Am vergangenen Samstag veröffentlichte der in Bonn
erscheinende „Generalanzeiger“ ein
Interview mit dem deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Der
Bundespräsident ist in der DDR aufgewachsen und wurde dort zum evangelischen
Pfarrer ausgebildet. Ob zur Ausbildung von Pfarrern in der DDR ein Studium der
Philosophie gehörte, kann ich nicht sagen, aber nach den Äußerungen des
Bundespräsidenten im Generalanzeiger würde ich das eher bezweifeln. Bestenfalls
könnte ein Studium des Marxismus-Leninismus Teil des Studiums gewesen sein.
Dies schließe ich aus der Äußerung von Herrn Gauck, man müsse den Begriff der „Nation“
heute umdefinieren.
In dem Interview ging es vor allem um die derzeitige
Masseneinwanderung nach Deutschland besonders aus den arabischen
Kriegsgebieten. In diesem Jahr werden nach offiziellen Angaben 800.000
Zuwanderer bzw. Flüchtlinge erwartet. Sollte sich die Mehrheit dieser Menschen
dafür entscheiden, in Deutschland zu bleiben, wovon wohl auszugehen ist, dann
könnte dies zu Veränderungen der Zusammensetzung der deutschen Bevölkerung
führen. Soviel zum vermuteten Hintergrund des Interviews von Herrn Gauck.
Herr Gauck machte wohl auch deshalb den Vorschlag, man müsse
den Begriff der „Nation“ künftig neu definieren und zwar als „Gemeinschaft der
Verschiedenen“. Dieser Vorschlag ist in etwa so tiefschürfend wie der Vorschlag,
den Begriff der Familie neu zu definieren als Gemeinschaft derjenigen, die den
gleichen Kühlschrank benutzen.
Eine Definition, zumindest eine Realdefinition, ist der
sprachliche Ausdruck für eine Wesenheit. Nun stehen Wesenheiten schlicht und
einfach fest. Was ein Huhn, eine Katze, eine Eiche oder was Wasser ist, hängt
nicht davon ab, wie man diese Dinge definiert, sondern sie werden definiert entsprechend
dem, was sie sind. Das Gleiche gibt selbstverständlich auch für Begriffe wie
Staat, Volk oder Nation. Den Begriff der Nation einfach neu zu definieren ist
nur insofern möglich, als man bestreitet, dass es überhaupt eine Nation gibt.
Aber dann ist auch eine Definition überflüssig, denn etwas, was es nicht gibt,
kann man auch nicht ernsthaft definieren. Nominalisten bestreiten natürlich
nicht nur, dass es Nationen gibt, sondern sie bestreiten auch, dass es Hühner,
Katzen oder Eichen gibt. Sie bestreiten, dass es überhaupt Wesenheiten gibt.
Welche Folgen der Nominalismus in allen Bereichen nicht nur der Philosophie
hat, habe ich in diesem Blog an verschiedenen Stellen immer wieder deutlich zu
machen versucht.
Dass man alles Mögliche, nicht nur die Nation, sondern auch
Ehe und Familie oder viele andere Entitäten, umdefiniert, gehört zu den
Kennzeichen der modernen Weltanschauung, wie sie in westlichen Ländern weit
verbreitet ist. Hintergrund dieser Weltanschauung ist der Konstruktivismus.
Dieser behauptet, es gäbe überhaupt keine Nationen, Hühner, Katzen, Bäume oder
was auch immer. Es gäbe überhaupt nichts, das unabhängig vom Menschen
existiert. Wir sind es, so meint der Konstruktivist, die die gesamte „Wirklichkeit“
durch unser Erkennen und Handeln erst hervorbringen. Wir sind die Konstrukteure
der Welt. Dieses Ingenieursmäßige Weltbild liegt wohl auch den Äußerungen von
Herrn Gauck zugrunde, denn besonders Politiker sind anfällig für die
Vorstellung, dass sie es sind, die alles „machen“. Sie müssen die ganze Welt „machen“
und „retten“. Die „Rettung der Welt“ macht man, indem man alles Mögliche neu
definiert.
Schon ein ganz unvoreingenommener Blick auf den Satz des
Bundespräsidenten, Nation sei die Gemeinschaft von Verschiedenen, zeigt –
entschuldigen Sie bitte dieses Wort – die Dummheit einer solchen Definition.
Eine „Gemeinschaft der Verschiedenen“ ist natürlich auch die Weltgemeinschaft,
oder die europäische Gemeinschaft und eigentlich jede Gemeinschaft. Die „Definition“
von Herrn Gauck sagt also – Garnichts!
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