Der dritte thomistische Gottesbeweis geht, wie alle „fünf Wege“, von einer alltäglichen Erfahrung aus. Wir sehen, dass bestimmte Dinge in unserer Welt kontingent sind, d.h. dass sie nicht notwendigerweise existieren müssen. Dies zeigt sich schon daran, dass sie irgendwann einmal nicht existiert haben und dass sie auch irgendwann aufhören zu existieren. Niemand wird diese Tatsache ernsthaft in Frage stellen.
Montag, 21. Dezember 2015
Nur Eins ist notwendig
Der dritte thomistische Gottesbeweis geht, wie alle „fünf Wege“, von einer alltäglichen Erfahrung aus. Wir sehen, dass bestimmte Dinge in unserer Welt kontingent sind, d.h. dass sie nicht notwendigerweise existieren müssen. Dies zeigt sich schon daran, dass sie irgendwann einmal nicht existiert haben und dass sie auch irgendwann aufhören zu existieren. Niemand wird diese Tatsache ernsthaft in Frage stellen.
Donnerstag, 10. Dezember 2015
„Ein Wochenende mit Thomas von Aquin“
Passend zu den letzten Blogbeiträgen veranstaltet das vor
fast genau einem Jahr gegründete Institut für Thomistische Philosophie iTP im Mai 2016
ein Studienwochenende zu den Gottesbeweisen bei Thomas von Aquin. Das
Wochenendseminar mit dem in der Überschrift genannten Titel wird im Schwarzwald
stattfinden und richtet sich an philosophisch interessierte Laien und
Studierende aller Studienfächer. Wie die Website des Instituts meldet, ist
eine Anmeldung bereits möglich. Es stehen nur 20 Teilnehmerplätze zur
Verfügung.
Samstag, 5. Dezember 2015
Wesenheit – Existenz – Gott
Der zweite Gottesbeweis von Thomas von Aquin geht von der
Voraussetzung aus, dass in allen Entitäten die Wesenheit oder das Sosein, also
das, was etwas ist, und die Existenz
verschieden sind. Diese Voraussetzung ist nicht besonders schwer zu akzeptieren.
Deshalb hat Gaven Kerr in seinem jüngsten Buch
auch diesen Gottesbeweis wegen seiner geringen ontologischen Voraussetzungen,
als den am meisten überzeugenden der „fünf Wege“ bezeichnet. Dieser
Gottesbeweis aus der Summa theologiae ist
zudem der einzige, den Thomas in seinem Frühwerk De Ente et Essentia bereits vorgestellt hat.
Montag, 16. November 2015
Wenn sich etwas verändert, dann gibt es eine Ursache: Gott
Der erste der sogenannten „fünf Wege“, - der fünf
Gottesbeweise Thomas von Aquins – geht von einer Tatsache in unserer Erfahrung
aus, die von niemandem ernsthaft bestritten wird. Es gibt Veränderung, Bewegung
in der Welt. Es ist nicht nötig anzunehmen, dass sich alles verändert. Es reicht,
wenn wir davon überzeugt sind, dass es mindestens eine Entität gibt, die sich
verändert.
Dienstag, 3. November 2015
Warum überhaupt Gottesbeweise?
In einer Reaktion auf meinen letzten Beitrag zum Thema
Atheismus und Gottesbeweise hat ein Leser einen Kommentar auf Google+
veröffentlicht, der eher typisch für die Haltung heutiger ernsthafter Christen
zu diesem Thema ist. Insbesondere Protestanten, und hier besonders die frommen
Protestanten in den Freikirchen, aber seit einigen Jahrzehnten auch Katholiken,
sind der Überzeugung, dass Gottesbeweise mehr oder weniger überflüssig sind,
dass durch sie niemand zum christlichen Glauben findet und dass der Gott der
Gottesbeweise kein Gott ist, "vor dem man niederfallen kann" und "den man anbeten
kann". Diese Auffassung ist nicht nur falsch, sie führt sogar zu einem oft
falschen Gottesverständnis. Daher möchte ich einige Worte zu dem Thema sagen,
warum eine philosophische Analyse des Gottesbegriffs und die rationalen Beweise
für die Existenz Gottes nicht nur hilfreich und sinnvoll, sondern sogar
notwendig sind.
