Inzwischen ist der erste Band bereits in jeder Buchhandlung erhältlich und der zweite Band – die Fortsetzung des ersten Bandes – erscheint Mitte Februar. Die Vorworte und Einführungen mit dem Inhaltsverzeichnis möchte ich Ihnen heute präsentieren. Vielleicht bekommen Sie dadurch Lust, diese Einführungen in die klassische aristotelische Logik zu lesen. Nebenbei: So weit mir bekannt, ist dies die einzige deutschsprachige Einführung in die klassische Logik.
Warum klassische
aristotelische Logik?
Immanuel Kant hat einmal Aristoteles als den Vater der Logik
bezeichnet. Die auf Aristoteles zurückgehende Logik war über 2000 Jahre die
Grundlage für die gesamte Philosophie und Wissenschaft. Natürlich gab es im
Verlauf der Geschichte eine Weiterentwicklung der Logik, deren Grundlage aber
immer die Logik des Aristoteles geblieben ist. Erst im späten 19. Jahrhundert
und dann vor allem im 20. Jahrhundert wurde im Zusammenhang mit der Mathematik
eine Logik entwickelt, die in verschiedener Hinsicht die Grundlagen der
aristotelischen Logik verlassen hat. Dazu später mehr.
Hinsichtlich der klassischen oder formalen Logik hat Kant
also zweifellos Recht. Die klassische aristotelische Logik hat sich natürlich,
wie schon gesagt, deutlich weiterentwickelt. Bereits in der Antike wurden z.B.
von Seiten der Stoiker weitere Möglichkeiten der aristotelischen Logik
entdeckt. Große Bedeutung hatte der griechische Philosoph Chrysippos von Soloi
(279–206 v. Chr.), der eine klare Unterscheidung von Objekt, Bedeutung und
sprachlicher Bezeichnung über Aristoteles hinaus entwickelte. Auch im
Mittelalter gab es einige Weiterentwicklungen der klassischen formalen Logik.
Besonders aber im 17. und 18. Jahrhundert machte die aristotelische Logik
deutliche Fortschritte, und hier ist besonders der Philosoph und
Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) zu nennen.
Eine neue Art der Logik wurde im frühen 19. Jahrhundert von
dem englischen Philosophen John Stuart Mill (1806–1873) entwickelt, die
sogenannte „induktive Logik“. Das Neue an dieser Logik besteht darin, dass von partikularen
Sätzen auf allgemeine Aussagen geschlossen wird, was nach Aristoteles nicht
möglich ist. Diese Art der Logik spielt aber für die modernen
Naturwissenschaften eine wichtige Rolle, doch ihre Erkenntnisse haben immer nur
eine gewisse Wahrscheinlichkeit.
Am Ende des 19. Jahrhunderts und bis in das 20. Jahrhundert
hinein wurde dann eine neuartige Methode der Logik entwickelt, die im Unterschied
zur klassischen formalen Logik, die auf Aristoteles zurückgeht, weit mehr mit
Mathematik zu tun hat als mit Philosophie (oder Theologie und anderen
Geisteswissenschaften). Diese logische Methode wird deshalb auch oft als mathematische
Logik bezeichnet, spielt aber in der Philosophie der Gegenwart, besonders
in der analytischen Philosophie, eine zentrale Rolle. Diese moderne Logik beinhaltet
zwei verschiedene, aber zusammengehörende Systeme: die Aussagenlogik und die
Prädikatenlogik. Die wichtigsten Namen, die mit dieser modernen Logik verbunden
werden, sind Gottlob Frege (1848–1925), Alfred North Whitehead (1861–1947) und
Bertrand Russell (1872–1970). Praktisch alle modernen Lehrbücher zur Logik verwenden
ausschließlich die moderne mathematische Logik. Sofern die klassische Logik
noch Erwähnung findet, wird sie mit Hilfe der modernen logischen Symbolik
dargestellt.
Warum schreiben wir dann aber eine klassische aristotelische
Logik? Zunächst gibt es einen ganz einfachen Grund: Die klassische aristotelische
Logik ist in verschiedener Hinsicht deutlich einfacher als die moderne
mathematische Logik, und sie ist für die Zwecke der Philosophie, der Theologie
und anderer Geisteswissenschaften völlig ausreichend und genauso hilfreich, wie
sie es vor 2300 Jahren war.
