Samstag, 25. Februar 2012

Relationen


Relationen oder Beziehungen sind Verhältnisse zwischen zwei oder mehreren Entitäten. Zu einer Relation gehören die aufeinander bezogenen Dinge, der Grund der Beziehung und die Beziehung selbst. Subjekt der Beziehung ist dasjenige, von dem die Beziehung ausgesagt wird und dasjenige, worauf das Subjekt sich bezieht heißt Terminus (auch Ziel genannt). Eine Kritik der modernen Philosophie an der Scholastik ist, dass sie die Natur der Relationen nicht erfasst hat; eine Kritik übrigens, die auf den Nominalismus tatsächlich zutrifft, nicht jedoch auf die realistische Philosophie der Scholastik. Allerdings unterscheidet sich diese Theorie der Relationen deutlich von der moderner Philosophen wie z.B. Bertrand Russell, der Relationen als zwei oder mhrstellige Universalien analysiert hat.






Russell unterscheidet nicht zwischen logischen und realen Relationen, sondern für ihn gibt es, in der Terminologie der Scholastik, nur logische Relationen. Die Scholastik unterscheidet hingegen eine Vielzahl von Relationsarten, von denen wir hier nur die wichtigen nennen wollen.

Zunächst gibt es die transzendentalen Relationen, das sind solche Beziehungen die zum Wesen eines Seinsinhalts gehören und zu diesem Inhalt selbst nichts hinzufügen. Dies hört sich sehr abstrakt an; ich will es an einem Beispiel erläutern. Die Potenz ist ihrem Wesen nach nichts anderes als die Hinordnung zu einem Akt wie dies im Verhältnis von Leib und Seele deutlich wird: Der Leib ist wesensmäßig auf die Seele hingeordnet und zerfällt (stirbt), wenn diese Hinordnung aufhört. Auch das Akzidens ist wesensmäßig auf die Substanz hingeordnet, sie ist immer Akzidens an einer Substanz.

Eine echte Relation liegt dann vor, wenn die Beziehung zu einer Sache äußerlich hinzukommt und nicht im Wesen der bezogenen Entitäten enthalten ist. Bei diesen echten oder eigentlichen Relationen unterscheidet man zwischen logischen und realen, bzw. prädikamentalen Relationen. Diesen Unterschied macht die moderne, analytische Metaphysik nicht, da sie häufig logische und reale Welt identifiziert.

Eine logische Relation ist eine solche, die durch unser Denken hergestellt wird. Beispiele dafür sind die Beziehung zwischen Subjekt und Prädikat im Satz, die Identität des Dinges mit sich selbst oder die Beziehung des Nichts zum Sein, die es alle in der Realität nicht gibt, sondern nur im Denken. Dies besagt freilich nicht, dass logische Relationen ohne jede Beziehung zur Wirklichkeit sind, denn die Beziehung zwischen Subjekt und Prädikat zum Beispiel findet einen Anhalt im "Verhältnis" von Eigenschaft und Substanz, obwohl dies kein wirkliches Verhältnis ist, weil die Substanz ihre Eigenschaften gewissermaßen enthält.

Beziehungen, die unabhängig von unserem Denken bestehen und somit echte, reale Relationen sind, werden auch prädikamentale oder kategoriale Relationen genannt, weil sie eine eigene Kategorie z.B. in der aristotelischen Kategorientafel darstellen. Hierzu gehören Relationen wie die Freundschaft, die Vaterschaft und zahlreiche andere Beziehungen. Kategoriale Relationen sind definiert als Beziehungen, die zur Substanz hinzukommen (also Akzidentien sind) und deren Seinsweise darin besteht, dass sie dem Subjekt ein wirkliches Hingeordnetsein auf ein anderes verleihen. (vgl. Bernard Kälin: Lehrbuch der Philosophie, S. 127).

Die Realität dieser Relationen hängt von vier Bedingungen ab: (a) das Subjekt, das bezogen wird, muss real sein (z.B. der Vater, der Freund); (b) das, worauf es sich bezieht (Terminus) muss ebenfalls real sein (z.B. die Tochter oder der Freund); (c)  Subjekt und Terminus müssen real verschieden sein und (d) der Beziehungsgrund, also das, weshalb Subjekt und Terminus aufeinander bezogen sind, muss auch real sein (z.B. die Zeugungstätigkeit, die Liebe).

Schon an dieser kurzen Darstellung erkennt man, dass die Relationstheorie der Scholastik sehr differenziert und klar ausgearbeitet ist. Weder bestreitet diese Theorie, dass es überhaupt Relationen gibt, bzw. dass alle Relation bloß gedanklich sind, wie die Nominalisten, Descartes oder Kant, noch behauptet sie, dass alle Relationen real sind.Wesentlich für die Realität der Relation ist aber das Fundament der Relation, also dasjenige, durch das das eine auf das andere bezogen ist und der Terminus, also das Ziel der Relation. Wenn es keine wirklich Grund gibt, dann ist auch die Beziehung nicht wirklich, sondern nur logisch.

Die Scholastik ist eine große Fülle verschiedener Arten prädikamentaler Relationen unterschieden. Diese Differenzierung geht aus von der Unterscheidung zwischen Beziehungen auf Grund von Tätigkeiten oder auf Grund von vergleichbaren Seinsinhalten. Bei ersteren werden immanente von transeunten Relationen unterschieden, bei letzterem übereinstimmende und nicht übereinstimmende Seinsinhalte. Dies soll hier nicht weiter ausgebreitet werden und kann im bereits genannten "Lehrbuch der Philosophie" von Kälin oder in vergleichbaren Lehrbüchern nachgelesen werden. Bei konkreten philosophischen Fragestellungen werden wir darauf zurückkommen und diese Theorie anwenden.

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