Dienstag, 23. Juni 2015

Moderater Realismus



Die scholastische Philosophie vertritt einen moderaten Realismus, der sich vom Nominalismus, dem Konzeptualismus bzw. Rationalismus einerseits und vom radikalen, bzw. platonischen Realismus andererseits unterscheidet und gewissermaßen eine Zwischenposition darstellt. Unter einer realistischen Philosophie versteht man eine solche, die davon ausgeht, dass Wesenheiten mehreren Dingen gemeinsam zukommen. Das Wesen von Wasser ist etwas, dass der Michigan See mit dem Wasser aus Ihrem Wasserhahn oder dem Wasser auf einem Jupitermond gemeinsam hat.




Die Argumente für den Realismus gehen bis auf Platon zurück, wenn auch seine Version des Realismus extrem ist. Sein Argument des „Einen von Vielen“ zeigt, dass Wesenheiten nicht auf ein einzelnes Vorkommnis dieser Wesenheit reduziert werden können (was die Annahme von Wesenheiten natürlich überflüssig machen würde). Aber auch eine Reduktion der Wesenheit auf eine bestimmte Menge von Dingen ist nicht möglich. Der Grund ist der, dass jede einzelne Instanz einer Wesenheit, die der Wesenheit von Wasser oder des Dreiecks oder des Hundes aufhörenkann zu existieren, ohne dass deshalb die Wesenheit aufhört zu existieren. Wenn der Michigan See austrocknen sollte, ist damit nicht das Wesen des Wassers ausgetrocknet und der See könnte auch wieder gefüllt werden. Daher müssen Wesenheiten echte Bestandteile unserer Welt sein und nicht bloße Erfindungen des menschlichen Verstandes und der Sprache.

Nicht nur unsere Alltagssprache, sondern auch alle Wissenschaften, einschließlich Wissenschaften wie Logik, Mathematik und Geometrie, die nicht zu den empirischen Wissenschaften gehören, setzen Universalien voraus. Zwei und zwei ist vier und zwar universal und immer und überall. Der modus ponens, ein logischer Schluss, ist immer und überall – universal – ein gültiger logischer Schluss. Das Gleiche gilt für die Klassifikationen und Gesetze der empirischen Wissenschaften, die universal anwendbar sind.

Wenn Nominalisten und Konzeptualisten versuchen, Universalien zu vermeiden, kommen sie in enorme Schwierigkeiten, die durch aufwendige Theorien zu lösen versucht werden. Wenn der Nominalist behauptet, dass es kein Rot gibt, sondern nur das Wort „Rot“, das wir auf verschiedene Dinge anwenden, weil diese sich ähneln, dann führt dies zu einem Regress, der nicht gelöst werden kann, wie z.B. auch Bertrand Russell gezeigt hat. Denn Ähnlichkeit ist selbst eine Universalie. 

Ein STOPP-Schild ähnelt einem Feuerwehrfahrzeug oder einem Ferrari, weil wir beide „rot“ nennen. Gras ähnelt dem unglaublichen Hulk, weshalb wir beide „grün“ nennen. Dies bedeutet aber, dass wir verschiedene Instanzen ein und derselben Universalie haben, nämlich der Universalie Ähnlichkeit. 

Der Nominalist könnte dieser Schwierigkeit begegnen indem er sagt, dass dies Beispiele von „Ähnlichkeit“ sind, weil sie sich ähneln ohne sich festzulegen, in welcher Hinsicht sie sich ähneln. Doch damit taucht das Problem von neuem auf einer höheren Ebene auf, die wiederum eine Universalie ist usw. Aber auch das allgemeine Wort „rot“ ist ja bereits selbst eine Universalie, denn Sie sagen „rot“ und ich sage „rot“ und Angela Merkel sagt „rot“ und dies sind einzelne Äußerungen ein und desselben Wortes, das über all den einzelnen Äußerungen des Wortes steht.

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