Montag, 10. Oktober 2016

Ein Skandal in der Philosophie



Während und nach dem Kongress der Society of Christian Philosophers (SCP), eine der großen philosophischen Gesellschaften in den USA, die aber auch zahlreiche Mitglieder aus anderen Ländern hat (auch ich war bis vor zwei Jahren Mitglied der SCP), gab es einen Skandal, der durch einen Hauptvortrag von Richard Swinburne ausgelöst wurde. Swinburne ist emeritierter Professor für philosophische Theologie und Religionsphilosophie in Oxford und der bedeutendste Religionsphilosoph der Gegenwart. Er hatte es gewagt, Homosexualität als Behinderung zu bezeichnen und hatte dazu Argumente geliefert, die er auch in einem seiner letzten Bücher vorgestellt hat. Auch wenn man mit ihm nicht übereinstimmt, so geht es in der Philosophie in erster Linie um Argumentation. Stattdessen wurde er brutal beschimpft und der Präsident der SCP, Michael Rea, der Swinburne eingeladen hatte, distanzierte sich auf Facebook von Swinburne (ohne Argumente).



Der ganze Skandal ist ein Zeichen für den vollständigen Sittenverfall durch Homolobbyisten, die inzwischen auch in der Philosophie ihr Unwesen treiben und zwar nicht auf philosophische Art und Weise, d.h. argumentativ, sondern durch gemeinste Beschimpfungen und Beleidigungen anderer Philosophen.

So fluchte auf Facebook Jason Stanley, Professor für Philosophy an der Yale University: “Fuck those assholes.  Seriously“, was ich lieber unübersetzt lasse. Ihm stimmten weitere Professoren zu: Jonathan Jenkins Ichikawa, Associate Professor für Philosophie an der University of British Columbia oder Rebecca Kukla, Senior Research Scholar am Kennedy Institute of Ethics an der Georgetown University.

Gegen eine offene und argumentative Debatte, auch mit harten Bandagen und strengen Argumenten, wäre überhaupt nichts einzuwenden und vielleicht gibt es auch gute Argumente gegen Swinburnes These, dass es sich bei der Homosexualität um eine Behinderung handelt. Swinburne hat dafür jedenfalls eine Reihe guter Argumente genannt. Doch von Seiten seiner Gegner gibt es nicht ein einziges Argument. Man kann also nur vermuten, dass diese Gegner gar keine Gegenargumente haben und deshalb wütend ihren Gefühlen freien Lauf lassen und damit zugleich eine totalitäre Grundhaltung zumindest in dieser Frage zum Ausdruck bringen, nach der es verboten ist, anders als der Mainstream über Homosexualität zu denken. Die traditionelle Auffassung der letzten Jahrtausende seit der Antike spricht mehr für Swinburne. Sowohl Platon als auch Aristoteles, Thomas von Aquin oder Immanuel Kant hätten eher Swinburne zugestimmt als denjenigen, wie Michael Rea, dem Präsidenten der SCP, der glaubte, er müsse sich für Swinburne im Name der Gesellschaft entschuldigen.

Philosophen diskutieren über alle möglichen Themen und auch hier gibt es heftige Auseinandersetzungen zwischen eher traditionell gesinnten und modernen Philosophen. So z.B. in Fragen der Abtreibung oder anderen umstrittenen moralischen Fragen. Doch hierbei geht es um den Austausch von Argumenten und jeder bemüht sich darum, die besten Argumente für seine Auffassung zu finden. Der Leser oder Hörer ist dann in der Lage zu entscheiden, welche Argumente besser sind. Bei der Frage der Homosexualität ist dies offenbar nicht der Fall. Das hat natürlich Gründe.

Michael Rea, der SCP-Präsident schreib in seiner Distanzierung, dass Swinburne und jeder andere Sprecher „zu den Werten von Diversität und Inklusion verpflichtet ist.“ Aber selbstverständlich. Doch warum gilt dies nicht für Swinburne und für Philosophen, die argumentieren, dass Homosexualität nicht dasselbe ist wie Heterosexualität? Denn genau dies ist ja das Problem in den USA oder in Europa. Swinburnes Auffassung ist zweifellos sehr unpopulär heutzutage und sie gehört nicht zu den Theorien, die in philosophischen Debatten über Sexualethik „inkludiert“ werden, Diskussionen, die gerade nicht dazu neigen „divers“ zu sein, sondern stattdessen die liberale Auffassung dominieren. Gerade das Swinburne diese Auffassung vertreten konnte, spricht für echten „Diversität und Inklusion“. Michael Rea will gerade das rückgängig machen und beweist damit, dass das, was er sagt, nicht ernst gemeint sein kann.

Das bei der „Diskussion“ um Homosexualität schon seit langem Argumente keine Rolle mehr spielen, hat natürlich Gründe. In einem Blogbeitrag hat Edward Feser http://edwardfeser.blogspot.de/2016/09/michael-rea-owes-richard-swinburne.html#more diese Hintergründe aufgedeckt. So haben führende Homoaktivisten bereits Ende der 1980er Jahre erkannt, dass Argumente offenbar nicht hilfreich sind, um die Agenda der „Homorechte“ durchzusetzen. Marshall Kirk und Hunter Madsen haben 1989 in einem Buch mit dem Titel „After the Ball“ eine Langzeit-Propagandakampagne entwickelt, um die Haltung der Gesellschaft zur Homosexualität zu verändern. Die Mittel dazu sollten sein, dass bei Gegnern der Homosexualität Scham ausgelöst wird, wenn sie gegen die Homoagenda argumentieren, dass sie zudem sozial ausgegrenzt werden sollten und mit anderen durchdachten Methoden versucht werden soll, die Emotionen zu manipulieren und nicht an die Rationalität zu appellieren.

Wörtlich heißt es in dem Buch (meine Übersetzung): „Der Trick besteht darin, den Bigotten in die Lage zu versetzen, dass er ein widersprüchliches Schamgefühl zu spüren bekommt... Dies kann auf vielfältige Weise erreicht werden, wobei alle Methoden die wiederholte Exposition mit illustrierenden Bildern oder verbalen Aussagen benutzen, die mit seinem Selbstverständnis als einer guten Person unvereinbar sind, der gut zu den übrigen Menschen passt. So kann die propagandistische Werbung homophobe und homohassende Bigotte als grobe Lautmäuler und Arschlöcher darstellen, die „nicht christlich“ sind. Es kann ihnen gezeigt werden, dass sie kritisiert, gehasst und gemieden werden ... Es kann, kurz gesagt, homohassende Bigotterie mit allen Arten von Attributen in Verbindung gebracht werden, durch die sich der Bigotte schämen wird, dass er sie besitzt, und die mit sozialen Konsequenzen verbunden sind, die er unangenehm und beängstigend empfindet ...

Mit diesen und ähnlichen Methoden ist es den Homosexuellenverbänden in den meisten westlichen Ländern inzwischen gelungen, ihre Agenda durchzusetzen. Mit Argumenten wäre es ihnen nie gelungen, denn es gibt vermutlich keine guten Argumente für eine vollständige Gleichheit von Homo- und Heterosexualität. Beim Kongress der Society for Christian Philosophers ist nun Richard Swinburne Opfer dieser Kampagne geworden, bei der ausdrücklich Rationalität ausgeschaltet wird. Ebenso schlimm ist es, dass dies bei einer philosophischen Fachgesellschaft geschehen ist und zudem noch bei einer Gesellschaft, die sich christlich versteht. Das ist eine bedrohliche Entwicklung…



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