Nach fast 12 Jahren Wartezeit hat David Oderberg, der
derzeit wohl führende analytische Thomist (auf der Liste der 50einflussreichsten Philosophen der Welt)
ein neues Buch veröffentlicht. Der Titel: The Metaphysics of Good and Evil
Leider ist die gedruckte Hardcoverausgabe extrem teuer, doch es gibt ein eBook
zu einem günstigen Preis und im Verlauf dieses Jahres kann man auch eine
günstigere Paperbackausgabe erwarten.
Das Warten hat sich gelohnt: Das neue
Buch Oderbergs erfüllt alle Erwartungen, die man an diesen Autor stellen kann.
Oderberg stellt eine sehr präzise, detaillierte und tiefe
Analyse von Gut und Böse vor, die Fragen beantwortet, die sich viele nicht
einmal gestellt haben. Die Grundlagen dieser Analyse finden sich in der
aristotelisch-scholastischen Tradition und besonders bei Thomas von Aquin, aber
in vielen Bereichen hat Oderberg seine Untersuchungen weiterentwickelt.
Ausgehend von der Theorie des Guten als Erfüllung
(Fulfilment) des Wesen, bzw. der Natur des Menschen und der dazu grundlegenden
Theorie von Akt und Potenz, entwickelt Oderberg die scholastische Konzeption
des Guten weiter, die ja nicht primär moralisch zu verstehen ist, sondern einen
erheblich weiteren Umfang an. Auch wenn der Titel des Buches die Vermutung
nahelegt, es handele sich um ein Buch zur Ethik, so erweist sich dieser
Eindruck beim Studium als nicht zutreffend. Es ist tatsächlich ein Buch zur
Metaphysik.
Ausführlich untersucht Oderberg auch den Begriff des Guten
im Zusammenhang mit anorganischen Entitäten. Während bei organischen Entitäten
die Erfüllung des Wesens einer Entität durch ihre Tätigkeit geschieht, ist dies
bei anorganischen Entitäten nicht so weiteres zu sagen. Diese Analyse Oderbergs
ist fast vollständig ohne Vorläufer und hier zeigt er seine Fähigkeit,
Grundlagen und Prinzipien der scholastischen Philosophie auf neue
Fragestellungen anzuwenden.
Im vierten Teil der Studie geht es dann um das Gute bei
organischen Lebewesen und wie üblich, werden hier zahlreiche Einwände gegen die
scholastische Theorie des Guten ausführlich diskutiert.
Während sich der Erste Teil der Schrift mit dem Guten
beschäftigt, geht es im zweiten Teil um das Böse als Privation. Oderberg
verteidigt zunächst die Theorie des Bösen, bzw. Schlechten (denn auch hier geht
es nicht primär um die Moral) gegen klassische und neuere Einwände und wendet
sich dann weiteren Problemen der Theorie des Bösen zu, z.B. der Frage, wie das
Böse, da es ja eine Privation ist, also kein Seiendes, etwas Verursachen kann
und der Frage, wie es um die Realität des Bösen bestellt ist, dass ja
eigentlich nichts ist.
Ich hoffe, dass sich viele Philosophen und Ethiker in
Deutschland mit diesem Buch beschäftigen werden und eine kritische Diskussion
der scholastischen Metaphysik des Guten und Bösen auch in Deutschland in Gang
kommt.
Im Covertext zum Buch heißt es:
Die Metaphysik von Gut und Böse ist die erste, umfassende
zeitgenössische Verteidigung der scholastischen Theorie von Gut und Böse aus
der Perspektive der analytischen Philosophie, - der Theorie von Aristoteles,
Augustinus, Thomas von Aquin und den meisten mittelalterlichen und
thomistischen Philosophen. Das Gute wird als Folgsamkeit gegenüber der Natur
analysiert. Das Böse wird als Privation des Guten analysiert. Das Gute findet
sich überraschenderweise in der anorganischen Welt, aber in der Welt des
Lebendigen nimmt es einen besonderen Charakter an. Das Buch analysiert
verschiedene Arten von Güte und zeigt, wie sie in die scholastische Theorie
passen. Die Privationstheorie des Bösen erhält ihre umfassendste
zeitgenössische Verteidigung, einschließlich einer Darstellung von
Wahrheitsmachern für Wahrheiten der Privation und einer Analyse, wie die
Verursachung durch Privation zu verstehen ist. Letztendlich ist alles Böse eine
Abweichung - eine Abweichung von der Güte, die durch die wesentliche Natur
einer Sache vorgeschrieben ist.
Hier ein Überblick über das Inhaltsverzeichnis:
Preface and
Acknowledgements ix
Introduction
1
PART I
A Theory
of Good as Fulfilment 9
1 The
Basic Theory: Appetites and Fulfilment 11
1.1
Actuality and potentiality 11
1.2
Appetite as potentiality: the tendencies of things 13
1.3 Seven
objections to goodness as fulfilment 18
1.4
Fulfilment as non-arbitrariness: the principle
of finality
26
2
Developing the Scholastic Conception of Goodness 33
2.1
Goodness as neither essentially moral nor essentially organic 33
2.2 The
attributive/predicative debate 35
2.3 Final
and contributory goodness 42
2.4
Goodness ‘in a way’ 50
3 A Case
for Inorganic Goodness 57
3.1
Instantiation and approximation 57
3.2
Continuation in existence as a tendency 61
3.3 The objection
from radioactivity 65
3.4 False
analogies: inertia and conservation 68
3.5 Is
existence itself good? 71
4 The
Good in the Living 84
4.1 From
inorganic to organic goodness 84
4.2 The
good in the vegetative appetites 85
4.3 The
good in the sensitive appetites 91
4.4 Sexual
cannibalism and related objections 96
4.5 The
good in the rational appetite 101
PART II
A Theory
of Evil as Privation 115
5 In
Defence of the Privation Theory 117
5.1
Privation and need 117
5.2
Privation and evil 122
5.3 Some
painful objections 128
5.4
Objections from morality: malice and punishment 136
6 Evil
and Truthmaking 145
6.1
Truthmaker theory and negative truths 145
6.2
Absences 152
6.3 The
totality theory 155
6.4 The
exclusion theory 158
6.5
Truthmakers for privative truths 164
7 Evil
as Cause and Effect 175
7.1 The
fundamental problem 175
7.2 Absence
causation 176
7.3
Privative causal truths 183
7.4
Armstrong’s analysis: the contrast 188
8 The Reality
of Evil 196
8.1
Non-negotiable truths about evil 196
8.2 Why it
matters that evil is conceptual being 200
8.3 The
reality of evil in the good 204
8.4 The
mystery of evil 208
Bibliography
214
Index 223
Super Tipp! Vielen Dank!
AntwortenLöschenMit freundlichen Grüßen,
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