Freitag, 22. Januar 2021

Klassische aristotelische Logik: Band 1: Einführung und Band 2: Fortgeschrittene

 


Inzwischen ist der erste Band bereits in jeder Buchhandlung erhältlich und der zweite Band – die Fortsetzung des ersten Bandes – erscheint Mitte Februar. Die Vorworte und Einführungen mit dem Inhaltsverzeichnis möchte ich Ihnen heute präsentieren. Vielleicht bekommen Sie dadurch Lust, diese Einführungen in die klassische aristotelische Logik zu lesen. Nebenbei: So weit mir bekannt, ist dies die einzige deutschsprachige Einführung in die klassische Logik.


 

Warum klassische

aristotelische Logik?

 

 

Immanuel Kant hat einmal Aristoteles als den Vater der Logik bezeichnet. Die auf Aristoteles zurückgehende Logik war über 2000 Jahre die Grundlage für die gesamte Philosophie und Wissenschaft. Natürlich gab es im Verlauf der Geschichte eine Weiterentwicklung der Logik, deren Grundlage aber immer die Logik des Aristoteles geblieben ist. Erst im späten 19. Jahrhundert und dann vor allem im 20. Jahrhundert wurde im Zusammenhang mit der Mathematik eine Logik entwickelt, die in verschiedener Hinsicht die Grundlagen der aristotelischen Logik verlassen hat. Dazu später mehr.

 

Hinsichtlich der klassischen oder formalen Logik hat Kant also zweifellos Recht. Die klassische aristotelische Logik hat sich natürlich, wie schon gesagt, deutlich weiterentwickelt. Bereits in der Antike wurden z.B. von Seiten der Stoiker weitere Möglichkeiten der aristotelischen Logik entdeckt. Große Bedeutung hatte der griechische Philosoph Chrysippos von Soloi (279–206 v. Chr.), der eine klare Unterscheidung von Objekt, Bedeutung und sprachlicher Bezeichnung über Aristoteles hinaus entwickelte. Auch im Mittelalter gab es einige Weiterentwicklungen der klassischen formalen Logik. Besonders aber im 17. und 18. Jahrhundert machte die aristotelische Logik deutliche Fortschritte, und hier ist besonders der Philosoph und Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) zu nennen.

 

Eine neue Art der Logik wurde im frühen 19. Jahrhundert von dem englischen Philosophen John Stuart Mill (1806–1873) entwickelt, die sogenannte „induktive Logik“. Das Neue an dieser Logik besteht darin, dass von partikularen Sätzen auf allgemeine Aussagen geschlossen wird, was nach Aristoteles nicht möglich ist. Diese Art der Logik spielt aber für die modernen Naturwissenschaften eine wichtige Rolle, doch ihre Erkenntnisse haben immer nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit.

 

Am Ende des 19. Jahrhunderts und bis in das 20. Jahrhundert hinein wurde dann eine neuartige Methode der Logik entwickelt, die im Unterschied zur klassischen formalen Logik, die auf Aristoteles zurückgeht, weit mehr mit Mathematik zu tun hat als mit Philosophie (oder Theologie und anderen Geisteswissenschaften). Diese logische Methode wird deshalb auch oft als mathematische Logik bezeichnet, spielt aber in der Philosophie der Gegenwart, besonders in der analytischen Philosophie, eine zentrale Rolle. Diese moderne Logik beinhaltet zwei verschiedene, aber zusammengehörende Systeme: die Aussagenlogik und die Prädikatenlogik. Die wichtigsten Namen, die mit dieser modernen Logik verbunden werden, sind Gottlob Frege (1848–1925), Alfred North Whitehead (1861–1947) und Bertrand Russell (1872–1970). Praktisch alle modernen Lehrbücher zur Logik verwenden ausschließlich die moderne mathematische Logik. Sofern die klassische Logik noch Erwähnung findet, wird sie mit Hilfe der modernen logischen Symbolik dargestellt.

 

Warum schreiben wir dann aber eine klassische aristotelische Logik? Zunächst gibt es einen ganz einfachen Grund: Die klassische aristotelische Logik ist in verschiedener Hinsicht deutlich einfacher als die moderne mathematische Logik, und sie ist für die Zwecke der Philosophie, der Theologie und anderer Geisteswissenschaften völlig ausreichend und genauso hilfreich, wie sie es vor 2300 Jahren war.