Donnerstag, 29. Oktober 2015
Warum Atheisten gegen einen Strohmann kämpfen
Verschiedene Atheisten, darunter bekannte Namen wie Bertrand Russell,
Daniel Dennett und Richard Dawkins
glauben, sie hätten ein starkes Argument gegen die verschiedenen kosmologischen
Gottesbeweise gefunden. Doch spricht ihr Argument mehr für die völlige
Unkenntnis der kosmologischen Argumente, was für einen Philosophen (zu denen
Dawkins freilich nicht gehört) eher ein Armutszeugnis ist. So führt Daniel
Dennett, einer der führenden analytischen Philosophen gegen die kosmologischen
Argumente an: „Das kosmologische Argument … in seiner einfachsten Form
behauptet, dass weil alles eine Ursache haben muss, auch das Universum eine
Ursache haben muss, nämlich Gott“ (eigene Übersetzung von: D. Dennett, Breaking the Spell, S. 242).
Dienstag, 20. Oktober 2015
Neuerscheinungen für Scholastiker
Die Situation für scholastische Philosophen, was die
Publikationen angeht, hat sich in den vergangenen zehn Jahren erheblich
verbessert. Während vor zehn Jahren pro Jahr einige, wenige Neuerscheinungen
zur scholastischen Philosophie zu verzeichnen waren und dies vor allem
historisch orientierte Titel, erscheinen derzeit fast monatlich ein bis zwei
neue Titel. Leider fast ausschließlich auf Englisch. Wie auch sonst ist die
systematische Philosophie in Deutschland leider fünf bis zehn Jahre hinter der
internationalen (d.i. angelsächsischen) Entwicklung hinterher. Heute möchte ich
Ihnen zwei interessante Neuerscheinungen vorstellen.
Donnerstag, 8. Oktober 2015
Erste Thomistische Sommerakademie
Das Institut für Thomistische Philosophie hat die konkreten Daten für die vom Institut durchgeführte Erste Thomistische Sommerakademie bekanntgegeben. Ab sofort ist auch eine Anmeldung möglich. Da die Plätze, wie es auf der Website des Instituts heißt, begrenzt sind, empfiehlt sich vermutlich eine rechtzeitige Anmeldung. Das Thema ist jedenfalls sehr ansprechend und hochaktuell: Dualismus und Hylemorphismus in der Philosophie des Geistes.
Hier die Daten der ersten Sommerakademie:
Samstag, 26. September 2015
These 16: Substantielle Einheit von Leib und Seele
Die 16. These der 24 bestätigten Thesen der derThomistischen Philosophie
bezieht sich auf den sogenannten Hylemorphismus.
Entsprechend dieser aristotelisch-thomistischen Theorie ist jeder
materielle Gegenstand aus Materie (griechisch: hylé) und Form (griechisch: morphé)
zusammengesetzt. Dies gilt auch für den Menschen. Beim Menschen ist die Seele
die Form des Körpers. Diese Seele bestimmt somit den Körper bis in seine
letzten Bestandteile und macht den Körper zu dem, was er ist, zu einem
menschlichen Leib. Der menschliche Leib ist nicht als solcher die Materie. Was
wir wahrnehmen, wenn wir einen Menschen sehen, ist der „geformte“ Leib, der
Körper, der bereits durch die Form, d.i. die Seele bestimmt ist. Die
eigentliche Materie ist immer die materia prima, die völlig unbestimmte, reine
Materie, die ohne Form nie existiert. Im Unterschied zur Pflanze oder zum Tier
ist aber die menschliche Form, also die Seele des Menschen, in einem gewissen Sinne
ohne den Körper existenzfähig.
