Montag, 19. Dezember 2022

Agenskausalität – per accidens und per se


 Der folgende Artikel wurde in der aktuellen Ausgabe der polnischen Fachzeitschrift für Philosophie und Theologie, Studia Elbląskie XXIII (2022), veröffentlicht. Er behandelt ein zentrales Thema der scholastischen Philosophie, nämlich die Theorie der Wirkursachen, bei der es eine Unterscheidung zweier verschiedener Arten gibt. Dieses Argument spielt bei den Gottesbeweisen Thomas von Aquins eine wichtige Rolle. Obwohl der Beitrag für eine Fachzeitschrift verfasst wurde und daher etwas schwierig sein kann, glaube ich, dass philosophisch Interessierte dennoch davon profitieren können.

 

 

Von Rafael Hüntelmann

 

Zusammenfassung

Sofern die Agenskausalität in der Gegenwartsphilosophie noch eine Rolle spielt, wird nicht mehr unterschieden zwischen Kausalität per accidens und Kausalität per se. Anhand verschiedener Beispiele werde ich die Bedeutung dieser Unterscheidung für die philosophische Analyse herausstellen. Weiterhin sollen die zentralen Bestimmungen dieser beiden Arten der Agenskausalität dargestellt werden und daraus Schlussfolgerungen für die Kausaltheorie gezogen werden.

 

Agens- und Ereigniskausalität

Die klassische aristotelisch-thomistische Philosophie kennt vier Arten der Kausalität. Neben der effizienten Kausalität werden die Ziel- oder Zweckursache, die Formursache und die Materialursache bei der Analyse von Ereignissen und Veränderungen herangezogen. Jede Wirkursache ist immer auf ein Ziel gerichtet, das aus der Form einer Substanz folgt, die ihrerseits eine Materie informiert. Die neuzeitliche Philosophie macht zunächst mit den drei zuletzt genannt Ursachen Schluss, und zwar ohne dafür eine rationale Begründung anzuführen. Übrig bleibt zunächst die Agenskausalität, die in der frühen Neuzeit bei Descartes und Leibniz erhalten bleibt, auch wenn sie eine Neuinterpretation erhält.

Durch den Einfluss David Humes (2015, 37ff.) auf die analytischen Gegenwartsphilosophie wurde die Agenskausalität weitgehend durch die Ereigniskausalität ersetzt. Unter Agenskausalität verstehe ich eine Theorie der Kausalität, bei der ein Agens, ein Tätiges, als Wirkursache für eine Veränderung oder Entstehung angenommen wird. Ereigniskausalität ist hingegen die Theorie, dass es verschiedene Ereignisse sind, die andere Ereignisse verursachen. „Ursachen“ im strengen Sinne des Wortes gibt es bei der Ereigniskausalität nicht, sondern Kausalität wird verstanden im Sinne eines konditionalen Satzes der Form, wenn X, dann Y. Ein Ereignis X wird gefolgt von einem Ereignis Y. In welchem Sinne diese Beziehung notwendig ist, ist dabei umstritten.

Ich möchte in diesem Artikel nicht auf die Diskussion über Agens- und Ereigniskausalität eingehen, sondern beschränke mich auf die Agenskausalität. Eine sehr ausführliche kritische Auseinandersetzung mit den Theorien der Ereigniskausalität findet sich bei Uwe Meixner (2001), der die völlige Unhaltbarkeit dieser Theorien deutlich macht, da sie letztlich keine kausale Erklärung liefern. Auch in der analytisch orientierten Gegenwartsphilosophie gibt es weiterhin Vertreter der Agenskausalität (Uwe Meixner 1997, ders. 2001), allerdings wird in diesen Theorien oftmals der Begriff der Kausalität per se nicht thematisiert und Agenskausalität nur im Sinne der Kausalität per accidens verstanden. Dieser Unterschied ist aber von zentraler Bedeutung für die klassische Philosophie, insbesondere für die aristotelisch-thomistische Tradition der Philosophie.

 

Der Unterschied

Die klassische Unterscheidung der beiden Arten der Agenskausalität bezieht sich auf den Unterschied von Erst- und Zweitursache. Im bekannten Dictionary of Scholastic Philosophy (1956) von Bernard Wuellner S.J. finden sich die klassischen Definitionen dieser beiden Arten der Kausalität. Über die causa per se (im englischen auch proper cause genannt) schreibt Wuellner:

 

the precise cause which is required for producing this particular type of effect; a cause which has its own special, natural, and immediate connection with this kind of effect. Thus, God is the proper cause of existence; a human being is the proper cause of meaningful speech; a camera and photographic plate is the proper cause of a snapshot. The proper cause prescinds from accidental or causally non-relevant associations with either the cause or the effect.”

