Mittwoch, 25. Juli 2018

Notizen zu einem grundlegenden Unterschied


In der klassischen Wissenschaft und Philosophie werden die Beziehungen und das Verhalten von Dingen abgeleitet aus dem, was diese Dinge sind, aus ihrer Wesenheit.



In der modernen Wissenschaft und Philosophie wird die Frage, was die Dinge sind, als unerkennbar beiseitegestellt und allein das Verhalten und die Beziehungen der Dinge zueinander untersucht, d.h. es werden ausschließlich quantitative Aspekte der Dinge in den Blick genommen und daraus Schlüsse gezogen, die zukünftiges Verhalten der Dinge vorhersagen sollen.




Naturgesetze

Moderne Naturgesetze sagen nur etwas über die Beziehung der verwendeten Ausdrücke zueinander, aber nichts darüber, was diese verwendeten Ausdrücke bezeichnen. Der Ausdruck Bewegung wird mit den Ausdrücken Masse und Beschleunigung in Korrelation gesetzt um daraus ein Gesetz zu beschreiben. Es wird nicht gesagt, was Bewegung selbst ist, oder was Masse und Beschleunigung sind. Die aristotelische Wissenschaft hingegen würde aus dem Begriff, bzw. dem Wesen der Bewegung (Aktualisierung einer Potenz, sofern sie in Potenz ist), erklären, wie sich Bewegung zu Masse und Beschleunigung verhält, was sich allerdings nicht in einem mathematisch formulierbaren Gesetz ausdrücken läßt.



Klassische und moderne Logik

Dies ist der Hintergrund des Unterschieds zwischen moderner Logik und klassischer Logik, moderner Wissenschaft und Philosophie und klassischer Wissenschaft und Philosophie.



Die moderne Logik ist daher auch nicht in der Lage, Was-Aussagen logisch zu erfassen und zu beantworten. In der klassischen Logik ist es der Inhalt eines Satz, den wir verstehen, der darüber entscheidet, ob der Satz wahr ist, oder nicht. Dies gilt nicht von der modernen Logik. Ob ein Satz wahr ist wird hier durch eine Wahrheitstafel entschieden, die völlig unabhängig davon ist, was der Inhalt eines Satzes ist.

Wenn ich in der klassischen Logik sagen: Ein moderner Logiker ist ein Mensch, dann ist diese Aussage wahr, sofern es zutrifft, dass Logiker Menschen sind, was ganz offensichtlich der Fall. Ein solcher Satz muss in der modernen Logik umformuliert werden in: Wenn x ein Logiker ist, dann ist x ein Mensch, oder formal L(x) --> M(x). Dieser Satz ist aber wahr oder falsch aufgrund des logischen Verbinders „wenn-dann“, der genau dann zu einem falschen Satz führt, wenn der Vordersatz wahr und der Nachsatz falsch ist. In allen anderen Fällen ist der Satz wahr. Wahrheit oder Falschheit ist hier aber nicht abhängig von dem Inhalt der einzelnen Sätze, sondern von dem Satzverbinder, also rein formal. Daher sagt diese Logik nichts über den Inhalt, über das, was in diesen Sätzen ausgesagt wird.



Eine Folge von Fragen und Antworten wie: „Was ist das da?“ „Das ist ein Quadrat?“, „Was ist ein Quadrat?“, „Ein Quadrat ist eine gradlinige Figur mit vier gleichen Seiten“, lässt sich mit Hilfe der modernen Logik nicht behandeln. Die moderne Logik kann keine Was-Aussagen formulieren.



Daraus folgt z.B., dass die moderne Philosophie und insbesondere die Ontologie logische, also nicht reale Sachverhalte mit ontologischen Sachverhalten identifiziert werden. Man geht davon aus, dass die Logik die Struktur der Welt selbst widerspiegelt und daher mehr oder weniger 1:1 übertragen werden kann. Dazu findet sich in diesem Blog ein ausführlicher Beitrag



Analytische und synthetische Aussagen: Eine Unterscheidung ohne Realitätsbezug

Analytische Sätze, Aussagen oder Propositionen sind nach herkömmlicher Auffassung solche Sätze, bei denen das Prädikat im Satzsubjekt enthalten ist. „Alle Junggesellen sind unverheiratete Männer“ ist ein solcher Satz. Derartige Sätze sind, ebenfalls nach moderner Auffassung, nicht informativ, da sie nichts über die Welt aussagen. Henry Veatch (Two Logics, 1969) hat gezeigt, dass es nach der klassisch-aristotelischen Auffassung überhaupt keine analytischen Sätze gibt. Solche Sätze sind Was-Sätze, die etwas über das Wesen einer Sache aussagen und nicht etwas über Begriffe oder Worte. Sie sagen in unserem Beispiel, dass das Wesen des Junggesellen darin besteht, ein unverheirateter Mann zu sein, oder dass das Wesen der Körper darin besteht, ausgedehnt zu sein. Und dies sind durchaus informative Aussagen über die Welt, wie sie beschaffen ist, und nicht Aussagen über den Gebrauch von Wörtern oder Begriffen.



