Im Verlag editiones scholasticae erscheint in Kürze eine neue dreibändige Reihe zur Einführung in die klassische aristotelische Logik von Rafael Hüntelmann. Die drei Bände sind so angelegt, dass sie für jeden Interessierten verständlich sind und sogar für Schüler geeignet sein sollen. Der erste Band erscheint bereits in etwa einer Woche, die beiden anderen Bände kommen noch in diesem Jahr. Weitere Informationen zu Reihe hier. Grundkurs klassische aristotelische Logik – Editiones Scholasticae (editiones-scholasticae.de)
Allgemein wird heute gesagt, dass die aristotelische Logik ist
überholt sei und durch die moderne mathematische Logik integriert werden kann.
Dies wird mit der neuen Buchreihe bestritten. Zum ersten Band heißt es:
Die klassische aristotelische Logik ist durch ihre intuitive
Verständlichkeit nach wie vor ein hervorragender Einstieg für das Studium der
Philosophie und der Geisteswissenschaften. Sie verhilft zu einem klaren und
geordneten Denken und ist trotz der modernen mathematischen Logik nicht
überholt. Gerade für die Geisteswissenschaften ist die klassische Logik
vollkommen ausreichend. Die klassische Logik ist eine Logik der linguistischen
Ausdrücke. Diese drücken mentale Begriffe aus, welche reale Wesenheiten, bzw.
die Natur der Dinge repräsentieren. Der vorliegende 1. Band der Reihe von
insgesamt drei Bänden, zeichnet sich durch besondere Klarheit, Einfachheit und
regelmäßige Wiederholung des Gelernten aus. Daher richtet er sich vor allem an
Schüler der Sekundarstufe II und Studierende im Grundstudium.
Da das Vorwort des ersten Bandes eine gute Begründung für
die Selbständigkeit und Bedeutung der klassischen Logik gibt, soll dieses hier
wiedergegeben werden. Besonders interessant ist der Aufweis, dass die moderne
Logik auf die Mathematik ausgerichtet ist und philosophisch einen nominalistischen
Hintergrund hat, während die klassische Logik auf die Philosophie und die
Geisteswissenschaften hin orientiert ist und philosophisch von der Existenz von
Wesenheiten ausgeht, also eine realistische Grundlage hat.
Vorwort zu Band 1
Warum klassische
aristotelische Logik?
Immanuel Kant hat einmal Aristoteles als den Vater der
Logik bezeichnet. Die auf Aristoteles zurückgehende Logik war über 2000 Jahre
die Grundlage für die gesamte Philosophie und Wissenschaft. Natürlich gab es im
Verlauf der Geschichte eine Weiterentwicklung der Logik, deren Grundlage aber
immer die Logik des Aristoteles geblieben ist. Erst im späten 19. Jahrhundert
und dann vor allem im 20. Jahrhundert wurde im Zusammenhang mit der Mathematik
eine Logik entwickelt, die in verschiedener Hinsicht die Grundlagen der
aristotelischen Logik verlassen hat. Dazu später mehr.
Hinsichtlich der klassischen oder formalen Logik hat
Kant also zweifellos Recht. Die klassische aristotelische Logik hat sich
natürlich, wie schon gesagt, deutlich weiterentwickelt. Bereits in der Antike
wurden z.B. von Seiten der Stoiker weitere Möglichkeiten der aristotelischen
Logik entdeckt. Große Bedeutung hatte der griechische Philosoph Chrysippos von Soloi
(279–206 v. Chr.), der eine klare Unterscheidung von Objekt, Bedeutung und
sprachlicher Bezeichnung über Aristoteles hinaus entwickelte. Auch im
Mittelalter gab es einige Weiterentwicklungen der klassischen formalen Logik.
Besonders aber im 17. und 18. Jahrhundert machte die aristotelische Logik
deutliche Fortschritte, und hier ist besonders der Philosoph und
Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) zu nennen.
Eine neue Art der Logik wurde im frühen 19.
