Dienstag, 23. Dezember 2014

Materia prima und sekundäre Materie

Die scholastische Philosophie spricht von zwei verschiedenen Arten der Materie, der materia prima, manchmal auf Deutsch auch als „Urmaterie“ bezeichnet, und der sekundären Materie. Sekundäre Materie ist eine Materie mit einer substanziellen Form, also all das, was wir im alltäglichen Sprachgebrauch als Materie bezeichnen, wie Holz, Eisen, Plastik, Wasser usw. Die sekundäre Materie ist die Grundlage der akzidentellen Veränderung. Wenn jemand aus Holz eine Weihnachtsfigur schnitzt, dann ist dies in ontologischer Hinsicht eine akzidentelle Veränderung, denn der bereits aus Materie und Form zusammengesetzte Ast eines Baumes wird eine Figur. Die Urmaterie, bzw. die materia prima hat absolut keine Form.


Dienstag, 16. Dezember 2014

Institut für Thomistische Philosophie gegründet

Vor kurzem wurde das erste außeruniversitäre Institut für Thomistische Philosophie iTP in Deutschland gegründet. Schwerpunkt der Arbeit sollen regelmäßige europäische Summer Schools sein, zu denen Studierende aus ganz Europa eingeladen sind. Die Website des Instituts wurde kürzlich freigeschaltet.

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Tarzan und die Liane

Im Ausgang von der Unterscheidung zwischen Form und Materie haben scholastische Philosophen eine weitere Unterscheidung zwischen einer substantiellen und einer akzidentellen Form eingeführt. Diese Unterscheidung ergibt sich wieder aus einem Unterscheid, die sich auch schon bei Aristoteles findet, nämlich zwischen vom Menschen gefertigten Dingen, wie einer Hängematte, die Tarzan aus Lianen geflochten hat und akzidentellen Zusammenstellungen, wie einem Haufen Steinen. Die Bestandteile aus denen Tarzans Hängematte besteht – die Lianen – und die Steine, aus denen der Haufen besteht, sind natürliche Gegenstände bzw. Substanzen.

Dienstag, 25. November 2014

No Limits?

In der Werbung gibt es nicht selten Sprüche wie „No limits“ oder „Alles ist möglich“. Dass dies leider nie der Fall ist, wissen wir natürlich. Doch warum ist alles begrenzt, und zwar nicht nur räumlich und zeitlich, sondern auch in anderen Hinsichten. Dies versucht die Theorie von Form und Materie (Hylemorphismus) zu erklären. Die Theorie ist Fundament für die gesamte Philosophie der materiellen Entitäten. Ein Baum ist ein Baum und keine Rose und es ist ein bestimmter Baum, nicht die Gattung Baum. Der Baum ist zudem sowohl räumlich, als auch zeitlich begrenzt, wenn auch die Lebensdauer eines Baumes hundert Mal so groß sein kann, wie die eines Menschen.

Mittwoch, 12. November 2014

Hylemorphismus

Der Hylemorphismus, die aristotelisch-thomistische Theorie von Form und Materie ist das Fundament der gesamten Philosophie der materiellen Welt. Der Hylemorphismus baut auf die noch allgemeinere Akt-Potenz-Theorie auf, die über den Bereich der materiellen Entitäten hinausgeht; der Hylemorphismus ist die Anwendung dieser Theorie auf den Bereich der materiellen Welt, für den Bereich der Entstehung, der Bewegung, Veränderung und des Werdens.
Jede Potenz ist immer eine Potenz für eine bestimmte Aktualität. Sie richtet sich auf etwas, das über sie selbst hinaus weist, nämlich auf ein Ziel oder einen Zweck. Die Potenzialität eines Dinges zu verstehen bedeutet, die Finalität des Dinges zu verstehen. Die Potenz eines Dinges kann nur durch etwas aktualisiert werden, das bereits aktual ist, d.h. keine Potenz aktualisiert sich selbst. Deshalb versteht man die Entstehung oder jede Veränderung eines Dinges, d.h. die Aktualisierung in verschiedenster Hinsicht, wenn man die effiziente Kausalität versteht. Finale und effiziente Ursachen sind die extrinsischen Prinzipien des Seins einer Entität. Von hier aus kann man nun den Hylemorphismus verstehen.



