Eine räumliche Veränderung ist gegeben, wenn ich mit meinem Auto von München nach Düsseldorf reise. Alle diese Veränderungen haben eines gemeinsam: ihnen liegt etwas zugrunde, an dem die Veränderung geschieht, nämlich das Ding, das verändert wird.
Bei der substantiellen Veränderung ist dies nicht so einfach. Eine substantielle oder Wesensveränderung besteht darin, dass eine bestimmte Substanz zerstört wird und eine neue entsteht. Ein Beispiel: Nehmen wir an, mein Auto ist schon recht alt und einen Käufer findet es nicht mehr. Ich gebe es zum Schrotthändler, der es an ein Stahlwerk weiterverkauft, nachdem er alle verwertbaren Teile ausgebaut hat. Das Stahlwerk schmilzt nun die gesamte Karosserie mit dem Motorblock ein und verarbeitet den Stahl dann zu Eisenbahnschienen. Man kann auch andere Beispiele nehmen, bei denen ein Ding vollständig zerstört wird und dessen Material zu etwas anderem verwertet wird, oder auch nicht. Ein Mauer die vollständig eingerissen wird und deren Steine zu Schotter zermahlen wird. Eine derartige Veränderung ist mit den Mitteln der modernen analytischen Philosophie nur schwer zu erklären. Hier ist nämlich kein Ding, an dem die Veränderung sich vollzeiht, übrig. Das Auto wird vollständig zerstört, die Mauer ebenso. Das eine Ding hört auf zu existieren und ein anderes Ding beginnt zu existieren. Doch für jede Veränderung gilt, dass dieser etwas zugrunde liegen muss. Und dies Zugrundeliegende bei der substantiellen Veränderung ist die Materie.
Es gibt drei verschiedene Arten dies zu erklären. Zunächst kann man bestreiten, dass es substantielle Veränderungen gibt, bzw. dass es hier ein Zugrundeliegendes der Veränderung bedarf. Wäre dies der Fall, dann lässt sich eine Veränderung wie die, dass das Auto vollständig zerstört wird und die Veränderung, bei der es grün lackiert wird, nicht unterscheiden. Denn was verändert sich, wenn das Auto zu Stahl geschmolzen wird? Man wird sagen: das Auto! Doch dies ist zweideutig, denn das Auto verändert sich auch, wenn es grün lackiert wird. Wie können wir dann zwischen diesen beiden Arten der Veränderung unterscheiden?
Der Unterschied zwischen substantieller und akzidenteller Veränderung ist ein objektives Phänomen, das sich nicht bestreiten lässt. Es ist deshalb Leugnung einer Tatsache, wenn man behauptet, alle substantiellen Veränderungen seien nichts anderes als akzidentelle, oder umgekehrt, alle akzidentelle Veränderung sei letztlich substantiell. Wenn man daher bestreitet, dass jeder Veränderung etwas zugrunde liegt, an dem sich die Veränderung vollzieht, dann muss man auf andere Weise erklären, was denn geschieht, wenn eine Substanz sich in eine numerisch verschiedene andere Substanz verwandelt. Und hier bleibt nur eine Möglichkeit offen: man erklärt diese Veränderung durch Vernichtung und Erschaffung. Das Auto, das eingeschmolzen wird, wird vollständig vernichtet und ersetzt durch die völlig neu erschaffenen Eisenbahnschienen.
Das Problem bei dieser Erklärung ist allerdings, dass es in der Natur keine vollständige Vernichtung und ebenso keine vollständige Neuschöpfung gibt. Bei jeder Vernichtung bleibt zumindest das Material erhalten und bei jeder menschlichen Schöpfung, wird Material verwendet, das bereits vorhanden ist. Schöpfung und Vernichtung sind, genau gesagt, das Hervorbringen von etwas neuem aus nichts und die Vernichtung von etwas zu – nichts.
Folglich ist eine substantielle Veränderung etwas anderes als Vernichtung und Erschaffung. Es ist die Aktualisierung einer vorhandenen Potenz die eine bestimmte Substanz in Beziehung zu einer anderen Substanz besitzt. Autos können zu Eisenbahnschienen verändert werden, aber nicht zum Beispiel zu Gras. Diese Potenz ist es, die die Veränderung des Autos zu den Eisenbahnschienen überdauert und diese Potenz wird aktualisiert, wenn das Auto eingeschmolzen und zu Schienen gewalzt wird. Und diese Potenz liegt in der Materie, denn Materie wurde als Potenzialität definiert. Die potenzielle Materie ist das, was alle substantiellen Veränderungen überdauert und hier wird die enorme Bedeutung dieses Prinzips für die Philosophie deutlich, da es Phänomene zu erklären vermag, die sonst nicht erklärbar sind.
(Weiteres zum Thema bei: David S. Oderberg. Real Essentialism, New York, London 2007, S. 71ff.
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