 

Es gibt aber noch weitere Gründe, die aristotelische Logik zu bevorzugen. Zunächst einmal sind die beiden logischen Systeme, die traditionelle und die moderne Logik, sehr verschieden im Hinblick auf das, womit sie sich beschäftigen. Die klassische Logik beschäftigt sich vor allem mit den Beziehungen zwischen sprachlichen Ausdrücken, den Termen in einem Argument, in denen das Wort „sein“ (oder „ist“, „sind“, „bin“) als Verbinder zwischen den Termen verwendet wird. Am Beispiel dargestellt:

 

Alle Menschen sind sterblich.

Sokrates ist ein Mensch.

Also ist Sokrates sterblich.

 

Dieses Argument handelt von den Beziehungen zwischen den Ausdrücken „Mensch“, „sterblich“ und „Sokrates“.

 

Im Unterschied dazu handelt die moderne Logik von den Beziehungen zwischen Sätzen in einem Argument, ohne dabei die innere Struktur der Aussagen zu berücksichtigen. Damit begrenzt sich die moderne Logik auf ein hypothetisches Argumentieren und ignoriert das kategorische Argumentieren, wie es in der aristotelischen Logik üblich ist.

 

Dies wurde auch von verschiedenen klassischen Logikern bemängelt, wie z.B. von Peter Kreeft und Ronald Tacelli. Als Grund für diese neue Struktur der Logik, die nur die Relationen zwischen den Aussagen betrachtet, ohne die innere Struktur der Sätze zu untersuchen, haben sie die unterschiedlichen philosophischen Voraussetzungen der modernen und der klassischen Logik herausgestellt. Sie haben Folgendes analysiert (P. Kreeft & R. Tacelli 1994): Die klassische Logik ist eine Logik der linguistischen Ausdrücke. Diese drücken mentale Begriffe aus, welche reale Wesenheiten bzw. die Natur der Dinge repräsentieren. Das griechische Wort logos hat diese drei Bedeutungen. Modernen Philosophen sind aber Wesenheiten oder Naturen äußerst verdächtig und zweifelhaft. Was der gesunde Menschenverstand als selbstverständlich voraussetzt, wie dass Dinge reale Wesenheiten haben und dass diese von uns erkannt werden können, wird von modernen Philosophen seit Jahrhunderten in Frage gestellt. Die aristotelische Logik setzt aber die Existenz von Wesenheiten voraus und ebenso unsere Fähigkeit, diese zu erkennen. Nach dieser Auffassung sind unsere grundlegenden Ausdrücke, die Begriffe repräsentieren, die ihrerseits wieder Wesenheiten ausdrücken. Moderne Philosophen und die symbolische Logik hingegen lehnen den sogenannten metaphysischen Realismus ab, der dieser aristotelischen Philosophie zugrunde liegt. Sie vertreten hingegen einen metaphysischen Nominalismus (d.h., dass das, was man Wesenheiten nennt, nichts anderes sind als bloße Namen, lateinisch nomina, menschengemachte Etiketten). Die grundlegenden Einheiten dieser Philosophinnen und Logikerinnen sind nicht sprachliche Ausdrücke bzw. Worte, sondern Sätze, bzw., um den Fachbegriff zu verwenden, Propositionen. Diese Propositionen werden dann zu argumentativen Strukturen verbunden, so wie dies auch Computer tun: Wenn p, dann q; q, daher q.

 

Die Erwähnung des Computers in diesem Zusammenhang ist tatsächlich aufschlussreich, denn alle modernen Computer arbeiten heute mithilfe der modernen Logik, und sie wären gar nicht denkbar ohne diese mathematische Logik. Die moderne Logik lässt sich deshalb auch damit beschreiben, dass man sagt, dass sie wie ein Computer denkt. Aber Menschen sind keine Computer. Computer sind nicht in der Lage zu erkennen, was etwas ist, die Wesenheit oder die Natur einer Sache. Für die Programmierung von Computern, ohne die unser heutiges Leben gar nicht mehr denkbar wäre, ist die moderne Logik ein geeignetes und sehr hilfreiches Mittel. Aber das menschliche Denken unterscheidet sich vom „Denken“ eines Computers, und für dieses menschliche Denken und Erkennen ist die klassische aristotelische Logik das beste Mittel. Menschen haben eine Seele und sie haben die Fähigkeit, Wesenheiten zu erkennen, die Natur der uns umgebenden Dinge zu verstehen. Dazu ist die moderne Logik und dazu sind Computer nicht in der Lage, und sie werden dazu auch prinzipiell nicht in der Lage sein. Deshalb gibt es einige traditionelle Logiker, die sogar behaupten, dass die moderne Logik gar keine Logik sei, sondern eher die Wissenschaft von mathematischen, nichtlogischen Beziehungen. In den Anfangszeiten der modernen Logik wurde diese Wissenschaft deshalb auch gelegentlich als „Logistik“ bezeichnet.

