Heute setze ich meine Zusammenfassung des Buches ScholasticMetaphysics von Edward Feser fort und zwar noch immer mit dem Thema Kausalität. Die
sogenannte „Chaostheorie“ war in den 1980er Jahren sehr populär, besonders bei
Menschen mit einen zwar wissenschaftlichen Weltbild, allerdings mit einer
gewissen Neigung zur Esoterik. In dieser Theorie wurde das sogenannte „Schmetterlingsphänomen“
diskutiert, nach dem der beginnende Flug eines Schmetterlings in China zu
gewaltigen Orkanen in den USA führen könnte. Das ist ein Beispiel für ein
Ursache-Wirkungsverhältnis, bei dem eine Ursache eine Wirkung erzielt, die das,
was in der Ursache „enthalten“ ist, um ein vielfacher übersteigt. Ein solches
Missverhältnis zwischen Ursache und Wirkung steht in krassen Gegensatz zu einem
Prinzip der Kausalität, nachdem die Wirkung verhältnismäßig zur Ursache ist
(Thomas von Aquin, Summa Theologiae
I-II.63.3).
„Jede Vollkommenheit in der Wirkung, muss auch in der
Ursache sein“ sagt Thomas von Aquin an einer anderen Stelle (I.4.2), denn keine
Sache kann etwas geben, was sie nicht selbst hat. Und präzise ausgedrückt
lautet das Prinzip der proportionalen Kausalität, dass das, was in der Wirkung
ist in seiner totalen Ursache in einer
bestimmten Weise sein muss, entweder formal, virtuell oder eminent. Dazu
ein anschauliches Beispiel: Stellen Sie sich vor, ich gebe Ihnen 20,00 Euro.
Die Wirkung ist dann, dass Sie 20 Euro besitzen. Eine Art und Weise, wie ich
Ihnen diese 20 Euro geben kann besteht darin, dass ich die 20 Euro aus meinem Portemonnaie
nehme um sie Ihnen zu geben. In diesem Fall habe ich die „Form“ des Besitzes
eines 20 Euro Scheins und ich verursache, dass Sie dieselbe Form besitzen. Dies
wäre ein Beispiel dafür, wie etwas formal in der Wirkung ist, was in der
Ursache ist.
Eine andere Möglichkeit Ihnen die 20 Euro zu geben besteht
darin, dass ich Ihnen von meiner Bank 20 Euro auf Ihr Konto überweise und Sie sich
diesen Betrag vom Geldautomaten auszahlen lassen. In diesem Fall ist das, was
in der Wirkung ist, virtuell in der totalen Ursache, zu der ich selbst, mein
Bankkonto, die Überweisung usw. gehören. In noch einer anderen Weise ist die
Ursache eminent in der Wirkung, wenn ich weder 20 Euro in meinem Portemonnaie,
noch auf meinem Bankkonto habe, ich aber irgendwie einen Zugang zur Bundesbank
habe und 20 Euro drucken lasse um diese Ihnen zu geben. In diesem Fall ist das,
was in der Wirkung ist auch in der totalen Ursache, nämlich ich selbst, die Druckerpresse
usw., aber auf eminenter, also außerordentlicher Weise. In diesem Fall habe ich
zwar weder eine 20 Euro Schein in meiner Tasche, noch auf meinem Konto, aber
dafür besitze ich den Schein auf eine weit fundamentalere Weise, nämlich so,
dass ich die Macht habe, solche 20 Euro Scheine selbst zu drucken.
Das Prinzip der proportionalen Kausalität, dass dem Spruch
im Titel dieses Blogbeitrags widerspricht, folgt direkt aus dem bereits
bekannten Kausalprinzip und dem Prinzip des zureichenden Grundes. Dies lässt sich folgendermaßen zeigen: Wenn es irgendeinen Aspekt in der
Wirkung gäbe, der nicht aus der totalen Ursache entspringt, würde dies
beinhalten, dass eine Potenz aktualisiert würde ohne irgendetwas, dass diese
Potenz aktualisiert und dies widerspricht dem Kausalprinzip. Es wäre ein Aspekt
in der Wirkung, die durch nichts zu erklären wäre und würde damit auch das
Prinzip vom zureichenden Grund widersprechen.
Wie auch sonst gibt es auch in Bezug zum Prinzip der
proportionalen Kausalität verschiedene Einwände. Bereits Descartes nennt einen
solchen Einwand in seiner dritten „Meditation“. Man kann diesen Einwand mit
einem Beispiel erläutern. Helium beispielsweise hat Eigenschaften, die in
Wasserstoff nicht enthalten sind, von dem Helium durch Fusion gebildet wird.
Oder ein Biskuitkuchen hat viele Eigenschaften, die in keinem der Bestandteile
gegenwärtig waren, aus denen der Kuchen gebacken wurde. Daraus könnte man nun
schließen, dass die Ursache geringer als die Wirkung ist – also doch: Kleine
Ursache, große Wirkung?
Dieser Einwand trifft nicht wirklich das Prinzip der
proportionalen Kausalität, weil sich der Einwand nicht auf die totale Ursache,
sondern nur auf die Materialursache bezieht. Zur totalen Ursache gehört auch
die Formal- die Final und die Wirkursache. Zudem setzt der Einwand voraus, dass
das, was in der Wirkung ist, formal in der Ursache sein muss. Es wurde aber
bereits gezeigt, dass es auch virtuell oder eminent in der Ursache sein kann.
Man könnte noch weiteres dazu sagen, z.B., dass selbst
naturalistische Philosophen häufig von diesem Prinzip Gebrauch machen und es
daher alles andere als trivial ist (vgl. Edward Feser: Scholastic Metaphysics,
S. 157ff.).
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