In einem vorherigen Blogbeitrag
habe ich dafür argumentiert, dass es ein letztes Ziel aller menschlichen
Handlungen gibt. Auch wenn es unzählbare verschiedene Ziele der zahlreichen
Handlungen in unserem Leben gibt, so sind diese vielen Ziele letztlich auch ein
letztes Ziel gerichtet, ohne die es diese Zwischenziele nicht geben würde, denn
im Vergleich zum letzten Ziel sind alle anderen Ziele nur Mittel. Dieses letzte
Ziel ist nach Auffassung der aristotelisch-scholastischen Philosophie die
Glückseligkeit. In allen unseren Handlungen streben wir nach Glück, letztlich
nach vollkommenem Glück. Doch was ist das?
Aristoteles schreibt dazu am Beginn seiner berühmten
„Nikomachischen Ethik“: „Alle Menschen streben von Natur aus nach Glück“. Jeder
will glücklich werden, dass ist unumstritten, auch wenn wir nicht bei allem,
was wir tun, stets daran denken, glücklich zu werden. Wir brauchen auch gar
nicht daran zu denken. Auch ohne ein Bewusstsein davon streben wir nach der
Glückseligkeit; nicht nur nach diesem oder jenem „kleinen Glück“, sondern nach
einem letzten, vollkommenen Glück, in dem sich all unser Streben erfüllt.
Moralisch folgt daraus das Recht jedes Menschen, nach seinem Glück zu streben.
Doch was ist das Glück? Was ist vollkommene Glückseligkeit?
Worin besteht diese? In der Antwort auf diese Frage gehen die Ansichten weit
auseinander, wie ebenfalls schon Aristoteles betonte. Deshalb hat er sich
darangemacht, die Antwort auf eine objektive Grundlage zu stellen.
Ganz allgemein kann man, nachdem was ich in bereits in dem
früheren Blogbeitrag gesagt habe, feststellen, dass die Glückseligkeit darin
bestehen muss, dass die Natur des Menschen, seine Wesenheit, sich in
vollkommener Weise entfalten kann, dass sich der Mensch in seinem Menschsein
vollkommen verwirklicht und zwar so, dass keine Wünsche mehr übrigbleiben.
Hier unterscheiden die Scholastiker nun zwischen einer
objektiven und einer subjektiven Glückseligkeit. Subjektive Glückseligkeit meint
dabei Ihre persönliche Glückseligkeit, bzw. die Antwort auf die Frage, worin
Ihr ganz persönliches Glück besteht. Die objektive Glückseligkeit besteht in
einem objektiven Gut, dass alles Streben nach Glück vollständig befriedigt.
Dieses Gut muss so verfasst sein, dass es mit keinem bestimmten Gut identisch
ist, denn es gibt kein endliches Gut, dass das Streben nach vollkommener
Glückseligkeit erfüllen kann. Thomas von Aquin nennt dieses objektive Gut das summum bonum, das höchste Gut.
Seit Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden sucht man in der
Philosophie nach einer Antwort auf die Frage nach dem summum bonum und die Antworten sind naturgemäß sehr unterschiedlich
ausgefallen. Ich will hier nicht die verschiedene Antworten Platons,
Aristoteles‘, der Stoiker und anderer antiker Philosophen, sowie die Antworten
der neuzeitlichen Philosophen wie Leibniz oder Kant aufführen. Insbesondere
seit dem Ende des 19. Jahrhunderts haben die Glückvorstellungen durch die
zahlreichen Ideologien des Kommunismus und Sozialismus, einschließlich des
Nationalsozialismus deutlich zugenommen und wurden v.a. durch politische
Aktivitäten zu realisieren versucht, was zu massiven „Kollateralschäden“ geführt
hat, letztlich zu weit über 100 Millionen Toten. Eine der aktuellen Ideologien,
die das vollendete Glück verkünden, scheint die Gender Mainstreaming Ideologie
zu sein, eine Variante der schon erwähnten Gleichheitsideologien.
Nach Thomas von Aquin und seiner Schule, aber auch nach
Auffassung der Mehrheit der mittelalterlichen Philosophen, besteht das
vollkommene Glück nicht in irgendeinem endlichen Gut, sondern letztlich allein
in Gott. Gott ist die objektive Glückseligkeit und die subjektive
Glückseligkeit besteht entsprechend in der Erlangung dieser objektiven
Glückseligkeit, in der Gemeinschaft mit Gott, bzw. in der Vergöttlichung des
Menschen durch die Teilhabe an der göttlichen Natur.
Das ist natürlich eine sehr starke Behauptung und viele,
vielleicht die meisten Menschen werden dieser Behauptung nicht zustimmen. Doch
es gibt Argumente, die diese Behauptung stützen.
1.
Kein äußeres Gut, so hatten wir gesagt, wird um
seiner selbst willen erstrebt
2.
Ebenso wird auch kein inneres Gut um seiner
selbst willen erstrebt
3.
Alle inneren und äußeren Güter sind deshalb
Mittel in Bezug auf ein Gut, das um seiner selbst willen erstrebt wird.
4.
Das höchste Gut muss so beschaffen sein, dass es
um seiner selbst willen erstrebt wird und nicht um eines anderen willen.
5.
Daher kann das höchste Gut mit keinem inneren
oder äußeren Gut identisch sein.
6.
Es gibt aber nur ein Gut, dass alle anderen
Güter übersteigt und selbst unendlich ist und das ist Gott.
7.
Also ist Gott das höchste Gut und das, was in
allem erstrebt wird.
Ausführlichere Argumentation zu diesem Punkt finden Sie z.B.
im Grundkurs Philosophie VI: Natürliche Ethik.
Auch wenn man voraussetzt, dass es ein letztes Ziel des Menschen gibt und dass dieses letzte Ziel "Gemeinschaft mit Gott" ist, folgt daraus nicht, dass der Mensch aus eigenen Kräften dieses Ziel tatsächlich anstreben oder gar erreichen kann. Gott ist kein "Handlungsgegenstand". Zudem entsteht die Frage, woran man erkennen kann, welche Handlungen uns auf das letzte Ziel hinordnen und welche nicht.
AntwortenLöschenIn Wirklichkeit ist Gott nicht das "Ziel" unseres Handelns, sondern er ermöglicht dadurch, dass er uns Gemeinschaft mit sich schenkt, dass wir anders als aus der Angst um uns selber handeln, d.h. wirklich menschlich und moralisch gut.
Gott, oder besser das Ewige, ist Ursprung und Ziel unseres Handelns, es sei denn man lässt sich weiter vom "alten Adam" bestimmen.
LöschenEs ist vollkommen richtig, dass der Mensch nichts anderes anstrebt als glücklich zu sein. Auch ist es richtig, dass dauerhaftes Glück nur im Ewigen erlangt werden kann.
AntwortenLöschenDas bedeutet das Loslassen aller Bindungen an etwas außerhalb des Ewigen. Denn jede Bindung bedeutet Unfreiheit und damit ein Unterworfensein unter das, was man nicht will.
Der Mensch selbst ist ewig, und damit ist zugleich das Streben nach absoluter Freiheit absolute Selbstverwirklichung.
https://manfredreichelt.wordpress.com/2017/01/12/was-heisst-es-an-jesus-zu-glauben/