 

Diese Überlegungen sollten uns überzeugen, dass es durchaus sinnvoll ist, die weiterentwickelte klassische aristotelische Logik zu studieren, insbesondere als Vorbereitung für das Studium der Philosophie und als ein hervorragendes Werkzeug, um Philosophie, Theologie oder andere Geisteswissenschaften zu betreiben, aber auch um richtiges und gutes Argumentieren zu erlernen.

 

Wer die moderne Logik kennenlernen möchte, dem empfehle ich das im gleichen Verlag erschienene Buch von Ludwig Neidhart: Einführung in die formale Logik.

 

 

 

Vorwort zu Band 2

 

Der vorliegende zweite Band des Grundkurses klassische aristotelische Logik thematisiert die verschiedenen Arten des Syllogismus. Es werden deduktive Ableitungen mit der Behandlung der verschiedenen Figuren und Modi des einfachen Syllogismus verbunden und zusätzlich die komplexen und hypothetischen Syllogismen vorgestellt. Abschließend gibt es ein Kapitel zu dem obliquen Syllogismus, der eine Variante des traditionellen kategorialen Syllogismus ist. Damit ist die formale Logik vollständig dargestellt. Im dritten Band folgt dann abschließend die materiale Logik, die in der modernen mathematischen Logik nicht vorkommt. Für die materiale Logik sind die beiden Bände zur formalen Logik Voraussetzung.

 

Dieser Band zur klassischen aristotelischen Logik richtet sich an Schüler der oberen Jahrgangsstufen und Studierende im Grundstudium, aber natürlich auch an alle, die an einer Einführung in die Logik und an Themen der korrekten Argumentation interessiert sind.

 

Wie schon im ersten Band der Reihe möchte ich auch hier einige Bemerkungen zur Beziehung zwischen der klassischen aristotelischen und der modernen mathematischen Logik vorausschicken, denn es werden hier bestimmte Themen nicht behandelt, die in anderen Einführungskursen zur Logik angesprochen werden. So finden Sie in diesem Buch z.B. keine Wahrheitstafeln oder andere Merkmale des modernen Logikkalküls, da sie nicht zur traditionellen Logik gehören und auch für eine philosophische Logik nicht notwendig sind. Ich habe diese Vorgehensweise schon im ersten Band damit begründet, dass die moderne symbolische Logik und die aristotelische Logik unterschiedliche philosophische Voraussetzungen haben. Die klassische aristotelische Logik ist gegründet auf einen metaphysischen Realismus. Daher finden hier Terme und ihre Beziehungen zueinander besondere Beachtung, weil sie für Begriffe stehen, die ihrerseits reale Wesenheiten und andere Universalien repräsentieren. Die fortgesetzte Debatte über die Frage, wie wir etwas wissen können, wird von der traditionellen Logik dadurch beantwortet, dass es Dinge unabhängig von uns gibt und dass diese in ihrer Wesenheit mehr oder weniger gut so erkannt werden können, wie sie sind. Die moderne Logik hingegen setzt einen metaphysischen Nominalismus voraus. Dies ist die Vorstellung, dass Terme nichts anders als Etiketten seien, die nur zu unserer Bequemlichkeit eingeführt werden, aber nicht notwendigerweise irgendetwas Reales bezeichnen, das auch unabhängig von uns existiert.

 

Das führt zu verschiedenen Problemen, die sehr technischer Natur sind und hier nicht diskutiert werden können. Jedenfalls ist dieses Buch auf einen älteren philosophischen Ansatz gegründet, der nach meiner Überzeugung deutlicher eine realistische Weltsicht sichtbar macht und einer auch modernen scholastischen Philosophie besser entspricht. Allerdings möchte ich auch betonen, dass ich das Studium der modernen mathematischen Logik nicht für sinnlos halte. Im Gegenteil! Die moderne Logik hat erhebliche Fortschritte mit sich gebracht, und sie wird für all diejenigen, die diesen Grundkurs studiert haben, viel einfacher zugänglich und verständlich sein. Wer die moderne Logik kennenlernen möchte, dem empfehle ich erneut die im selben Verlag erschienene Einführung in die formale Logik von Ludwig Neidhart.

 

 

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