Montag, 27. Oktober 2014

„Kleine Ursache – große Wirkung“?

Heute setze ich meine Zusammenfassung des Buches ScholasticMetaphysics  von Edward Feser fort und zwar noch immer mit dem Thema Kausalität. Die sogenannte „Chaostheorie“ war in den 1980er Jahren sehr populär, besonders bei Menschen mit einen zwar wissenschaftlichen Weltbild, allerdings mit einer gewissen Neigung zur Esoterik. In dieser Theorie wurde das sogenannte „Schmetterlingsphänomen“ diskutiert, nach dem der beginnende Flug eines Schmetterlings in China zu gewaltigen Orkanen in den USA führen könnte. Das ist ein Beispiel für ein Ursache-Wirkungsverhältnis, bei dem eine Ursache eine Wirkung erzielt, die das, was in der Ursache „enthalten“ ist, um ein vielfacher übersteigt. Ein solches Missverhältnis zwischen Ursache und Wirkung steht in krassen Gegensatz zu einem Prinzip der Kausalität, nachdem die Wirkung verhältnismäßig zur Ursache ist (Thomas von Aquin, Summa Theologiae I-II.63.3).


Freitag, 17. Oktober 2014

Spaemann und die "Substantiation"

Das Thema meines heutigen Blogeintrags ist zwar eigentlich theologischer Natur, hat aber philosophische Implikationen, die nicht uninteressant sind. Robert Spaemann (87), einer der derzeit bekanntesten deutschen Philosophen, hat in einem Beitrag für die internationale theologische Zeitschrift „Communio“ einen Beitrag mit dem Titel „Substantiation. Zur Ontologie der eucharistischen Wandlung“ veröffentlicht, der in Theologenkreisen und darüber hinaus für Verwirrung gesorgt hat. Spaemann, der als konservativer Katholik gilt, kritisiert in diesem kurzen Beitrag den katholischen Begriff der „Transsubstantiation“, also der Wesensverwandlung in der Hl. Messe und zwar auf Grund von richtigen ontologischen Prämissen.


Dienstag, 7. Oktober 2014

Kausalität per se und Kausalität per Akzidenz





Eine für die scholastische Kausaltheorie zentrale Unterscheidung ist die zwischen Kausalität per se (causa per se) und Kausalität per Akzidenz (causa per accidens). Diese Unterscheidung zweier grundlegend verschiedener Arten von Kausalität findet sich in der Scholastik nicht nur bei Thomas von Aquin, sondern ebenso bei Duns Scotus und fast allen anderen Scholastikern und gehört insofern zum Gemeingut der scholastischen Philosophie. Sie findet sich jedoch in der neuzeitlichen und modernen Philosophie nicht mehr. Ursachen per se unterscheiden sich in dreifacher Hinsicht von akzidentellen Ursachen, wie Duns Scotus herausgestellt hat.

Mittwoch, 24. September 2014

Kausalreihen und Gleichzeitigkeit



Sind Ursache und Wirkung eines Ereignisses gleichzeitig oder nicht? Über diese Frage gibt es spätestens seit David Hume einen philosophischen Streit. Nach Auffassung scholastischer Metaphysiker sind Ursache und Wirkung immer simultan. Hume hingegen vertritt die Auffassung, dass die Ursache früher als die Wirkung ist und daher Ursache und Wirkung getrennt sind. Nach Hume handelt es sich deshalb bei Ursache und Wirkung um zwei Ereignisse. Der Grundgedanke der scholastischen Philosophen besteht darin, dass es keinen Sinn macht anzunehmen, dass es eine Ursache gibt, die keine Wirkung hat oder eine Wirkung ohne Ursache. Das Schneiden einer Orange mit dem Messer ist identisch mit dem geschnitten-werden der Orange mit einem Messer. In anderem Fall würde das Messer gar nichts schneiden und die Orange würde durch nichts geschnitten werden.