Jahrhundert von dem englischen Philosophen John Stuart Mill (1806–1873)
entwickelt, die sogenannte „induktive Logik“. Das Neue an dieser Logik besteht
darin, dass von partikularen Sätzen auf allgemeine Aussagen geschlossen wird,
was nach Aristoteles nicht möglich ist. Diese Art der Logik spielt aber für die
modernen Naturwissenschaften eine wichtige Rolle, doch ihre Erkenntnisse haben immer
nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit.
Am Ende des 19. Jahrhunderts und bis in das 20.
Jahrhundert hinein wurde dann eine neuartige Methode der Logik entwickelt, die
im Unterschied zur klassischen formalen Logik, die auf Aristoteles zurückgeht,
weit mehr mit Mathematik zu tun hat als mit Philosophie (oder Theologie und
anderen Geisteswissenschaften). Diese logische Methode wird deshalb auch oft
als mathematische Logik bezeichnet, spielt aber in der Philosophie der
Gegenwart, besonders in der analytischen Philosophie, eine zentrale Rolle. Diese
moderne Logik beinhaltet zwei verschiedene, aber zusammengehörende Systeme: die
Aussagenlogik und die Prädikatenlogik. Die wichtigsten Namen, die mit dieser
modernen Logik verbunden werden, sind Gottlob Frege (1848–1925), Alfred North
Whitehead (1861–1947) und Bertrand Russell (1872–1970). Praktisch alle modernen
Lehrbücher zur Logik verwenden ausschließlich die moderne mathematische Logik.
Sofern die klassische Logik noch Erwähnung findet, wird sie mit Hilfe der
modernen logischen Symbolik dargestellt.
Warum schreiben wir dann aber eine klassische
aristotelische Logik? Zunächst gibt es einen ganz einfachen Grund: Die
klassische aristotelische Logik ist in verschiedener Hinsicht deutlich
einfacher als die moderne mathematische Logik, und sie ist für die Zwecke der
Philosophie, der Theologie und anderer Geisteswissenschaften völlig ausreichend
und genauso hilfreich, wie sie es vor 2300 Jahren war.
Es gibt aber noch weitere Gründe, die aristotelische
Logik zu bevorzugen. Zunächst einmal sind die beiden logischen Systeme, die
traditionelle und die moderne Logik, sehr verschieden im Hinblick auf das,
womit sie sich beschäftigen. Die klassische Logik beschäftigt sich vor allem
mit den Beziehungen zwischen sprachlichen Ausdrücken, den Termen in einem
Argument, in denen das Wort „sein“ (oder „ist“, „sind“, „bin“) als Verbinder
zwischen den Termen verwendet wird. Am Beispiel dargestellt:
Alle Menschen sind sterblich.
Sokrates ist ein Mensch.
Also ist Sokrates sterblich.
Dieses Argument handelt von den Beziehungen zwischen
den Ausdrücken „Mensch“, „sterblich“ und „Sokrates“.
Im Unterschied dazu handelt die moderne Logik von den
Beziehungen zwischen Sätzen in einem Argument, ohne dabei die innere Struktur
der Aussagen zu berücksichtigen. Damit begrenzt sich die moderne Logik auf ein
hypothetisches Argumentieren und ignoriert das kategorische Argumentieren, wie
es in der aristotelischen Logik üblich ist.
Dies wurde auch von verschiedenen klassischen Logikern
bemängelt, wie z.B. von Peter Kreeft und Ronald Tacelli. Als Grund für diese
neue Struktur der Logik, die nur die Relationen zwischen den Aussagen
betrachtet, ohne die innere Struktur der Sätze zu untersuchen, haben sie die
unterschiedlichen philosophischen Voraussetzungen der modernen und der
klassischen Logik herausgestellt. Sie haben Folgendes analysiert (P. Kreeft
& R. Tacelli 1994): Die klassische Logik ist eine Logik der linguistischen
Ausdrücke. Diese drücken mentale Begriffe aus, welche reale Wesenheiten bzw.