Freitag, 11. September 2015
These 15: Subsistenz der menschlichen Seele
Schon vor einigen Jahren habe ich damit begonnen, die sogenannten
24 bestätigten Thesen der Thomistischen Philosophie der Reihe nach zu erläutern. Damals war
ich bis zur 14. Thesevorgedrungen, bei der es um die Philosophie der Biologie geht. Die 15. These
bezieht sich auf die menschliche Seele, von der hier behauptet wird, dass sie „an
sich“ besteht. Das hört sich wie eine dualistische These an, wie sie von René
Descartes und anderen neuzeitlichen und modernen Philosophen vertreten wird,
ist aber nicht so gemeint.
Montag, 31. August 2015
Der Bundespräsident und die Definition
Am vergangenen Samstag veröffentlichte der in Bonn
erscheinende „Generalanzeiger“ ein
Interview mit dem deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Der
Bundespräsident ist in der DDR aufgewachsen und wurde dort zum evangelischen
Pfarrer ausgebildet. Ob zur Ausbildung von Pfarrern in der DDR ein Studium der
Philosophie gehörte, kann ich nicht sagen, aber nach den Äußerungen des
Bundespräsidenten im Generalanzeiger würde ich das eher bezweifeln. Bestenfalls
könnte ein Studium des Marxismus-Leninismus Teil des Studiums gewesen sein.
Dies schließe ich aus der Äußerung von Herrn Gauck, man müsse den Begriff der „Nation“
heute umdefinieren.
Montag, 24. August 2015
Warum existiere ich heute?
Vor einigen Jahrzehnten wurde ich geboren. Meine Existenz begann
mit der Befruchtung der Eizelle. Danach hat sich der Körper entwickelt, ich
wurde geboren und existiere seither mehr oder weniger selbständig. Von Tag zu
Tag, von Stunde zu Stunde von Minute zu Minute dauert meine Existenz fort. Aber
warum? Gibt es eine Ursache oder ein Prinzip in mir selbst, durch die ich meine
Existenz erhalte? Während die Frage nach dem Anfang der Existenz in der
Philosophie von je her größere Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, ist die
Frage nach der Dauerhaftigkeit der Existenz kaum beachtet worden. Um diese
Dauerhaftigkeit der Existenz zu erklären, müsste es eine Ursache in einer
Entität geben, durch die sie fortdauert. Gibt es eine solche Ursache?
Samstag, 8. August 2015
Neuer Essentialismus
Nach jahrhunderterlanger Abstinenz vom Essentialismus, also
der Theorie, dass es Wesenheiten gibt, die in der Realität selbst und nicht nur
im Bewusstsein existieren, gibt es seit einiger Zeit nun auch in der analytischen
Philosophie wieder ein neues Interesse an Wesenheiten. Allerdings unterscheidet
sich dieses neue Verständnis ganz erheblich vom klassischen Essentialismus der
aristotelisch-scholastischen Tradition. Die neuen Essentialisten stehen im
Zusammenhang mit den Weiterentwicklungen in der modernen Logik, insbesondere
der Modallogik, und gehen teilweise zurück auf Hilary Putnam und Saul Kripke.
Dienstag, 28. Juli 2015
Wirklich möglich
Nach Auffassung scholastischer Philosophen gründet das, was „wirklich
möglich“ ist und das, was notwendig und unmöglich ist, in der Wirklichkeit. Der
Teilbereich der Metaphysik, der sich mit dem beschäftigt, was möglich,
unmöglich oder notwendig ist, heißt Modalontologie. Wie in vielen anderen
Bereichen der Philosophie vertritt auch hier die aristotelisch-thomistische
Philosophie einen Ansatz, der sich von allem unterscheidet, was heute in der
Modalontologie so gang und gäbe ist. Die scholastische Modalontologie ist vor
allem realistisch. Realität aber
beinhaltet, dass etwas sowohl „im-Akt“ als auch „in-Potenz“ ist und diese
beiden Arten des Seins werden weiter spezifiziert durch die sogenannten vierUrsachen.
