Dienstag, 28. Juni 2016

Was beweisen die Gottesbeweise überhaupt?



Ein Einwand gegen die thomistischen Gottesbeweise, der sehr weit verbreitet ist und auch von Philosophen vorgetragen wird, die grundsätzlich den „fünf Wegen“ zugeneigt sind, lautet, dass die fünf Wege eine „erste Ursache“ oder einen „unbewegten Beweger“, eine „notwendige Entität“ etc. beweisen können, nicht aber, dass diese erste Ursache etc. mit Gott identisch ist. Wenn man die Argumente Thomas von Aquins für die Existenz Gottes ganz eng versteht, kann man diesen Einwand akzeptieren. Aber durch die Hinzunahme einer einzigen Prämisse ergibt sich in allen Fällen, dass diese erste Ursache oder dieser unbewegte Beweger Gott ist. Deshalb beendet Thomas jeden der fünf Wege auch mit dem Satz „und dies nennen alle Gott“. 


Allerdings belässt es Thomas nicht bei diesem Satz. In der Summa theologiae folgt im Anschluss an die fünf Wege die Erläuterung und Argumentation für die Eigenschaften Gottes und hier argumentiert Thomas, dass eine „erste Ursache“ oder ein absolut notwendiges Seiendes nichts anderes sein kann als Gott. Eine Entität, die jede Veränderung im Universum verursacht – angefangen von den Veränderungen der Atome, über die Veränderungen der Lebewesen bis hin zu den Bewegungen im Universum – kann nur das sein, was alle Gott nennen. Genauso stellen wir uns Gott vor: als ein allmächtiges Wesen, der alles bewirkt. Eine Entität, die absolut notwendig ist und so die Ursache aller kontingenten Dinge ist, auch eine solche Entität kann nur Gott sein, denn genau das ist es, was wir mit Gott meinen.

Eine Entität deren Wesenheit die Existenz ist und die nicht nicht existieren kann, was soll dies für eine Entität sein, wenn nicht Gott? Wenn man die Argumente Thomas von Aquins für die Existenz Gottes auch nur ein wenig betrachtet, wird man zu dem Ergebnis kommen, dass diese Argumente nichts Anderes beweisen als Gott, denn eine erste Ursache, eine Entität, deren Wesenheit die Existenz ist und die notwendig existiert, eine Entität die das höchste Seiende, das Sein selbst, ist, und allen Entitäten eine innerliche Ziel- und Zweckgerichtetheit mitteilt, eine solche Entität ist Gott.

Man könnte noch einwenden, dass diese Argumente vielleicht Gott beweisen aber nicht notwendigerweise einen Gott. Es könnte doch sein, dass es mehrere solcher Götter gibt. Doch auch dieser Einwand scheitert. Es kann nur ein Seiendes geben, dessen Wesen die Existenz ist und das deshalb das Sein selbst ist, reiner Akt, actus purus. Dies ergibt sich allein durch logische Betrachtung des Begriffs eines Seienden, dessen Wesen die Existenz ist.

Man kann aber durchaus zugestehen, dass Thomas zunächst nichts Anderes beabsichtigt, als die Existenz eines Wesens zu beweisen, das einzigartige Eigenschaften besitzt, die mit nichts direkt vergleichbar sind, das wir kennen. Eine solche „Eigenschaft“ ist z.B. die, ein unbewegter Beweger zu sein oder ein reiner Akt zu sein. Wenn man Argumente dafür anführen kann, dass es ein solches Wesen gibt, dann kann man mit weiteren Argumenten, die sich zum Teil aus diesen Eigenschaften ergeben, auch beweisen, dass es sich bei diesem Wesen tatsächlich um Gott handelt. Dies ist der Übergang zu der Argumentation für die Eigenschaften Gottes. Diese Eigenschaften folgen aus den Gottesbeweisen. Durch die Erkenntnis dieser Eigenschaften Gottes kommen wir zu einem besseren und tieferen Verständnis dessen, wer oder was dieser Gott ist und zwar ohne Bezugnahme auf die Offenbarung.

Zur Erkenntnis dieser Eigenschaften Gottes gibt es nach Auffassung Thomas von Aquins drei Wege: Diese drei Wege werden bezeichnet als via causalitatis, via negativa und via eminentia. Was ist damit gemeint? Der erste Weg zur Erkenntnis der göttlichen Eigenschaften geht so vor, wie wir auch gewöhnlich in unserer Erkenntnis fortschreiten: Wir kennen die Wirkungen und schließen von dort auf die Ursache, die Gott ist. Der Weg der Negation (via negativa) geht so vor, dass er von Gott alles das verneint, was in irgendeiner Weise einschränkend ist. Dazu gehört z.B. die Ausgedehntheit, die Farbigkeit und alle materiellen Eigenschaften, die Gott nicht zukommen können, da sie mit dem, was wir bereits aus den Gottesbeweisen von Gott kennengelernt haben, nicht vereinbar sind. Die via eminentia, der Weg der Steigerung, geht so vor, dass bestimmte Eigenschaften, die wir auch aus der Welt kennen, wie z.B. die Erkenntnisfähigkeit, Macht und Kraft oder auch die Güte, bis ins Unendliche gesteigert werden, denn Gott ist unendlich, wie die Gottesbeweise bereits deutlich gemacht haben. Diese drei Wege gehören zusammen und einer allein ist nicht ausreichend, um zu einer mehr oder weniger angemessenen Erkenntnis Gottes zu gelangen.

In den folgenden Blogbeiträgen werde ich einige der wichtigsten Eigenschaften Gottes vorstellen und dabei auf Einwände eingehen, die dagegen vorgebracht wurden. Vor allem die Eigenschaft der Einfachheit ist sehr umstritten, auch von Seiten theistischer Philosophen.

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