die Natur der Dinge repräsentieren. Das griechische Wort logos hat diese
drei Bedeutungen. Modernen Philosophen sind aber Wesenheiten oder Naturen
äußerst verdächtig und zweifelhaft. Was der gesunde Menschenverstand als
selbstverständlich voraussetzt, wie dass Dinge reale Wesenheiten haben und dass
diese von uns erkannt werden können, wird von modernen Philosophen seit Jahrhunderten
in Frage gestellt. Die aristotelische Logik setzt aber die Existenz von
Wesenheiten voraus und ebenso unsere Fähigkeit, diese zu erkennen. Nach dieser
Auffassung sind unsere grundlegenden Ausdrücke, die Begriffe repräsentieren,
die ihrerseits wieder Wesenheiten ausdrücken. Moderne Philosophen und die
symbolische Logik hingegen lehnen den sogenannten metaphysischen Realismus
ab, der dieser aristotelischen Philosophie zugrunde liegt. Sie vertreten
hingegen einen metaphysischen Nominalismus (d.h., dass das, was man
Wesenheiten nennt, nichts anderes sind als bloße Namen, lateinisch nomina,
menschengemachte Etiketten). Die grundlegenden Einheiten dieser Philosophinnen
und Logikerinnen sind nicht sprachliche Ausdrücke bzw. Worte, sondern Sätze,
bzw., um den Fachbegriff zu verwenden, Propositionen. Diese
Propositionen werden dann zu argumentativen Strukturen verbunden, so wie dies
auch Computer tun: Wenn p, dann q; q, daher q.
Die Erwähnung des Computers in diesem Zusammenhang ist
tatsächlich aufschlussreich, denn alle modernen Computer arbeiten heute
mithilfe der modernen Logik, und sie wären gar nicht denkbar ohne diese
mathematische Logik. Die moderne Logik lässt sich deshalb auch damit beschreiben,
dass man sagt, dass sie wie ein Computer denkt. Aber Menschen sind keine
Computer. Computer sind nicht in der Lage zu erkennen, was etwas ist,
die Wesenheit oder die Natur einer Sache. Für die Programmierung von Computern,
ohne die unser heutiges Leben gar nicht mehr denkbar wäre, ist die moderne
Logik ein geeignetes und sehr hilfreiches Mittel. Aber das menschliche Denken
unterscheidet sich vom „Denken“ eines Computers, und für dieses menschliche
Denken und Erkennen ist die klassische aristotelische Logik das beste Mittel.
Menschen haben eine Seele und sie haben die Fähigkeit, Wesenheiten zu erkennen,
die Natur der uns umgebenden Dinge zu verstehen. Dazu ist die moderne Logik und
dazu sind Computer nicht in der Lage, und sie werden dazu auch prinzipiell
nicht in der Lage sein. Deshalb gibt es einige traditionelle Logiker, die sogar
behaupten, dass die moderne Logik gar keine Logik sei, sondern eher die
Wissenschaft von mathematischen, nichtlogischen Beziehungen. In den
Anfangszeiten der modernen Logik wurde diese Wissenschaft deshalb auch
gelegentlich als „Logistik“ bezeichnet.
Diese Überlegungen sollten uns überzeugen, dass es
durchaus sinnvoll ist, die weiterentwickelte klassische aristotelische Logik zu
studieren, insbesondere als Vorbereitung für das Studium der Philosophie und
als ein hervorragendes Werkzeug, um Philosophie, Theologie oder andere
Geisteswissenschaften zu betreiben, aber auch um richtiges und gutes Argumentieren
zu erlernen.
Wer die moderne Logik kennenlernen möchte, dem
empfehle ich das im gleichen Verlag erschienene Buch von Ludwig Neidhart: Einführung
in die formale Logik.
Das Buch ist bereits im Buchhandel erhältlich. Zum Beispiel hier oder hier.
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