Gegen die Theorie der zeitlichen Teile bzw. den
Vierdimensionalismus wurden verschiedene Einwände vorgebracht. Die Theorie
behauptet, wie im letzten Blogbeitrag dargestellt, dass ein persistierendes
Objekt ein vierdimensionaler Raumzeitwurm ist. Ähnlich wie jedes materielle
Objekt räumliche Teile hat, soll es dieser Theorie entsprechend auch zeitlichen
Teile haben. Solche zeitlichen Teile sind z.B. „früher als“, „später als“ oder „gleichzeitig
mit“. Dementsprechend ist jedes Stadium eines Objekts ein zeitlicher Teil des
Objekts und das Objekt selbst ist entsprechend eine Zusammensetzung zeitlicher
Teile, der selbst ein zeitlicher Teil ist, der die anderen zeitlichen Teile „überlappt“.
Eine einfache Analogie zwischen räumlichen und zeitlichen
Teilen ist allerdings höchst problematisch. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ein
materieller Gegenstand kann nicht gleichzeitig an zwei Stellen sein, während
zwei Objekte natürlich gleichzeitig existieren können. Gegen diesen Einwand
argumentiert der Vierdimensionalist, dass genau genommen nur die räumlichen
Teile eines Gegenstandes nicht zugleich an zwei Stellen sein können. In der
gleichen Weise können die gleichen zeitlichen Teile eines Gegenstandes nicht zu
zwei verschiedenen Zeiten am selben Ort sein. Dadurch wird die Analogie
zwischen Raum und Zeit bewahrt, doch dafür muss der Vierdimensionalist
zeitliche Teile postulieren. Doch
dies bedeutet, dass die Theorie zeitlicher Teile nicht aus der Analogie von
Raum und Zeit folgt, wie die Theorie behauptet, sondern dass die zeitlichen
Teile vorausgesetzt werden, um diese
Analogie zu konstruieren. Insofern
ist die Rechtfertigung der Theorie zeitlicher Teile durch Bezug auf eine
Analogie von Raum und Zeit unzureichend.
Weiterhin muss die Theorie zeitlicher Teile diese als
augenblickliche oder momentane Entitäten konstruieren, denn wenn sie eine Dauer
hätten, müsste ihre Persistenz erklärt werden. Doch die Theorie zeitlicher Teile
tritt ja gerade an als eine Theorie, die versucht Persistenz zu erklären und
kann diese deshalb nicht voraussetzen. David Oderberg hat nun aber darauf
hingewiesen, dass Entitäten, die keinerlei Dauer haben, wie dies bei zeitlichen
Teilen der Fall sein soll, auch dadurch keine zeitliche Dauer bekommen, dass
sie aneinandergefügt werden. Eine augenblickliche Entität ohne jede zeitliche
Ausdehnung wird nicht durch die Aneinanderreihung weiterer unausgedehnter
zeitlicher Teile zu einer dauerhaften Entität: 0+0+0 = 0.
Jonathan Lowe hat auf ein weiteres Problem der Theorie
zeitlicher Teile hingewiesen, dass diese nämlich zirkulär ist: So wie der
Querschnitt oder eine geometrischer Schnitt eines materiellen Objekts nur
individuiert werden kann durch eine Bezugnahme auf das Objekt, von dem es
ein Querschnitt ist, so kann auch ein „zeitlicher Querschnitt“ (was das auch
immer sein mag) eines materiellen Objekts nur durch die Bezugnahme auf das
Objekt, von dem es ein Querschnitt ist, individuiert werden. Dies bedeutet
aber, dass wir es nicht mit einer kohärenten Analyse des Begriff eines
persistierenden Objekts durch den Begriff der zeitlichen Teile zu tun haben.
Ebenso wie die verschiedenen Versuche, materielle Substanzen
durch Atome oder Eigenschaftsbündel oder Ereignisse zu analysieren, scheitert
auch der Versuch, Substanzen durch zeitliche Teile zu analysieren.
Ein weiterer Punkt, der an der Theorie zeitlicher Teile
kritisiert wird, wendet ein, dass diese Theorie die Realität der Veränderung
bestreitet. Es gibt nämlich in dieser Theorie kein einzelnes Ding, das im Verlauf der Veränderung
weiterbesteht, sondern eine Reihe von flüchtigen Dingen, bei denen eines nach
dem anderen entsteht und verschwindet. Die Theoretiker der zeitlichen Teile
wenden gegen diesen Vorwurf ein, dies gelte nur unter der Voraussetzung des
Präsentismus, nach dem nur der gegenwärtige Moment existiert und das soll ja
gerade bestritten werden. Die Theorie zeitlicher Teile vertritt
demgegenüber eine eternalistische Auffassung der Zeit, nach der jeder Moment
der Zeit in gleicher Weise wirklich ist, egal ob vergangen, gegenwärtig oder
zukünftig. Daher werden diese Theorien auch als „eternalistisch“ bezeichnet.
Demnach existiert der gesamte Raumzeitwurm mit allen Stadien oder zeitlichen
Teilen auf einmal, wie ein vierdimensionaler Block. Doch dies bedeutet nur,
dass man von Heraklit zu Parmenides übergeht: Während die präsentistische Interpretation
der Theorie zeitlicher Teile dazu führt, dass es keine veränderliche Dinge gibt, führt die eternalistische
Interpretation zeitlicher Teile dazu, dass sich Dinge nicht verändern.
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