen für die
Ethik, die von Alexander im o.g. Buch nur angedeutet werden. Kurz gesagt sind
die Folgen für die Ethik das, was die Naturrechtsethik schon seit der Antike
behauptet, dass sich nämlich in Bezug auf den Menschen die moralischen Gebote
oder die Rechte und Pflichten, also das, was in einem objektiven Sinne gut ist, aus der Natur des
Menschen ergeben, aus seinem Wesen. Was für den Menschen gut ist, ist das, was
aus seiner Natur folgt, ebenso, wie das, was für ein Pferd gut ist, dass ist, was
aus der Natur des Pferdes folgt. Und beides ist ziemlich verschieden.
Das Buch von David Alexander ist hervorragend geschrieben
und streng argumentativ im Stil der analytischen Philosophie. Erstaunlich ist
allerdings, dass er kaum Bezug nimmt auf Aristoteles oder Thomas von Aquin,
sondern sich weitgehend auf moderne Autoren bezieht.
Im letzten Kapitel gibt es dann noch eine besondere „Überraschung“.
Wie Aristoteles und Thomas von Aquin verteidigt der Autor die Theorie, dass „gut“
ebenso wie „seiend“ Transzendentalien sind und daher konvertible, d.h. miteinander
austauschbar. Dies bedeutet zugleich, dass das Böse nicht seiend sein kann und
daher eine Privation darstellt, eine „Beraubung“ des Guten. Darauf aufbauend
bringt Alexander ein neues Argument für die Existenz Gottes.
Wer sich für das Buch interessiert, kann es z.B. bei Amazon kaufen:
David E.
Alexander
Bloomsbury
Publishing
ISBN 978-1-62892166-3
EUR 28,66
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