Sonntag, 19. Juli 2015
Wie wir Wesenheiten erkennen
Im Blog-Beitrag vom 2. Juli
wurden Gründe für die Notwendigkeit der Unterscheidung von Wesenheiten und
Eigenschaften genannt. Ein weiterer Grund zu dem im Beitrag genannten Grund
besteht in der Erkenntnis von Wesenheiten. Die scholastische Philosophie ist
nicht der Auffassung, dass diese Erkenntnis eine einfache Sache ist,
beispielsweise durch eine sogenannte „Wesensschau“, ein bestimmtes Vermögen,
mit dessen Hilfe man sozusagen auf einen Schlag die Wesenheit einer Sache
erkennt. Ganz im Gegenteil ist es in vielen Fällen recht schwierig eine
Wesenheit zu erkennen. Doch gerade zur Erkenntnis der Wesenheit ist die
Unterscheidung derselben von Eigenschaften oder allgemeiner, von den Attributen
erforderlich.
Freitag, 10. Juli 2015
Neo-Scholastic Essays: Eine Buchempfehlung
Der populärste analytische Thomist oder Neoscholastiker, Edward Feser, hat eine Sammlung seiner wichtigsten Aufsätze und Vorträge aus den
vergangenen Jahren veröffentlicht. Während Feser in Deutschland weniger bekannt
ist, gehört er in den USA zu den renommiertesten Philosophen aus dem Umfeld des
sogenannten Neoaristotelismus (das ist der allgemeinste Begriff unter dem alle
Richtungen fallen, angefangen von Philosophen, die bestimmte Aspekte der
aristotelischen Philosophie aufgreifen, bis hin zu Neothomisten und
Neoscholastikern). Besonders weit verbreitet ist sein Internet-Blog, in dem
Feser mehrere Beiträge pro Woche veröffentlicht. Feser schreibt sehr gut
verständlich und streng argumentativ. In deutscher Übersetzung ist von ihm
bisher nur das Buch Der Letzte Aberglaube erschienen.
Donnerstag, 2. Juli 2015
Wesenheiten und essentielle Eigenschaften
In gegenwärtigen Diskussionen über den Essentialismus, also
die Auffassung, dass es Wesenheiten gibt, gibt es ein Missverständnis, dass
sich sowohl bei den Gegnern als auch bei den modernen Befürwortern des
Essentialismus findet. Das Missverständnis betrifft die Beziehung zwischen
Wesenheiten und Eigenschaften. Insbesondere in der analytischen Philosophie
werden Wesenheiten als essentielle Eigenschaften analysiert. Alle
charakteristischen Bestimmungen einer Entität werden heute unter dem Begriff „Eigenschaft“
subsummiert, wobei Essentialisten zwischen wesentlichen und unwesentlichen
Eigenschaften unterscheiden. Hier unterscheidet sich die scholastische Position
deutlich von diesen Analysen.
Dienstag, 23. Juni 2015
Moderater Realismus
Die scholastische Philosophie vertritt einen moderaten
Realismus, der sich vom Nominalismus, dem Konzeptualismus bzw. Rationalismus
einerseits und vom radikalen, bzw. platonischen Realismus andererseits
unterscheidet und gewissermaßen eine Zwischenposition darstellt. Unter einer
realistischen Philosophie versteht man eine solche, die davon ausgeht, dass
Wesenheiten mehreren Dingen gemeinsam zukommen. Das Wesen von Wasser ist etwas,
dass der Michigan See mit dem Wasser aus Ihrem Wasserhahn oder dem Wasser auf
einem Jupitermond gemeinsam hat.
Freitag, 12. Juni 2015
Poppers und Wittgensteins Anti-Essentialismus
Der Anti-Essentialismus ist die vorherrschende Strömung in
der Gegenwartsphilosophie. Daher verwundert es nicht, dass nicht nur Quine,
sondern auch andere Philosophen gegen Wesenheiten argumentiert haben. Die
Argumente zweier weiterer Philosophen, nämlich Karl Popper und Ludwig
Wittgenstein, möchte ich noch vorstellen.
