Dienstag, 25. November 2014

No Limits?

In der Werbung gibt es nicht selten Sprüche wie „No limits“ oder „Alles ist möglich“. Dass dies leider nie der Fall ist, wissen wir natürlich. Doch warum ist alles begrenzt, und zwar nicht nur räumlich und zeitlich, sondern auch in anderen Hinsichten. Dies versucht die Theorie von Form und Materie (Hylemorphismus) zu erklären. Die Theorie ist Fundament für die gesamte Philosophie der materiellen Entitäten. Ein Baum ist ein Baum und keine Rose und es ist ein bestimmter Baum, nicht die Gattung Baum. Der Baum ist zudem sowohl räumlich, als auch zeitlich begrenzt, wenn auch die Lebensdauer eines Baumes hundert Mal so groß sein kann, wie die eines Menschen.




Edward Feser bezieht sich auf ein einfacheres Beispiel: die Rundheit selbst und als solche ist universal und nichts Einzelnes; sie ist vollkommen und exakt und nicht, wie ein konkreter runder Gegenstand, einzeln und bestenfalls nur annähernd vollkommen und exakt. Jeder runde Gegenstand ist immer nur eine unvollkommene und ungefähre Annährung an die Rundheit, sei es nun ein Kreis, den ich zeichne, oder ein runder Tisch. Diese konkreten, einzelnen runden Dinge sind Instanzen der Rundheit als solcher. Sie sind in Raum und Zeit begrenzt, aber auch begrenzt in ihrer Annährung an die allgemeine Rundheit. Sie sind rund in einem bestimmten Grad von Rundheit. Wenn Rundheit eine Art ist aktual zu sein, dann ist die Rundheit in dieser begrenzten Form, wie sie sich bei allen runden Gegenständen findet, eine Art von Potenzialität. Denn insofern der gezeichnete Kreis oder der runde Gegenstand nur unvollkommener rund sind, haben sie nur teilweise eine Potenz zur Rundheit aktualisiert. Und insofern der runde Gegenstand in Raum und Zeit ist, ist er potenziell zu dieser Zeit und in diesem Raum und nicht zu einer anderen Zeit oder in einem anderen Raum.

Das nun, wodurch der Kreis oder der runde Tisch aktual rund sind, ist die Form und dasjenige, wodurch der runde Gegenstand begrenzt ist, sowohl in Raum und Zeit als auch in den anderen Hinsichten, ist die Materie. Die Materie ist der Grund für die Begrenzung der materiellen Dinge. Die Form als solche, die Rundheit als Rundheit, ist nicht durch irgendetwas begrenzt. Ihre Begrenzung erfährt sie, wenn sie mit der Materie verbunden wird, wenn ich einen Kreis auf Papier zeichne oder einen runden Tisch herstelle.

Insofern ist der Hylemorphismus eigentlich nichts anderes als die Anwendung der universalen Akt-Potenz Theorie auf materielle Körper. Die Form ist in der „Rolle“ des Aktes, die Materie in der „Rolle“ der Potenz. Form ist das intrinsische Prinzip in jeder materiellen Entität, durch die diese ihre bestimmte (begrenzte) Vollkommenheit hat, ihre Dauerhaftigkeit und auch ihre Identität als das, was der Gegenstand ist.

Wie Akt und Potenz sind auch Form und Materie in jedem Körper verschiedenen aber nicht zu trennen. Materie ist passiv, aufnehmend und unbestimmt, die Form ist aktiv und bestimmend. Materie ohne jede Form wäre nichts andere als Potenz ohne jede Bestimmung – nichts. Daher gibt es keine „reine Materie“ ohne Form. Was wir als Materie im Alltag verstehen – Steine, Berge, Flüsse, oder auch Atome und subatomare Teilchen – ist immer schon bestimmte, geformte Materie.


Ebenso wie aber ein reiner Akt durchaus denkbar ist, ist auch reine Form denkbar. So ist für scholastische Philosophen der Geist oder der Verstand immateriell und insofern reine Form, Form die, zumindest im Prinzip, ohne Materie existieren kann. Eine rein intellektuelle Substanz, eine Substanz, die nur aus einer Form besteht und nicht mit Materie verbunden ist, dies ist es, was die Scholastik unter dem Begriff eines „Engels“ versteht.

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