Donnerstag, 18. September 2014

Nichts ist ohne Grund



Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in Ihrem Zimmer und lesen im Internet und plötzlich hören Sie ein seltsames Rascheln im Nebenraum, obwohl niemand dort ist. Sie fragen sich: Was ist der Grund dieses Raschelns? Dies ist eine völlig natürliche und selbstverständliche Reaktion. Philosophen haben daraus ein Prinzip gemacht, das als „Satz vom Grund“ bezeichnet wird. Es gibt verschiedene Formulierungen des Prinzips und das Alter dieses Prinzips wird von einigen Philosophen bis zu dem Vorsokratiker Parmenides zurück geführt. Am bekanntesten ist die Formulierung von Leibniz, für den dieses Prinzips nach dem Nichtwiderspruchsprinzips das wichtigste aller Prinzipien ist. In einem seiner Hauptwerke, der Theodizee, formuliert Leibniz das Prinzip mit den Worten: „nichts geschieht, ohne dass es eine Ursache oder wenigstens einen bestimmenden Grund gibt, d. h. etwas, das dazu dienen kann, a priori zu begründen, weshalb etwas eher existiert als nicht existiert und weshalb etwas gerade so als in einer anderen Weise existiert.“ Scholastische Philosophen haben dieses Prinzip auch zur Begründung des Kausalprinzips verwendet, allerdings mit einem anderen Verständnis als Leibniz und der Rationalismus.

Mittwoch, 10. September 2014

Argumente für das scholastische Kausalprinzip



Unter scholastischen Philosophen gibt es einen Disput über die Frage, ob das Kausalprinzip positiv verteidigt werden kann, bzw. ob es einer solchen Verteidigung überhaupt bedarf und wenn ja, wie dieses Prinzip verteidigt werden kann. Dieser Disput betrifft die Frage, ob das Kausalprinzip selbstevident ist, d.h. ob es durch sich selbst einleuchtet und daher einer Begründung weder fähig, noch bedürftig ist.
Nun könnte man natürlich einwenden, dass es durchaus nicht unmittelbar und durch sich selbst einleuchtend ist, dass etwas in Potenz nicht aktual werden kann ohne etwas, das bereits aktual ist. Denn es könnte zumindest im Prinzip möglich sein, dass etwas Potenzielles aktual werden kann, ohne den Eingriff von etwas bereits Aktualem.

Montag, 1. September 2014

Scholastische Kausaltheorie und Quantenmechanik



Scholastiker war im Urlaub, was eine Lücke in den wöchentlichen Blogbeiträgen verursacht hat. Doch heute geht es weiter mit den Einwänden gegen die scholastische Kausaltheorie. Ein neuerer Einwand bezieht sich auf die Quantenmechanik. Von dieser Seite aus werden drei Einwände gegen das Kausalprinzip erhoben. 

Donnerstag, 14. August 2014

Grundkurs Philosophie III. Erkenntnistheorie ist erschienen



Bereits vor einem Monat ist der dritte Band des von Rafael Hüntelmann verfassten Grundkurses Philosophie erschienen. Bei diesem dritten Band der Reihe „Philosophie des gesunden Menschenverstandes“ geht es um eine Einführung in die Erkenntnistheorie.


Mittwoch, 13. August 2014

Kausalgesetz und Newtons Trägheitsgesetz



Ein weiterer Einwand gegen das aristotelisch-scholastische Kausalprinzip geht zurück auf das von Newton entdeckte Trägheitsgesetz. Thomas von Aquin verwendet als Prämisse für seinen ersten Gottesbeweis den Satz: „Alles was sich in Bewegung befindet wird durch etwas anderes in Bewegung gebracht.“ Dies ist eine andere Formulierung des Kausalprinzips. Seit langem wird nun behauptet, dass Newtons Trägheitsgesetz dieses Prinzip widerlegt habe. Das Gesetz lautet bekanntlich: „„Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Translation, sofern er nicht durch einwirkende Kräfte zur Änderung seines Zustands gezwungen wird.“

Mittwoch, 6. August 2014

Bertrand Russells Einwand gegen das Kausalprinzip



Bertrand Russell gehört zu den einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts und gilt als einer der Väter der analytischen Philosophie. Stark beeinflusst von David Hume aber auch von Franz Brentano und Alexius Meinong, hat er verschiedene philosophische Entwicklungen durchlaufen. In einem Werk aus seiner frühen Phase („On the Notion of Cause“) behauptet er, dass das „Gesetz der Kausalität ein Relikt aus einem vergangenen Zeitalter ist, das nur, wie die Monarchie, überlebte, weil es fälschlicherweise als unschädlich betrachtet wurde“. Nach seiner Auffassung zeigt die Physik, dass es keine Kausalität gibt. Physik beschreibt nämlich, nach Auffassung Russells, die Welt in Differenzialgleichungen, die funktionale Beziehungen zwischen Ereignissen beschreiben und diese Gleichungen beziehen sich nicht auf Ursachen.