Samstag, 6. Juni 2015
Quines Anti-Essentialismus 2
W.V.O. Quine hat weitere Argumente für seine Auffassung
geliefert, dass es keinerlei Modalitäten gibt, insbesondere dass es nichts gibt,
dass notwendig ist. Dies gilt selbst, nach Quine, für mathematische und
logische Wahrheiten. Seine Argumente gegen die Notwendigkeit sind aber immer
auch gegen die Theorie der Wesenheiten gerichtet, denn eine Entität hat ihre
Wesenheit notwendigerweise. Dass Sokrates ein Mensch ist, ist eine notwendige
Bestimmung Sokrates‘. Quine hingegen behauptet, dass irgendeine Proposition,
die wir für notwendig halten, nichts anderes bedeutet, als das wir eine solche
Proposition für wichtig erachten und dass dann, wenn wir sie als nicht notwendig
preisgeben, dies bedeutende Konsequenzen hätte. Doch im Prinzip könnten auch logische
Wahrheiten, wie der Satz vom Widerspruch als nicht-notwendig betrachtet werden.
Freitag, 22. Mai 2015
Quines Anti-Essentialismus. Teil 1
Antiessentialismus ist die Auffassung, dass es keine
Wesenheiten oder Naturen gibt. Diese Auffassung ist so alt wie die Philosophie
selbst, wurde aber in der neuzeitlichen Philosophie die vorherrschende Theorie
und zwar unabhängig davon, ob es sich um Vertreter der Rationalismus,
Konzeptualismus oder Nominalismus handelt. Während der Nominalismus rundweg
bestreitet, dass es überhaupt Wesenheiten gibt und selbst Begriffe als bloße
Worte versteht, behaupten Rationalisten bzw. Konzeptualisten, dass es in der
Realität keine Wesenheiten oder Naturen gibt, dass wir aber in unserem Denken Allgemeinbegriffe
bilden können, denen allerdings in der Welt nichts entspricht. Für die analytisch orientierte Gegenwartsphilosophie sind die Argumente
des strengen Nominalisten Willard van Orman Quine (1908-2000) sehr
einflussreich geworden.
Dienstag, 12. Mai 2015
Wesenheiten in der Wissenschaftstheorie
Argumente für die bewusstseinsunabhängige, also objektive
Realität von Wesenheiten werden seit einiger Zeit auch von Vertretern einer
Wissenschaftstheorie geliefert, die als „Neue Essentialisten“ (New Essentialists)
bezeichnet werden. Bekannte Vertreter dieser wissenschaftstheoretischen Richtung
sind Nancy Cartwright oder Brain Ellis. Neue Essentialisten vertreten die
Auffassung, dass es die Aufgabe der Naturwissenschaften ist, Wesenheiten und
kausale Kräfte (Dispositionen) zu entdecken und zu erforschen. Kausale Kräfte
sind dieser Auffassung entsprechend Kräfte, die Dinge aufgrund ihrer
Wesenheiten besitzen, bzw. die die Dinge wesentlich besitzen. Hierfür wurden
von den Neuen Essentialisten weitere Argumente für die Objektivität von
Wesenheiten genannt.
Mittwoch, 29. April 2015
Die Realität der Wesenheiten
Die Wesenheit einer Sache ist ihre Natur, das, wodurch sie
das ist, was sie ist. Die Wesenheit
ist das, was wir intellektuell erfassen, wenn wir die Gattung und den spezifischen Unterschied einer Sache erfassen. Das
klassische Beispiel zur Erläuterung der Wesenheit ist die Definition der
Wesenheit des Menschen bei Aristoteles als rationales Sinneswesen. In dieser
Definition wird Sinneswesen als
Gattung betrachtet, unter die der Mensch fällt und Rationalität als das, was den Menschen als Art von der Gattung unterscheidet. Wenn die Definition richtig ist,
dann gibt sie uns das Wesen des Menschen an.