Man könnte nun meinen, dass, wenn solche Sätze nicht analytisch sind, nichts anderes übrigbleibt, als sie als synthetische Aussagen zu bestimmen. Nach der üblichen Einteilung geht man davon aus, dass alle Aussagen oder Propositionen entweder analytisch oder synthetisch sind. Kant hat eine dritte Kategorie von Sätzen eingeführt, die synthetisch-apriorischen Sätze, gewissermaßen eine Mischform aus synthetischen und analytischen Urteilen, die wir aber hier beiseitelassen können. Henry Veatch hat aber argumentiert, dass Sätze der genannten Art, wie „Alle Körper sind ausgedehnt“ auch keine synthetischen Urteile sind. Gleichwohl sind solche Sätze notwendige Wahrheiten. Doch was bedeutet das? Wenn wir davon ausgehen, dass die Dinge das sind, was sie sind, dass nichts existiert, ohne dass es etwas ist, dann ist das, was ein Ding ist, notwendig und nicht zufällig. Natürlich ist das, was ein Ding ist, seine Wesenheit, oft nicht einfach zu erkennen. Doch das ändert nichts an der ontologischen Tatsache, dass die Wesenheit eines Dinges notwendig ist, dass es diese Wesenheit notwendigerweise besitzt, bzw. das Was-Sätze immer notwendigerweise wahr sind.



Dies bedeutet nun, dass solche Was-Sätze nicht aufgrund ihrer logischen Struktur notwendigerweise wahr sind, sondern sie sind material notwendig wahr, d.h. aufgrund der Tatsachen in der Welt, aufgrund dessen, dass die Dinge das sind, was sie sind. Die Einteilung der Sätze in analytische und synthetische hingegen bezieht sich ausschließlich auf die logische Struktur der Sätze und leitet davon ab, ob ein Satz analytisch ist und deshalb notwendig, oder eben synthetisch und deshalb eine kontingente Wahrheit ausspricht. Deshalb ist die Einteilung der Sätze in synthetische und analytische irrelevant in Bezug auf Was-Sätze.

2 Kommentare:

  1. Moderne Logik ist natürlich ein weiter Begriff. In der Bergmann-Schule, die eine realistische Auffassung der Logik hat, gibt es analytische Tatsachen. Das sind solche, die aus logischen Gesetzen logisch folgen. Was-Aussagen stellen nach deren Auffassung meist Tatsachen dar, durch die mehrere Universalien mit einer Entität verbunden werden. Dass jemand ein Logiker ist, wäre eine Tatsache, die unter anderen auch die Universalien, die zu einem Menschen gehören, mit diesem verbindet. Deswegen wäre es ein analytische Tatsche, dass ein Logiker ein Mensch ist. Auch die Aussage, dass alle Körper ausgedehnt sind, würde als sprachliche Darstellung einer analytischen Tatsache angesehen. Der Bergmann-Schule liegt es fern, logische (also analytische) Tatsachen mit ontologischen zu identifizieren.

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  2. Eine "realistische Auffassung der Logik" ist genau das, was hier in Frage steht. Dies bedeutet doch, dass die Logik die Realität selbst widerspiegelt. Dies wird aber von der klassischen Logik bestritten. Logische Gesetze sind Gesetze der Sprache bzw. des Denkens (das sprachlich verfasst ist). Die Verbindung einer Universalie mit einem Individuum ist eine äußerliche Verbindung. Das jemand ein Mensch ist, ist diesem Menschen aber nicht äußerlich, sondern genau das, WAS er ist, nämlich ein Mensch. Sprachlich hingegen ist die Universalie durch das Wort "ist" mit einem bestimmten Individuum verbunden. In der modernen Logik und Ontologie werden Wesenheiten gleichermaßen geleugnet und das gilt auch, so weit ich weiß, für die Bergmann-Schule.

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