Mittwoch, 30. Juli 2014

Jetzt auch als E-Book



Vom Verlag editiones scholasticae war zu erfahren, dass das Buch von Edward Feser: Scholastic Metaphysics. A Contemporary Introduction, inzwischen zum Bestseller avanciert ist. Inzwischen wurden mehr als 2000 Exemplare weltweit verkauft. Dennoch lässt sich Amazon.de das Geschäft offensichtlich entgehen, denn dort ist der Titel nicht lieferbar. In den USA hat das Buch bei Amazon.com hingegen sogar einen guten Verkaufsrang und der größte Teil der Auflage wurde dort verkauft.
Für Freunde von E-Books ist der Titel nun auch zu einem günstigeren Preis elektronisch lieferbar.

Einwände gegen das scholastische Kausalprinzip. David Hume



Im letzten Blogbeitrag habe ich versucht, in aller Kürze das scholastische Prinzip der Kausalität vorzustellen. Hier soll es nun darum gehen, die Argumente, die gegen dieses Prinzip vorgebracht wurden, kennenzulernen. Außerdem möchte ich deutlich machen, dass diese Gegenargumente, die alle auf David Hume zurückgehen, schwach und widerlegbar sind.

Donnerstag, 24. Juli 2014

Das scholastische Prinzip der Kausalität


Es gibt unterschiedliche Formulierungen des Kausalprinzips in der Scholastik und Neuscholastik. Eines davon, obwohl nicht das bekannteste, wird von Edward Feser bevorzugt, weil es das Beste ist, um die Diskussion um dieses Prinzip zu beginnen. Es handelt sich um das Diktum Thomas von Aquins, dass „nichts von Potenzialität zu Aktualität überführt werden kann, außer durch etwas, das bereits im Zustand der Aktualität ist“ (Summa theologiae I.2.3). Jede Wirkursache aktualisiert eine Potenz. Das Prinzip der Kausalität, bei dem es um die Wirkursache geht, sagt uns: wenn eine Potenz aktualisiert wird, kann dies nur geschehen durch eine bereits aktuale Ursache, etwas, das bereits aktual ist.


Donnerstag, 17. Juli 2014

„Physische Intentionalität“ in der Gegenwartsphilosophie

In der gegenwärtigen analytischen Philosophie gibt es seit einiger Zeit eine Rückkehr zu den Prinzipien der Finalität und zwar von Seiten von Philosophen, die Kräfte, bzw. Vermögen (power) in ihren Theorien integrieren. Dabei wird zumeist der Begriff „Finalität“ oder „Finalursache“ vermieden. Stattdessen sprechen diese Philosophen von Kräften, Vermögen oder Dispositionen, die auf bestimmte, charakteristische Manifestationen gerichtet sind. Dies wird dann nach dem Modell der Gerichtetheit, die von der menschlichen Intentionalität bekannt ist, beschrieben. Daher sprechen diese Philosophen, zu denen z.B. John Heil, George Molnar und U. T. Place gehören, von „physischer Intentionalität“ oder „natürlicher Intentionalität bzw. „intentionalen Zuständen“.

