Schon vor einigen Jahren habe ich damit begonnen, die sogenannten
24 bestätigten Thesen der Thomistischen Philosophie der Reihe nach zu erläutern. Damals war
ich bis zur 14. Thesevorgedrungen, bei der es um die Philosophie der Biologie geht. Die 15. These
bezieht sich auf die menschliche Seele, von der hier behauptet wird, dass sie „an
sich“ besteht. Das hört sich wie eine dualistische These an, wie sie von René
Descartes und anderen neuzeitlichen und modernen Philosophen vertreten wird,
ist aber nicht so gemeint.
Die 15. These lautet in der deutschen Übersetzung (nach
Denzinger): An sich besteht dagegen die
menschliche Seele, die, wenn sie einem hinreichend veranlagten
Zugrundeliegenden eingegossen werden kann, von Gott geschaffen wird und ihrer
Natur nach unzerstörbar und unsterblich ist.
Auch wenn die Formulierung unterschiedliche Interpretationen
zulässt, bezieht sie sich aber auf die Auffassung Thomas von Aquins, die als
Hylemorphismus
bezeichnet wird. Zudem muss man hier die 14. These in Betracht ziehen, bei der
es heißt, dass die pflanzliche oder tierische Seele nicht an sich besteht und zwar deshalb nicht, weil diese Seele als
Prinzip des Lebens vollständig von der Materie abhängt, in der sie das
Lebensprinzip ist.
Das „an-sich-Sein“ der menschlichen Seele wird in der These
mit dem Hinweis auf ein „hinreichend Zugrundeliegendes“, der direkten
Erschaffung durch Gott und der wesensmäßigen Unzerstörbarkeit begründet. Auch
die menschliche Seele ist zunächst das Lebensprinzip oder, in scholastischer
Formulierung, die Form des Körpers. Doch darüber hinaus handelt es sich bei der
menschlichen Seele um eine rationale Seele. Rationalität ist aber nicht auf irgendetwas
Materielles zurückführbar, was ich verschiedenen Blogbeiträgen argumentativ
begründet habe (z.B. hier
oder hier).
Allerdings ist die Seele keine eigenständige Substanz. Dies
ist der zentrale Unterschied zum Dualismus, der entweder dafür argumentiert,
dass der Mensch aus zwei Substanzen, Körper und Seele, besteht (Descartes) oder
dass nur die Seele eine Substanz ist. Die Probleme des Dualismus habe ich in
diesem Blog diskutiert. Wer mehr dazu lesen möchte, dem sei der 4. Band des Grundkurs Philosophie empfohlen.
Die thomistische Philosophie vertritt die These, dass die
Seele eine „gewisse“ Selbständigkeit besitzt, dass sie „subsistiert“ und
deshalb nach dem Tod des Menschen nicht stirbt. Die Argumente für dieUnsterblichkeit der Seele
sind zahlreich und stammen zumeist bereits von Thomas von Aquin selbst. Eine
Zusammenfassung der wichtigsten Argumente finden sich ab Seite 36 im GrundkursPhilosophie III.
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