Es gibt aber noch weitere Gründe, die aristotelische Logik zu
bevorzugen. Zunächst einmal sind die beiden logischen Systeme, die
traditionelle und die moderne Logik, sehr verschieden im Hinblick auf das,
womit sie sich beschäftigen. Die klassische Logik beschäftigt sich vor allem
mit den Beziehungen zwischen sprachlichen Ausdrücken, den Termen in einem
Argument, in denen das Wort „sein“ (oder „ist“, „sind“, „bin“) als Verbinder
zwischen den Termen verwendet wird. Am Beispiel dargestellt:
Alle Menschen sind sterblich.
Sokrates ist ein Mensch.
Also ist Sokrates sterblich.
Dieses Argument handelt von den Beziehungen zwischen den
Ausdrücken „Mensch“, „sterblich“ und „Sokrates“.
Im Unterschied dazu handelt die moderne Logik von den
Beziehungen zwischen Sätzen in einem Argument, ohne dabei die innere Struktur
der Aussagen zu berücksichtigen. Damit begrenzt sich die moderne Logik auf ein
hypothetisches Argumentieren und ignoriert das kategorische Argumentieren, wie
es in der aristotelischen Logik üblich ist.
Dies wurde auch von verschiedenen klassischen Logikern
bemängelt, wie z.B. von Peter Kreeft und Ronald Tacelli. Als Grund für diese
neue Struktur der Logik, die nur die Relationen zwischen den Aussagen
betrachtet, ohne die innere Struktur der Sätze zu untersuchen, haben sie die
unterschiedlichen philosophischen Voraussetzungen der modernen und der
klassischen Logik herausgestellt. Sie haben Folgendes analysiert (P. Kreeft
& R. Tacelli 1994): Die klassische Logik ist eine Logik der linguistischen
Ausdrücke. Diese drücken mentale Begriffe aus, welche reale Wesenheiten bzw.
die Natur der Dinge repräsentieren. Das griechische Wort logos hat diese
drei Bedeutungen. Modernen Philosophen sind aber Wesenheiten oder Naturen
äußerst verdächtig und zweifelhaft. Was der gesunde Menschenverstand als
selbstverständlich voraussetzt, wie dass Dinge reale Wesenheiten haben und dass
diese von uns erkannt werden können, wird von modernen Philosophen seit Jahrhunderten
in Frage gestellt. Die aristotelische Logik setzt aber die Existenz von
Wesenheiten voraus und ebenso unsere Fähigkeit, diese zu erkennen. Nach dieser
Auffassung sind unsere grundlegenden Ausdrücke, die Begriffe repräsentieren,
die ihrerseits wieder Wesenheiten ausdrücken. Moderne Philosophen und die
symbolische Logik hingegen lehnen den sogenannten metaphysischen Realismus
ab, der dieser aristotelischen Philosophie zugrunde liegt. Sie vertreten
hingegen einen metaphysischen Nominalismus (d.h., dass das, was man
Wesenheiten nennt, nichts anderes sind als bloße Namen, lateinisch nomina,
menschengemachte Etiketten). Die grundlegenden Einheiten dieser Philosophinnen
und Logikerinnen sind nicht sprachliche Ausdrücke bzw. Worte, sondern Sätze,
bzw., um den Fachbegriff zu verwenden, Propositionen. Diese
Propositionen werden dann zu argumentativen Strukturen verbunden, so wie dies
auch Computer tun: Wenn p, dann q; q, daher q.
Die Erwähnung des Computers in diesem Zusammenhang ist
tatsächlich aufschlussreich, denn alle modernen Computer arbeiten heute
mithilfe der modernen Logik, und sie wären gar nicht denkbar ohne diese
mathematische Logik. Die moderne Logik lässt sich deshalb auch damit beschreiben,
dass man sagt, dass sie wie ein Computer denkt. Aber Menschen sind keine
Computer. Computer sind nicht in der Lage zu erkennen, was etwas ist,
die Wesenheit oder die Natur einer Sache. Für die Programmierung von Computern,
ohne die unser heutiges Leben gar nicht mehr denkbar wäre, ist die moderne
Logik ein geeignetes und sehr hilfreiches Mittel. Aber das menschliche Denken
unterscheidet sich vom „Denken“ eines Computers, und für dieses menschliche
Denken und Erkennen ist die klassische aristotelische Logik das beste Mittel.
Menschen haben eine Seele und sie haben die Fähigkeit, Wesenheiten zu erkennen,
die Natur der uns umgebenden Dinge zu verstehen. Dazu ist die moderne Logik und
dazu sind Computer nicht in der Lage, und sie werden dazu auch prinzipiell
nicht in der Lage sein. Deshalb gibt es einige traditionelle Logiker, die sogar
behaupten, dass die moderne Logik gar keine Logik sei, sondern eher die
Wissenschaft von mathematischen, nichtlogischen Beziehungen. In den
Anfangszeiten der modernen Logik wurde diese Wissenschaft deshalb auch
gelegentlich als „Logistik“ bezeichnet.