Mittwoch, 9. Juli 2014

Das Prinzip der Finalität



Das Prinzip der Finalität lautet nach Thomas von Aquin: „Jedes Tätige ist um eines Zieles willen tätig“ (Summa contra gentiles, III, 2). Oder anders formuliert: Wenn A durch seine Natur die Wirkursache von B ist, dann ist die Entstehung von B die Finalursache von A. Nehmen wir als Beispiel die Neigung eines Eiswürfels eine Flüssigkeit oder die Luft in der Umgebung zu kühlen. Oder die Neigung von Phosphor am Kopf eines Streichholzes eine Flamme zu erzeugen, wenn das Streichholz an der Seitenfläche der Streichholzdose gerieben wird. Dies sind die entsprechenden Wirkungen des Eiswürfels oder des Streichholz unter normalen Umständen. Der Eiswürfel wird die Umgebung kühlen und nicht erwärmen und der Phosphor am Streichholz wird eine Flamme erzeugen und erhitzen und nicht kühlen. Das der Eiswürfel und der Phosphor genau diese Wirkungen und nicht irgendwelche anderen oder gar keine Wirkungen erzeugen, ist nur dadurch erklärlich, wenn wir annehmen, dass es etwas in ihnen gibt, das sie genau auf dieses und kein anderes Ergebnis als ihr Ziel oder Zweck richtet. Dies ist die Finalursache. 

Donnerstag, 3. Juli 2014

Wirkursache und Finalursache

Aristoteliker unterscheiden zwischen effizienten und finalen Ursachen. Eine effiziente oder Wirkursache ist eine solche Ursache, die etwas in die Existenz bringt oder etwas in irgendeiner Weise verändert. Sie wird auch als Agens (Agenskausalität) bezeichnet. Diese Art der Ursache entspricht ungefähr dem, was in der Gegenwartsphilosophie unter „Ursache“ überhaupt verstanden wird. Eine Final- oder Zweckursache ist dasjenige, um dessen Willen etwas besteht oder geschieht, wie Aristoteles im 5. Buch der „Metaphysik“ sagt. Die Ziel-, Zweck- oder Finalursache wird in der Gegenwartsphilosophie auch als teleologische Kausalität bezeichnet.

Freitag, 27. Juni 2014

Kategoriale oder Dispositionseigenschaften

Ein Beispiel für Power / Vermögen / Dispositionen
Eine Debatte in der analytischen Philosophie reflektiert eine viel ältere Diskussion in der scholastischen Philosophie. Gemeint ist die Unterscheidung zwischen kategorialen oder Dispositionseigenschaften. Zumeist wird der Begriff „Disposition“ gleichbedeutend mit „Vermögen“ oder „Kräfte“ verwendet. Es gibt aber Philosophen, die akzeptieren, dass es Dispositionen gibt, die aber bestreiten, dass es Vermögen gibt. Über diesen Punkt wird gegenwärtig in der analytischen Philosophie diskutiert. Die Sache ist folgende: Man kann Dispositionseigenschaften so verstehen, dass es sich um Eigenschaften handelt, die genau dann bestehen, wenn eine bestimmte konditionale Aussage wahr ist. Dies bedeutet z.B., dass wenn ein bestimmter Stimulus gegenwärtig ist, eine bestimmte Manifestation folgt.

Freitag, 20. Juni 2014

Kausale Vermögen und Naturgesetze



Die Theorie der Naturgesetze, die in der Neuzeit ihren Ursprung hat, hatte zunächst und ursprünglich einen theologischen Hintergrund. Freilich ist dieser den meisten heutigen Wissenschaftstheoretikern kaum bekannt. Der neuzeitliche Begriff der Materie, der sich grundsätzlich von dem mittelalterlich-scholastischen Begriff unterscheidet, versteht die Materie als vollständig passiv. Einige Philosophen kamen deshalb zu der Auffassung, dass die Quelle aller Tätigkeit der Materie eine göttliche Verfügung ist. Daher wurden Naturgesetze interpretiert als Beschreibungen wie die Welt unter der Voraussetzung dieser göttlichen Anordnungen tätig ist. Heute werden freilich Naturgesetze völlig unabhängig von einer göttlichen Anordnung verstanden, doch es ist eine offene Frage, ob dies tatsächlich möglich ist, wenn man die aristotelisch-scholastische Analyse der Vermögen und kausalen Kräfte bestreitet.

Freitag, 13. Juni 2014

Kausale Kräfte (Vermögen) in der scholastischen Philosophie

Nach der aristotelischen Philosophie unterscheidet man vier verschiedene Arten von Kausalität: formale, materiale, wirk- und finale Kausalität. In der Gegenwartsphilosophie werden Begriffe wie „Ursache“ oder „Kausalität ausschließlich für das verwendet, was in der aristotelischen Philosophie als Wirkursache oder als causa effecients bezeichnet wird. Die anderen drei Ursachen werden kaum erwähnt. Gelegentlich wird in jüngerer Zeit wieder die Finalursache diskutiert, aber nur, um diese zurückzuweisen. Hier soll deshalb zunächst die Wirkursache vorgestellt werden, wie sie in der klassischen Philosophie verstanden werden.

