Verschiedene Atheisten, darunter bekannte Namen wie Bertrand Russell,
Daniel Dennett und Richard Dawkins
glauben, sie hätten ein starkes Argument gegen die verschiedenen kosmologischen
Gottesbeweise gefunden. Doch spricht ihr Argument mehr für die völlige
Unkenntnis der kosmologischen Argumente, was für einen Philosophen (zu denen
Dawkins freilich nicht gehört) eher ein Armutszeugnis ist. So führt Daniel
Dennett, einer der führenden analytischen Philosophen gegen die kosmologischen
Argumente an: „Das kosmologische Argument … in seiner einfachsten Form
behauptet, dass weil alles eine Ursache haben muss, auch das Universum eine
Ursache haben muss, nämlich Gott“ (eigene Übersetzung von: D. Dennett, Breaking the Spell, S. 242).
Selbst ein bekannter Religionsphilosoph, nämlich Robin LePoidevin,
fasst das angeblich kosmologische Argument wie folgt zusammen:
- Alles was existiert hat eine Ursache für seine Existenz.
- Nichts kann die Ursache seiner selbst sein.
- Das Universum existiert.
Also: Das Universum hat eine
Ursache für seine Existenz, die außerhalb des Universums liegt.
Allerdings ist diese Darstellung des Arguments für die
Existenz Gottes nicht nur sehr vereinfacht, sondern schlicht falsch und wird
von keinem Verteidiger des kosmologischen Arguments in dieser Weise vorgestellt.
Immerhin gehören dazu Philosophen wie Platon und Plotin, Aristoteles und Thomas
von Aquin, Leibniz und viele andere. Denn gegen dieses Argument lässt sich
einwenden – und genau dies wird von einigen der oben genannten Atheisten denn
auch getan -: Was ist die Ursache Gottes? Wenn Gott existiert, muss es auch eine
Ursache für seine Existenz geben. Natürlich ist dieser Einwand lächerlich und
spricht für eine massive Unterschätzung der großen Denker der abendländischen
Tradition.
Eine korrekte Darstellung des kosmologischen Arguments ist
erheblich komplexer und ich möchte dieses Argument, wie es sich bei Aristoteles
findet, in einer kurzen Form darstellen (vgl. Edward Feser: The New Atheists
and the Cosmological Argument; In: Neo-Scholastic Essays, S. 127ff.):
- Die Aktualisierung einer Potenz ist ein reales Kennzeichen der Welt. Dies folgt aus dem Vorkommen von Ereignissen, die wir durch unsere Sinne kennen.
- Jedes Bestehen eines Ereignisses E setzt die Tätigkeit einer Substanz voraus.
- Die Existenz einer natürlichen Substanz S zu einem bestimmten Moment setzt die gleichzeitige Aktualisierung einer Potenz voraus.
- Keine bloße Potenz kann eine Potenz aktualisieren. Nur etwas, das bereits aktual ist, kann eine Potenz aktualisieren.
- Deshalb muss jeder Aktualisierer A einer gegenwärtig existierenden Substanz S selbst aktual sein.
- A’s eigene Existenz zu dem Zeitpunkt, zu dem es S aktualisiert, setzt entweder (a) die gleichzeitige Aktualisierung einer weiteren Potenz voraus, oder (b) dass A rein aktual ist.
- Wenn die Existenz von A zum Zeitpunkt der Aktualisierung der Substanz S die gleichzeitige Aktualisierung einer weiteren Potenz voraussetzt, dann gibt es einen Regress von gleichzeitigen Aktualisierern, der entweder unendlich ist, oder in einem rein aktualen Aktualisierer endet.
- Ein solcher Regress von gleichzeitigen Aktualisierern würde eine essentiell geordnete Kausalreihe konstituieren und eine solche Reihe kann nicht unendlich sein.
- Deshalb ist entweder A selbst rein aktual oder es gibt einen rein aktualen Aktualisierer, der den Regress von gleichzeitigen Aktualisierern beendet.
- Somit setzt das Bestehen von E und damit die Existenz von S zu jedem bestimmten Moment die Existenz eines rein aktualen Aktualisierers voraus.
Diese Darstellung ist sicher nicht einfach. Sie setzt zudem
eine Reihe ontologischer Annahmen voraus, die selbst bewiesen werden müssen. Zu
diesen Voraussetzungen gehört insbesondere die Akt-Potenz-Theorie
sowie die Kausaltheorie,
wobei hier vor allem der
Unterschied zwischen zwei verschiedenen Kausalreihen eine Rolle spielt, nämlich
der Kausalreihe per accidens und die Kausalreihe per se.
Für diese Voraussetzungen gibt es aber sehr gute Argumente, die ich z.T. im
Blog bereits dargestellt habe. Folgen Sie einfach den Verlinkungen.
Es gibt, wie schon gesagt, eine Reihe weiterer
kosmologischer Argumente. Plotin, der wichtigste Vertreter des Neuplatonismus
in der Antike zum Beispiel, geht nicht von der Akt-Potenz-Theorie aus, sondern
von der Unterscheidung zwischen Einfachheit und Zusammengesetztheit. Jede
materielle Entität ist aus Teilen zusammengesetzt. Sein oberstes Prinzip
lautet, dass es ein erstes Prinzip für Alles geben muss, um die Ordnung in der
Welt zu verstehen oder um zu verstehen, dass überhaupt etwas existiert. Dieses
erste und oberste Prinzip kann nicht zusammengesetzt sein, sondern muss einfach
sein. Über weitere argumentative Schritte beweist Plotin, dass dieses erste und
absolut einfache Prinzip Gott ist.
Auch Leibniz hat auf der Grundlage seines „Prinzips von
zureichenden Grund“ einen Gottesbeweis geführt, der auf der Unterscheidung von
Kontingenz (nicht-notwendige Existenz) und Notwendigkeit beruht. Und es gibt
eine Reihe weiterer Versionen des kosmologischen Arguments.
Keine einzige dieser Versionen des Arguments behauptet
etwas, was von den Atheisten unterstellt wird. Mit weiteren Einwänden gegen das
kosmologische Argument werde ich mich in späteren Blogbeiträgen beschäftigen.
Hier wollte ich vor allem deutlich machen, dass die Angriffe auf das
kosmologische Argument für die Existenz Gottes von Seiten der Atheisten auf
einen Strohmann gerichtet sind, den es gar nicht gibt. Selbstverständlich kann
man gegen die Gottesbeweise argumentieren, z.B. in dem man die Voraussetzungen
angreift. Doch die üblichen atheistischen Angriffe gehen völlig ins Leere und
beweisen überhaupt nichts.
Diese Argumentkette hat nicht die Eleganz des 'kosmologischen Arguments' bei Thomas (I 2.5). Das entscheidende scheint mir, dass die Kausalkette aus sich heraus verweist und dass deshalb der unendliche Regress innerhalb der natuerlichen Kette bleibt und daher keine Erklaerungskraft hat; der unendliche Regress ist die Bankrotterklaerung der natuerlichen Erklaerung und verweist deshalb aus sich heraus. Das kann man 'hoehere Dimension', uebernatuerliche Ursache' oder auch Gott nennen.
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