Mittwoch, 22. April 2015
Der Neoaristotelismus breitet sich aus
Wenn man unter dem Begriff „Neoaristotelismus“ alle
philosophischen Positionen zusammenfasst, die sich mehr oder weniger stark auf
Aristoteles und die aristotelische Tradition in der Philosophie beziehen (dazu
gehören insbesondere die neuen Scholastiker und Thomisten, die oft auch als
analytische Scholastiker oder Thomisten bezeichnet werden), dann gibt es eine
sehr erfreulich Entwicklung. Im aktuellen Heft der Zeitschrift RATIO. An international Journal for analytic
philosophy, eines der führenden philosophischen Fachzeitschriften für
analytische Philosophie, sind soeben gleich zwei ausgezeichnete Beiträge von
Neoaristotelikern erschienen, die ich kurz vorstellen möchte. Der erste Beitrag
von Travis Dumsday
zeigt die „ontologischen Konsequenzen des Atomismus“ auf und zieht daraus die
Konsequenz, dass diese Position unhaltbar ist. Der zweite Beitrag von Nicah
Newman verteidigt auf der Grundlage eines naturalistischen Ansatzes die
klassische Auffassung zur Sexualethik.
Dass solche Aufsätze in einem führenden Organ für
analytische Philosophie erscheinen, wäre noch vor fünf Jahren undenkbar
gewesen.
Dienstag, 21. April 2015
Das Leib-Seele Problem: Grundkurs IV erschienen
Der vierte Band des
Grundkurs Philosophie von Rafael Hüntelmann ist jetzt lieferbar.
Thema dieses vierten Bandes ist „Das Leib-Seele-Problem“, eines der derzeit
meistdiskutierten Themen in der Philosophie. Wie für alle Bände dieser Reihe
üblich, werden nicht nur die wichtigsten Theorien und Argumente der
Gegenwartsphilosophie zum Thema Philosophie des Geistes vorgestellt, sondern
insbesondere die aristotelisch-thomistische Theorie zum Leib-Seele-Problem.
Donnerstag, 16. April 2015
Identität: Eine nicht-reduktionistische Analyse
Nachdem verschiedene Versuche dargestellt wurden, die Identität einer Entität durch Reduktion zu erklären, folgt heute eine nicht-reduktive Analyse der Identität, die dem „gesunden Menschenverstand“ näher steht, als die bisherigen Erklärungsversuche. Es ist die Analyse, wie sie von den scholastischen Philosophen entwickelt wurde, nach der Identität primitiv, d.h. einfach ist. Dies bedeutet nun auch wieder nicht, dass man nichts weiter darüber sagen kann. Identität beruht nach scholastischer Auffassung auf der substantiellen Form einer Entität, die die charakteristischen Eigenschaften, Kräfte, Vermögen, Dispositionen und anderes bestimmt.
Dienstag, 7. April 2015
Diachrone Identität oder Persistenz. Teil 2
Gegen die Theorie der zeitlichen Teile bzw. den
Vierdimensionalismus wurden verschiedene Einwände vorgebracht. Die Theorie
behauptet, wie im letzten Blogbeitrag dargestellt, dass ein persistierendes
Objekt ein vierdimensionaler Raumzeitwurm ist. Ähnlich wie jedes materielle
Objekt räumliche Teile hat, soll es dieser Theorie entsprechend auch zeitlichen
Teile haben. Solche zeitlichen Teile sind z.B. „früher als“, „später als“ oder „gleichzeitig
mit“. Dementsprechend ist jedes Stadium eines Objekts ein zeitlicher Teil des
Objekts und das Objekt selbst ist entsprechend eine Zusammensetzung zeitlicher
Teile, der selbst ein zeitlicher Teil ist, der die anderen zeitlichen Teile „überlappt“.
Mittwoch, 1. April 2015
Diachrone Identität oder Persistenz
Während die synchrone Identität einer Entität durch die vorbezeichnete Materie bestimmt wird, handelt es sich
bei diachronen Identität um die Beständigkeit einer Entität im Wandel der Zeit.