Donnerstag, 29. Mai 2014

Akt und Potenz: Unterscheidungen, Unterscheidungen…

Potenz ist nicht gleich Potenz. Das gleiche gilt für den Akt. Es gibt einen Unterschied zwischen einer logischen Potenz und einer realen Potenz und bei den realen Potenzen muss man unterscheiden zwischen einer aktiven und einer passiven Potenz. Einhörner sind potenzielle Entitäten, allerdings nur logisch-potenzielle Entitäten, denn es gibt keine Einhörner, allerdings ist der Begriff des Einhorns nicht logisch widersprüchlich, wie z.B. der Begriff des runden Quadrats. Logische Potenzen sind Objekte des Denkens und es gäbe sie nicht ohne Denken. Das Gegenteil trifft zu für reale Potenzen, die in der wirklichen Natur oder Wesenheit der Dinge begründet sind. So ist die Potenz des Gummiballs geschmolzen zu werden real; ein Gummiball hat die Potenz geschmolzen zu werden. In der aristotelisch-scholastischen Philosophie gelten solche realen Potenzen als Potenzen im eigentlichen Sinne.

Dienstag, 20. Mai 2014

Die Beziehung zwischen Akt und Potenz

Die Theorie Akt und Potenz bildet das Fundament der aristotelischen-thomistischen Philosophie. Beide kommen bei allen geschaffenen Entitäten nur zusammen vor. Akt und Potenz stehen in Beziehung zueinander und die Frage lautet: Um welche Art der Beziehung handelt es sich bei Akt und Potenz? Die scholastische Philosophie unterscheidet nämlich drei verschiedene Arten von Relationen: reale, logische und formale Relationen. Ob es sich bei der „formalen Relation“, die nur bei Duns Scotus vorkommt, um eine eigenständige Art der Relation handelt, ist eine weitere Frage. Und innerhalb der scholastischen Philosophie ist die Antwort auf die Frage, welche Art der Relation die Beziehung zwischen Akt und Potenz ist, umstritten.

Mittwoch, 14. Mai 2014

Ursprung von Akt und Potenz Teil 2. Heraklit

Herklit vertritt geradezu das Gegenteil der Eleatischen Theorie, denn nach Heraklit gibt es überhaupt kein beständiges Sein, sondern alles ist Werden. Nur die Veränderung ist wirklich. Diese Position ist, wie die des Parmenides, keine bloß historische Theorie, sondern beide philosophischen Positionen werden auch heute, mehr oder weniger verändert, vertreten. Die Auffassung Heraklits findet sich beispielsweise in der modernen Prozessphilosophie. Gegen die Auffassung, dass alles nur Werden ist und es überhaupt keine Beständigkeit gibt, lässt sich einwenden, dass ein Philosoph, der diese Theorie verteidigt, überhaupt nicht durch verschiedene Schritte argumentieren könnte um seinen Gegner zu überzeugen. Denn nach der Auffassung Heraklits gibt es kein beständiges Subjekt, wodurch die Person, die zu einer Schlussfolgerung gelangt, nicht dieselbe Person sein kann, die die Prämissen vertreten hat. Zudem gäbe es dann nicht einmal so etwas wie „das“ Argument dieser Schlussfolgerung, d.h. ein bestimmtes, einzelnes Argumentationsmuster.

Dienstag, 6. Mai 2014

Ursprung der Akt-Potenz Theorie. Teil 1

Die Theorie der Unterscheidung von Akt und Potenz stellt die fundamentalste Grundlage der gesamten aristotelisch-thomistischen Philosophie dar. In seinem Hauptwerk „Das Wesen des Thomismus“ hat der Schweizer Dominikaner Gallus M. Manser das gesamte Werk des hl. Thomas von Aquin von dieser Theorie her dargestellt. Der Ursprung dieser Theorie findet sich bei Aristoteles in dessen Auseinandersetzung mit den Eleaten, das ist eine Gruppe von Philosophen um den vorsokratischen Philosophen Parmenides, die bestritten, dass Veränderung etwas Reales ist. Aristoteles versuchte das Hauptargument gegen die Realität des Veränderung von Seiten Parmenides‘ und Zenos mit Hilfe der Akt-Potenz Theorie zu widerlegen.