Diese Überlegungen sollten uns überzeugen, dass es durchaus
sinnvoll ist, die weiterentwickelte klassische aristotelische Logik zu
studieren, insbesondere als Vorbereitung für das Studium der Philosophie und
als ein hervorragendes Werkzeug, um Philosophie, Theologie oder andere
Geisteswissenschaften zu betreiben, aber auch um richtiges und gutes Argumentieren
zu erlernen.
Wer die moderne Logik kennenlernen möchte, dem empfehle ich
das im gleichen Verlag erschienene Buch von Ludwig Neidhart: Einführung in
die formale Logik.
Vorwort zu Band 2
Der vorliegende zweite Band des Grundkurses klassische
aristotelische Logik thematisiert die verschiedenen Arten des Syllogismus. Es
werden deduktive Ableitungen mit der Behandlung der verschiedenen Figuren und
Modi des einfachen Syllogismus verbunden und zusätzlich die komplexen und
hypothetischen Syllogismen vorgestellt. Abschließend gibt es ein Kapitel zu dem
obliquen Syllogismus, der eine Variante des traditionellen kategorialen
Syllogismus ist. Damit ist die formale Logik vollständig dargestellt. Im
dritten Band folgt dann abschließend die materiale Logik, die in der modernen
mathematischen Logik nicht vorkommt. Für die materiale Logik sind die beiden
Bände zur formalen Logik Voraussetzung.
Dieser Band zur klassischen aristotelischen Logik richtet
sich an Schüler der oberen Jahrgangsstufen und Studierende im Grundstudium,
aber natürlich auch an alle, die an einer Einführung in die Logik und an Themen
der korrekten Argumentation interessiert sind.
Wie schon im ersten Band der Reihe möchte ich auch hier
einige Bemerkungen zur Beziehung zwischen der klassischen aristotelischen und
der modernen mathematischen Logik vorausschicken, denn es werden hier bestimmte
Themen nicht behandelt, die in anderen Einführungskursen zur Logik angesprochen
werden. So finden Sie in diesem Buch z.B. keine Wahrheitstafeln oder andere
Merkmale des modernen Logikkalküls, da sie nicht zur traditionellen Logik
gehören und auch für eine philosophische Logik nicht notwendig sind. Ich habe
diese Vorgehensweise schon im ersten Band damit begründet, dass die moderne
symbolische Logik und die aristotelische Logik unterschiedliche philosophische
Voraussetzungen haben. Die klassische aristotelische Logik ist gegründet auf
einen metaphysischen Realismus. Daher finden hier Terme und ihre Beziehungen
zueinander besondere Beachtung, weil sie für Begriffe stehen, die ihrerseits
reale Wesenheiten und andere Universalien repräsentieren. Die fortgesetzte
Debatte über die Frage, wie wir etwas wissen können, wird von der
traditionellen Logik dadurch beantwortet, dass es Dinge unabhängig von uns gibt
und dass diese in ihrer Wesenheit mehr oder weniger gut so erkannt werden
können, wie sie sind. Die moderne Logik hingegen setzt einen metaphysischen
Nominalismus voraus. Dies ist die Vorstellung, dass Terme nichts anders als Etiketten
seien, die nur zu unserer Bequemlichkeit eingeführt werden, aber nicht
notwendigerweise irgendetwas Reales bezeichnen, das auch unabhängig von uns
existiert.
Das führt zu verschiedenen Problemen, die sehr technischer
Natur sind und hier nicht diskutiert werden können. Jedenfalls ist dieses Buch
auf einen älteren philosophischen Ansatz gegründet, der nach meiner Überzeugung
deutlicher eine realistische Weltsicht sichtbar macht und einer auch modernen
scholastischen Philosophie besser entspricht. Allerdings möchte ich auch
betonen, dass ich das Studium der modernen mathematischen Logik nicht für sinnlos
halte. Im Gegenteil! Die moderne Logik hat erhebliche Fortschritte mit sich
gebracht, und sie wird für all diejenigen, die diesen Grundkurs studiert haben,
viel einfacher zugänglich und verständlich sein. Wer die moderne Logik
kennenlernen möchte, dem empfehle ich erneut die im selben Verlag erschienene Einführung
in die formale Logik von Ludwig Neidhart.
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