Synchrone Identität bedeutet, dass eine Entität genau diese Entität und keine
andere zu einem bestimmten Zeitpunkt ist. Eine Entität verändert sich aber im
Verlauf der Zeit. Alle Körperzellen eines Menschen werden im Verlauf von etwas
sieben Jahren durch neue Zellen ersetzt. Trotzdem gehen wir davon aus, dass wir
es mit derselben Person zu tun haben, die wir vor sieben Jahren getroffen
haben. Worin diese Art der Identität besteht, ist die Frage nach der diachronen
Identität.
Dienstag, 24. März 2015
Individuation
Was ist dafür verantwortlich, dass etwas Allgemeines wie
Gold oder eine bestimmte Farbschattierung oder auch das allgemeine Wesen des
Menschen individuiert wird? Nun, diese Frage habe ich schon einige Male in
diese Blog thematisiert. Die Antwort lautet, ganz allgemein: die Materie. Nach
scholastischer Auffassung ist die Materie das Prinzip der Individuation. Die
Form, also z.B. die Form oder das Wesen von Gold ist etwas Allgemeines, eine
Universalie. Ein bestimmtes Stück Gold, wie z.B. eine Unze (eine in diesen
unsicheren Zeiten sicher gute Geldanlage), ist individuiert. Und in der Welt in
der wir leben gibt es nur solche individuierten Dinge, keine abstrakten Dinge.
Abstraktes Gold, die Form Gold, ist sicher keine gute Geldanlage und wenn Ihnen
jemand so etwas zum Kauf anbietet, werden Sie sicher nichts dafür bezahlen. Nun
ist es zwar richtig, dass die Materie das Prinzip der Individuation ist, aber
nicht die Urmaterie, die materia prima, denn diese ist ja selbst völlig
unbestimmt und somit nicht individuiert.
Montag, 16. März 2015
Sind Dinge Ereignisse?
Es gibt Philosophen, zu denen z.B. der späte Bertrand
Russell, Whitehead und andere gehören, die der Auffassung sind, dass aufgrund
der Erkenntnisse der modernen Physik die Dinge unserer Alltagswelt, die von der
aristotelisch-scholastischen Philosophie, aber auch von vielen anderen
Philosophen, als Substanzen analysiert werden, als Ereignisse zu analysieren
sind. Ereignisse sind daher fundamentaler als Substanzen. Wie auch in
zahlreichen anderen Fällen, in denen behauptet wird, dass die Ergebnisse der
modernen Physik eine grundsätzliche Änderung der Philosophie erforderlich
machen, zeigt sich bei einem genaueren Blick, dass sich die Ergebnisse der
Physik auch alternativ interpretieren lassen.
Mittwoch, 25. Februar 2015
Bündel, Tropes oder Substanzen
Eine Konstante in der neuzeitlichen und modernen Kritik der
Scholastik ist die Ablehnung des Substanzbegriffs. Substanzen sind nach
Aristoteles und Thomas von Aquin unabhängige Entitäten, das bedeutet,
Entitäten, die in sich sind und nicht in einem Anderen und als solche Träger
von Eigenschaften. Die empiristische Kritik am Substanzbegriff richtet sich vor
allem gegen die fehlende empirische Gegebenheit von Substanzen. Substanzen sind
nicht sichtbar und was nicht sinnlich gegeben ist, existiert für einen
Empiristen nicht. Was gegeben ist sind Sinnesdaten oder allgemeiner gesagt,
Eigenschaften. So geht bereits David Hume davon aus, dass gewöhnliche Dinge
sich als Bündel von Eigenschaften analysieren lassen. Ein Stück Gold ist nach
dieser Theorie nichts anderes als das Gelb, die Verformbarkeit, die Festigkeit,
die Schmelzbarkeit, das bestimmte Gewicht usw., die zusammen „gebündelt“
vorkommen. Es gibt nichts an Gold, das darüber hinaus noch besteht, oder das
diesen Eigenschaften zugrunde liegt, kein Substrat, das Träger dieser
Eigenschaften ist. Dieser Gedanke liegt den modernen Trope-Ontologien zugrunde,
die eine Weiterentwicklung dieser Idee Humes darstellen.