Dienstag, 29. April 2014

Kann die Wissenschaft die Realität vollständig erklären?

In einem früheren Blogbeitrag auf der Grundlage des Buches Scholastic Metaphysics von Edward Feser wurde gezeigt, dass die Wissenschaft nur sehr begrenzt in der Lage ist, die Wirklichkeit zu beschreiben. In diesem Beitrag soll verdeutlicht werden, dass die Naturwissenschaften entsprechend auch nur sehr begrenzt in der Lage ist, die Realität zu erklären. Umso erstaunlicher ist es, dass viele Menschen eine Erklärung der Welt von der Naturwissenschaft erwarten, eine Erwartung, die die Wissenschaft schon von ihrer Methode her nicht in der Lage ist zu erfüllen. Denn die Naturgesetze, die die Wissenschaft zur Erklärung der Welt entdeckt hat, sind überhaupt keine Erklärung und schon gar keine vollständige Erklärung der Realität.

Montag, 21. April 2014

Gibt uns die Wissenschaft eine vollständige Beschreibung der Realität?

Der Szientismus ist der Überzeugung, dass allein die Naturwissenschaften in der Lage sind, eine vollständige Beschreibung der Wirklichkeit zu geben. Doch darin besteht das zweite Hauptproblem des Szientismus, denn dieser ist nicht einmal in der Lage eine vollständige Beschreibung der physischen Realität zu geben. Der Grund dafür liegt gerade in der Methode der Naturwissenschaften. Denn die Methode der Physik, wie auch die Methoden der anderen Naturwissenschaften besteht ausschließlich in einer quantitativen Beschreibung der Welt. Darin liegt einerseits ihr großer Erfolg und ihre Fähigkeit, Ereignisse vorherzusagen, doch andererseits ist dies auch die Grenze der Wissenschaft.

Montag, 14. April 2014

Das Dilemma des Szientismus

Der Szientismus ist eine Weltanschauung, die ausschließlich die Methoden und die Ergebnisse der Naturwissenschaften für wissenschaftlich erklärt. Doch der Szientismus ist mit einem klassischen Dilemma konfrontiert, das Edward Feser in seinem jüngsten Buch „Scholastic Metaphysics“ bereits in der Einleitung herausarbeitet. Die eine Seite des Dilemmas besteht darin, dass die Methoden der Naturwissenschaften als der einzige zuverlässige Weg zu sicherer Erkenntnis behauptet wird, dass jedoch diese Aussage selbst keine naturwissenschaftliche Behauptung ist, d.h. keine Behauptung, die durch die Anwendung der wissenschaftlichen Methode bewiesen werden kann.

Montag, 7. April 2014

Scholastische Metaphysik. Eine zeitgemäße Einführung

Ich habe mich entschlossen, in den kommenden Wochen und Monaten mindestens einmal wöchentlich eine zusammenfassende Wiedergabe des neuen Buches von Edward Feser: Scholastic Metaphysics. A Contemporary Introduction in diesem Blog zu schreiben. Feser Buch ist eines der besten Einführungen in dieses Thema in der letzten Jahrzehnte und viel ausführlicher als die kleinere Schrift von Rafael Hüntelmann  zum gleichen Thema, die allerdings auch einen sehr guten Überblick über das Thema liefert (und leichter verständlich ist). Feser geht aber umfassender auf aktuelle Debatten in der Gegenwartsphilosophie ein und setzt sich damit kritisch auseinander. Ich habe mich zu diesem Projekt entschlossen, weil sicher einige Leser sich außerstande sehen, ein solches Buch auf Englisch zu lesen. Zudem wird es dem Verlag sicher nicht schaden, wenn das Buch für deutsche Leser auf Deutsch zubereitet wird, zumal eine Übersetzung ins deutsche eher nicht wahrscheinlich ist.
Ich beginne gleich heute mit dem Prolegomenon, in dem Feser den Zweck des Buches erläutert und gleich gegen den Szientismus, also die Wissenschaftsgläubigkeit argumentiert.

