Es gibt Philosophen, zu denen z.B. der späte Bertrand
Russell, Whitehead und andere gehören, die der Auffassung sind, dass aufgrund
der Erkenntnisse der modernen Physik die Dinge unserer Alltagswelt, die von der
aristotelisch-scholastischen Philosophie, aber auch von vielen anderen
Philosophen, als Substanzen analysiert werden, als Ereignisse zu analysieren
sind. Ereignisse sind daher fundamentaler als Substanzen. Wie auch in
zahlreichen anderen Fällen, in denen behauptet wird, dass die Ergebnisse der
modernen Physik eine grundsätzliche Änderung der Philosophie erforderlich
machen, zeigt sich bei einem genaueren Blick, dass sich die Ergebnisse der
Physik auch alternativ interpretieren lassen.
Denn weder die Quantenphysik, noch die Relativitätstheorie
sind als solche philosophische Theorien und besagen deshalb nichts über das
Problem der Substanzen. Hier ist eine metaphysische Interpretation
erforderlich, die nicht in der Physik selbst enthalten ist. Nur der Hinweis auf
die moderne Physik kann die scholastische Philosophie in keiner Weise in Frage
stellen.
Es ist im Gegenteil sogar so, dass die Relativitätstheorie
und die Quantenphysik die Substanztheorie bestätigen. Denn einerseits
ist das eine Ding – das Raum-Zeit-Kontinuum – von der Art einer einzigen
vierdimensionalen Substanz, von der alles andere ein Akzidenz ist. Auf der
anderen Seite haben Ereignisontologien die gleichen Probleme wie Bündeltheorien insofern, als sie Substanzen durch Ereignisbündel ersetzen. Denn Ereignisse werden,
wie die Eigenschaften in den Bündeltheorien, als Substanzen behandelt und
gewöhnliche Alltagsgegenstände als Aggregate dieser etwas außergewöhnlichen
Substanzen betrachtet.
Eigentlich sind Ereignisontologien eine Neuauflage der
Philosophie Heraklits, nach dem sich alles im Fluss und im Werden befindet.
Gegen diese Theorie hat bereits Aristoteles argumentiert und die Probleme
dieser Theorien, besonders wenn sie modern mit naturwissenschaftlichen
Erkenntnis aktualisiert werden, sind eher größer geworden. Die Wissenschaft ist
eine Tätigkeit von Menschen, Menschen, die wissenschaftliche Instrumente
entwerfen und gebrauchen, die Beobachtungen machen und Schlüsse ziehen. Und
Menschen sind eine bestimmte Art von Substanzen. Wenn dies nicht der Fall ist,
müssten uns Ereignisontologen einen Ansatz bieten, durch den sie kohärent in
der Lage sind uns zu erklären, wie Ereignisse die Dinge tun können, die wir
tun.
Wenn das, was wir eine Person nennen, wirklich nur ein
Ereignis ist, ein Prozess oder eine Reihe von Ereignissen, dann stellt sich die
Frage, wie dann, sagen wir, die Ereignisse der Ableitung von bestimmten
Vorhersagen aus einer Theorie, eine bestimmte Beobachtung und aus der Schlüsse zu
ziehen sind und andere Ereignisse, nur diese Ereignisse sind, ohne jemanden, der
dies tut. Es gibt hier niemanden von dem man sagen kann, dass er etwas lernt,
niemanden, der Wissenschaft betreibt, sondern es gibt nur das Lernen,
wissenschaftliche Ereignisse, nur Wissen, ohne das Jemand weiß usw. Es gibt nur
das Sitzen, nicht Sokrates der sitzt; es gibt das Blühen, aber nichts, das
blüht.
Nun könnte der Ereignisontologe einwenden und sagen, dass es
natürlich so etwas wie eine Person gibt, die diese Tätigkeiten ausübt und dass
diese Person gerade diese Ansammlung von Ereignissen ist. Doch so wie der
Bündelontologe nicht in der Lage ist zu zeigen, warum es gerade diese
Eigenschaften sind, die das Bündel ausmachen und keine anderen, so gibt es auch
für den Ereignisontologen keinen prinzipiellen Weg zu zeigen, wie die genau „richtigen“
Ereignisse die Person ausmachen. Warum sind es gerade diese und keine anderen
Ereignisse, die diese Person konstituieren?
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