Samstag, 23. Januar 2016

Thomistische Einführung zur Religionsphilosophie



Der Verlag EDITIONES SCHOLASTICAE hat in seinem gestrigen Newsletter einige wirklich interessante Neuerscheinungen angekündigt. Darunter befindet sich nicht nur die erste deutsche Übersetzung des Kommentars Thomas von Aquins zu Aristoteles Metaphysik  (dazu in einem späteren Blogbeitrag), sondern auch ein neuer Grundkurs Philosophie. Es handelt sich bereits um den fünften Band der Reihe Philosophie des gesunden Menschenverstandes, diesmal mit dem Thema „Die Existenz Gottes“.




Thema des neuen Grundkurses ist die natürliche Theologie, also die Gotteserkenntnis aus bloßer Vernunft, ohne Bezugnahme auf irgendeine Offenbarung. Hierzu stellt Hüntelmann drei Fragen: (1) Was ist natürliche Theologie? (2) Wozu natürliche Theologie? und (3) Ist natürliche Theologie möglich? Wie im ganzen Buch, werden immer aktuelle Positionen der Religionsphilosophie thematisiert und kritisch diskutiert.

Im Mittelpunkt dieses Bandes stehen die Gottesbeweise Thomas von Aquins, die sogenannten „fünf Wege“, die in zeitgemäßer Darstellung vorgestellt werden. Sehr hilfreich, besonders für Studierende der Philosophie, ist die Verteidigung der fünf Wege gegen alle wichtigen modernen Einwände, was wesentlich zum besseren Verständnis der thomistischen Gottesbeweise beiträgt und die Darstellung zugleich lebendig macht. Obwohl bereits bei der Vorstellung der „fünf Wege“ stets auf kritische Einwände gegen Thomas Bezug genommen wird, gibt es sogar ein eigenes Kapitel, in dem die wichtigsten Einwände im Zusammenhang vorgestellt und widerlegt werden. Gerade dadurch ist auch dieser Grundkurs gut zum Studium der Religionsphilosophie geeignet, weil er die Grundzüge der modernen Religionsphilosophie und Religionskritik diskutiert.

Zu diesem Hauptabschnitt „II. Gottesbeweise“ gehört denn auch ein weiteres Kapitel, in dem andere, sowohl klassische als auch insbesondere moderne Gottesbeweise vorgestellt und diskutiert werden. Hier finden sich z.B. die ontologischen Gottesbeweise von Anselm von Canterbury über Descartes, Leibniz bis hin zu Alvin Plantinga, aber auch eine sehr kritische Diskussion der Intelligent-Design-Theorie. Weiterhin werden moderne kosmologische Gottesbeweise diskutiert und insbesondere die Wahrscheinlichkeitsbeweise von Richard Swinburne, dem derzeit wohl bekanntesten Religionsphilosophen, der im vergangenen Jahr seinen 80. Geburtstag gefeiert hat.

Im dritten Hauptteil behandelt der Autor dann die Eigenschaften Gottes, also die grundlegenden Bestimmungen Gottes in der natürlichen Theologie, wie Allmacht, Allwissenheit, Unveränderlichkeit, Ewigkeit usw. Auch in diesem Teil wird Einwänden gegen die klassische natürliche Theologie ein breiter Raum gegeben, wie z.B. Einwänden gegen die Ewigkeit Gottes. Hier wird z.B. vorgebracht, dass Gott, wenn er ewig ist, all unsere Handlungen bereits kennen muss, wir also nicht frei sein können und auch unsere Gebete und Bitten sinnlos sind, weil Gott sie bereits alle kennt.

Zum Ende hin wird in einem eigenen Exkurs das Wesen der Wunder untersucht und schließlich im letzten Teil der Frage nachgegangen, warum es so viel Leid auf dieser Welt gibt, wenn es doch einen gütigen Gott gibt. Bekanntlich ist das Argument des Leids in der Welt der wichtigste Einwand gegen die Existenz Gottes.

Das Buch ist für alle, die an einer natürlichen Theologie auf der Grundlage Thomas von Aquins interessiert sind, sicher von großem Interesse. Darüber hinaus ist es aber auch für alle Studierenden der Philosophie eine Bereicherung, zumal es einfach, lebendig und gut lesbar geschrieben ist und die thomistische Philosophie so vorstellt, dass sie in eine Auseinandersetzung mit der Gegenwartsphilosophie gebracht wird.

Bestellt werden kann das Buch in jeder Buchhandlung oder bei Amazon

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