Die antiken Atomisten glaubten, dass man jede Art der
Veränderung durch die Anordnung und Neugruppierung fundamentaler Teilchen
erklären könne. Nach dieser Auffassung sind ein Hund, ein Baum oder Wasser auf
der fundamentalen Ebene ein- und dieselbe Sache, nämlich eine Ansammlung
fundamentaler Teilchen. Ihr Unterschied besteht nur darin, dass diese Teilchen
unterschiedlich angeordnet sind. Ihre Unterschiede sind demnach nur akzidentell
und nicht substanziell und dementsprechend sind auch die fundamentalsten Veränderungen dieser Dinge, wie der Tod des Hundes, die Verbrennung des Baumes
und die Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff keine
substanziellen, sondern nur akzidentelle Veränderungen. Der Hylemorphist
unterscheidet zwischen akzidenteller Veränderung, wie der Änderung der Farbe
des Hundefells oder der Erhitzung von Wasser und substanzieller Veränderung,
wie dem Tod des Hundes oder die Zerlegung des Wassers in Wasserstoff und
Sauerstoff.
Die modernen reduktiven und eliminativen Materialisten sind
natürlich nicht ganz so ungehobelt wie die antiken Atomisten, aber im
Wesentlichen sind sie demselben Weltbild verpflichtet, d.h. sie sind zu der Auffassung verpflichtet,
dass es „nichts anderes gibt als Fermionen und Bosonen und Kombinationen
derselben (Rosenberg 2011). Zur Begründung dieser Auffassung verweisen diese
Materialisten auf die moderne Physik und Chemie.
Allerdings gibt es einige gravierende Probleme mit der
atomistischen Weltauffassung, die die gesamte neuzeitliche Philosophie
durchzieht. Natürlich würde auch ein Thomist nicht bestreiten, dass es einen
bestimmten Sinn gibt, nach dem Wasser eine Zusammensetzung von Wasserstoff und
Sauerstoff ist, aber er würde zugleich sagen, dass beide Bestandteile im Wasser
nur potenziell oder virtuell und nicht aktual existieren. Ähnliches kann man
auch von anderen chemischen Elementen sagen und von Quarks und anderen
Teilchen, die in anorganischen und organischen Substanzen vorhanden sind.
Dies bedeutet zugleich, dass im Gegensatz zu denjenigen, die
eine einzige substanzielle Form bestreiten, es keine Vielfalt substanzieller
Formen in einer Substanz gibt. Wasser hat nur die substanzielle Form von Wasser
und nicht die substanziellen Formen von Wasserstoff und Sauerstoff, von Quarks
usw.; diese Bestandteile sind nur virtuell oder potentiell im Wasser vorhanden.
Und in einem Lebewesen, insofern dieses Wasser enthält, ist auch das Wasser nur
virtuell vorhanden und nicht aktual.
David Oderberg hat diese Zusammenhänge folgendermaßen
zusammengefasst: „Die substanzielle Form durchdringt
die Ganzheit der Substanz, die sie besitzt, nicht nur horizontal in ihren
Teilen – es ist ebenso viel Hundheit in Fidos Nase und Schwanz wie in Fido als
einem Ganzen – sondern auch vertikal
bis hinunter zu den chemischen Elementen, die Fidos lebendiges Fleisch
konstituieren…“ (Oderberg: Real Essentialism, S. 70).
Deshalb kann man auch nicht sagen, dass die Teile, aus denen
eine Substanz besteht, auf diese reduzierbar ist, noch dass diese Teile realer
sind als das Ganze. Vielmehr ist es genau umgekehrt: Es sind die Teilchen, bzw.
Teile in einem Ganzen, die weniger real sind als das Ganze. Natürlich würden
die Atomisten oder deren moderne Nachfolger diese Behauptung mit Verweis auf
die Naturwissenschaften bestreiten. Allerdings fällt diese Frage nicht in den
Gegenstandsbereich der Naturwissenschaft und kann deshalb auch nicht durch
diese entschieden werden.
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