Freitag, 13. Februar 2015
Struktureller Hylemorphismus
![]() |
Kathrin Koslicki |
In den letzten Jahren hat es zumindest im angelsächsischen
Raum eine Renaissance des Hylemorphismus gegeben. Außer Philosophen, die den
klassischen Hylemorphismus von Aristoteles und Thomas von Aquin weiterführen,
gibt es auch eine neue Theorie des Hylemorphismus, die Oderberg als „strukturellen
Hylemorphismus“ bezeichnet hat und der sich deutlich von der klassischen
Theorie unterscheidet. Hauptvertreter dieses strukturellen Hylemorphismus sind
Kathrin Koslicki und William Jaworski.
Freitag, 6. Februar 2015
„Nichts anderes als“: Moderner Atomismus
Ein weiteres Problem des Atomismus besteht darin, dass auch
ihre modernen Vertreter nicht in der Lage sind, die fundamentalsten
Unterscheidungen in der Natur zu erklären, wie sie vom Hylemorphismus
angenommen werden. Diese Unterscheidungen sind die zwischen der organischen und
anorganischen Natur einerseits, und zwischen dem vegetativen und dem sinnlichen
bzw. tierischen Leben andererseits. Eine dritte Unterscheidung betrifft die zwischen
dem tierischen oder sinnlichen Lebewesen und dem menschlichen Leben. Dass sich
die menschliche Rationalität nicht auf eine bloß sinnliche Lebensform
reduzieren lässt, ist nicht nur durch Argumente gegenwärtiger Denker in der
scholastischen Tradition bewiesen worden, sondern auch durch die wohlbekannten
Schwierigkeiten mit denen Gegenwartsphilosophen konfrontiert sind, wenn sie in
der Philosophie des Geistes versuchen, eine naturalistische Erklärung für
propositionale Einstellungen zu geben.
Montag, 19. Januar 2015
Hylemorphismus versus Atomismus
Die antiken Atomisten glaubten, dass man jede Art der
Veränderung durch die Anordnung und Neugruppierung fundamentaler Teilchen
erklären könne. Nach dieser Auffassung sind ein Hund, ein Baum oder Wasser auf
der fundamentalen Ebene ein- und dieselbe Sache, nämlich eine Ansammlung
fundamentaler Teilchen. Ihr Unterschied besteht nur darin, dass diese Teilchen
unterschiedlich angeordnet sind. Ihre Unterschiede sind demnach nur akzidentell
und nicht substanziell und dementsprechend sind auch die fundamentalsten Veränderungen dieser Dinge, wie der Tod des Hundes, die Verbrennung des Baumes
und die Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff keine
substanziellen, sondern nur akzidentelle Veränderungen. Der Hylemorphist
unterscheidet zwischen akzidenteller Veränderung, wie der Änderung der Farbe
des Hundefells oder der Erhitzung von Wasser und substanzieller Veränderung,
wie dem Tod des Hundes oder die Zerlegung des Wassers in Wasserstoff und
Sauerstoff.
Mittwoch, 7. Januar 2015
Ein Streit zwischen Scholastikern
Bezüglich der Natur der substanzielle Form und der prima
materia gibt es zwischen den verschiedenen scholastischen Schulen – Thomisten,
Scotisten und der Schule von Suarez – einen Streit. Im Unterschied zu Thomas
sind Suarez und Duns Scotus der Auffassung, dass die Urmaterie unabhängig von
einer substanziellen Form existieren kann. Die Auseinandersetzung über diese
Frage hält bis heute an und die Argumente für die Theorien Duns Scotus‘ und
Suarez‘ finden sich in einem Werk, das der Verlag editiones scholasticae vor etwa zwei Jahren neu herausgegeben
hat. Hier eine kurze Zusammenfassung der Auseinandersetzung, wie sie sich „Scholastic Metaphysics“ von Edward Feser findet.
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