Samstag, 5. April 2014

Tagungsband erschienen

Regelmäßige Leser meines Blogs erinnern sich noch an die erste Tagung zur neuen Scholastik im 21. Jahrhundert in Deutschland in Köln am Ende des vergangenen Jahres. Durch die fleißige Arbeit der Vortragenden und des Verlags editiones scholasticae, der Mitveranstalter und Promoter der Tagung war, ist der Tagungsband bereits erschienen. Der Band enthält alle Beiträge der Tagung und wurde von Rafael Hüntelmann, dem Verleger und Johannes Hattler, dem Direktor des Instituts herausgegeben.

Samstag, 22. März 2014

Sind Wesenheit und Existenz real verschieden?

Thomas von Aquin und die ihm folgenden Philosophen sehen im Unterschied zwischen der Wesenheit (das, was etwas ist) und Existenz, (dass es ist) einen realen Unterschied, also einen Unterschied, der nicht nur von uns gedacht wird. Bei Aristoteles finden sich bezüglich dieser Frage keine klaren Aussagen. Schon kurz nach Thomas wurde diese Auffassung des Unterschieds zwischen Wesenheit und Existenz durch Duns Scotus in Frage gestellt, der den Unterschied als „formale Differenz“ betrachtet und in der späteren Scholastik vertritt auch Franz Suarez die Auffassung, dass sich Wesenheit und Existenz nur „virtuell“ unterscheiden. In breiten Teilen der Gegenwartsphilosophie wird dieses Problem nicht mehr diskutiert, da man bestreitet, dass es überhaupt Wesenheiten gibt.

Mittwoch, 19. Februar 2014

Neue Einführung in die scholastische Metaphysik

Für eine besondere Überraschung sorgt der deutsche Verlag editiones scholasticae. Es ist dem kleinen Verlag mit internationalem Vertrieb für alle Länder Europas und den amerikanischen Kontinent gelungen, den bekannten US-amerikanischen Neuscholastiker Edward Feser für ein Buchprojekt zu gewinnen. Das Buch "Scholastic Metaphysics. A Contemporary Introduction" befindet sich derzeit im Druck und dürfte in zwei bis drei Wochen in Deutschland und Europa lieferbar sein. Für die USA wird Mai als Ausliefertermin genannt. Scholastiker konnte bereits einen Blick in das Buch werfen.

Montag, 13. Januar 2014

Gewissensentscheidung

In moralischen Debatten in den Medien hört man immer wieder zu dieser oder jener moralischen Frage, dass die Entscheidung darüber ob es z.B. erlaubt sein soll, seinem Leben ein Ende zu bereiten, wenn dieses von schwerem Leid geprägt ist, oder ob die Abtreibung eines Kindes im Mutterleib erlaubt ist, eine Gewissensentscheidung sei. Unter diesem Begriff versteht man dabei offensichtlich, wie aus dem Kontext zumeist klar wird, eine subjektive Entscheidung, die jeder für sich anders entscheiden kann. Es wäre deshalb ehrlicher man würde gleich sagen, diese Entscheidungen seien der subjektiven Willkür oder dem persönlichen Belieben überlassen so wie die Frage, ob man bestimmte Kunstwerke der Gegenwart schön findet. Denn eine Gewissensentscheidung, richtig verstanden, ist alles andere als subjektiv.

Donnerstag, 9. Januar 2014

Kausalität und die Philosophie des Geistes

Die Philosophie des Geistes ist eines der wohl umfangreichsten und intensivsten Forschungsgebiete der Gegenwartsphilosophie. Ihr Gegenstand ist die Frage nach dem Verhältnis, der Beziehung zwischen Geist und Körper, bzw, Geist und Gehirn. Sofern nicht völlig geleugnet wird, dass es so etwas wie Bewusstsein oder Geist gibt (Eliminativismus), wird diese Relation mit Hilfe der Kausalrelation und zwar nur mit Hilfe dieser Relation zu erklären versucht. Und genau darin besteht eines der wohl wichtigsten Probleme der Philosophie des Geistes.