 

Zur akzidentellen Ursache heißt es im Dictionary:

 

some attribute of the cause or some feature accompanying the effect which however has no influence in the causal process nor in the origin of the effect; something incidental to the cause or effect or coincidental. Thus, Michelangelo carved the Pietà as a sculptor, not as someone who spoke Italian, His Italian speech is an accidental cause of the Pietà.”

 

Diese Bestimmungen der beiden Ursachenarten beziehen sich auf die Kausalität freier Handlungen, also menschlicher Handlungen. Hier hat der Begriff der causa per se die Bedeutung einer intendierten Wirkung, während die causa per accidens eine zufällige und nicht intendierte Wirkung des frei Handelnden bedeutet. In einer anderen und allgemeineren Hinsicht werden die beiden Ursachenarten hinsichtlich der Wirkung unterschieden, ob diese aus der Natur, also dem Wesen einer Entität folgt (causa per se) oder ob die Wirkung eher beiläufig ist. Zur Natur eines Kastanienbaums gehört es, Kastanien hervorzubringen, um sich fortzupflanzen. Dass der Kastanienbaum auch als Nistplatz verschiedener Vögel dient, ist hingegen eine akzidentelle Ursache des Kastanienbaums.

Die Unterscheidung, die ich hier im Besonderen diskutieren möchte und die auch von Edward Feser (2014, 88-159) und Gaven Kerr (2019,107ff) betont wird, bezieht sich auf zwei verschiedene Arten effizienter Kausalketten. Bei einer per se geordneten Kausalkette sind alle Glieder mit Ausnahme der ersten Ursache instrumentelle Ursachen, während dies bei einer per accidens geordneten effizienten Kausalkette nicht der Fall ist. Natürlich gibt es eine Beziehung zwischen den beiden verschiedenen Verwendungsweisen der Begriffe causa per se und causa per accidens, doch können wir diese für unsere Fragestellung hier im Weiteren außer Acht lassen.

Die für die scholastische Kausaltheorie zentrale Unterscheidung zwischen Kausalität per se (causa per se) und Kausalität per Akzidenz (causa per accidens) findet sich in der Scholastik nicht nur bei Thomas von Aquin, sondern ebenso bei Duns Scotus und fast allen anderen Scholastikern und gehört insofern zum Gemeingut der scholastischen Philosophie. Ursachen per se unterscheiden sich in dreifacher Hinsicht von akzidentellen Ursachen, wie Duns Scotus herausgestellt hat (Edward Feser 2014, 148ff.).

Bei einer per se geordnete Kausalreihe ist die erste Ursache so verfasst, dass sie selbst keine weitere Ursache für diese Tätigkeit benötigt. Diese Ursache ist die erste Ursache, weil sie die Ursache der Kausalität der ganzen Kausalreihe ist, aber nicht selbst einer Ursache bedarf, damit sie tätig sein kann. Die sekundäre Ursache einer solchen Kausalreihe ist kausal wirksam in Abhängigkeit von der ersten Ursache einer per se oder essenziell geordneten Kausalreihe. Die sekundäre Ursache besitzt keine Kausalität in sich selbst bzw. durch sich selbst, sondern Kraft der auf sie einwirkenden ersten Ursache, der Ursache per se. Daher hängen die Wirkungen einer solchen Kausalreihe in letzter Konsequenz von der ersten Ursache ab, ebenso wie alle Zwischenglieder (Gaven Kerr 2019, 104).

Bei einer akzidentell geordneten Kausalreihe bedarf ein hinteres kausales Glied keiner Ursache für ihre eigene kausale Tätigkeit. Die verschiedenen Glieder einer solchen Kausalkette hängen zwar zusammen, aber jedes einzelne Glied dieser Kausalkette besitzt die Kausalität der Reihe in sich selbst und nicht unabhängig von sich selbst. Daher ist in einer solchen Kausalreihe jedes Mitglied in der Lage, seine Kausalität ohne Abhängigkeit von einer primären Ursache auszuüben, die die Kausalität der ganzen Reihe gewährleistet (Ibid.).

Gaven Kerr hat diese Charakterisierung des Unterschieds der beiden Kausalreihen schematisch folgendermaßen dargestellt (Ibid.):

 

(i)                  Per se: a stone (z) is moved by a stick (y), which is moved by a hand (x), which is moved by the mind (w). Hence:

w à (x à (y à z)).

(ii)                Per accidens: a son, z, is begotten by his father, y, who is begotten by his father, x, who is begotten by his father, w, and so on. Hence:

(…) à (w à x) à (x à y) à (y à z).

 

Zunächst besteht der Unterschied darin, dass die akzidentelle Ursache von der Ursache per se oder der essenziellen Ursache abhängig ist, und zwar hinsichtlich des Aktes der Verursachung. Dafür ein eigenes Beispiel: Der Klang einer Violine erklingt nur dann, wenn die Violinistin den Violinbogen über die Saiten führt. Die Saiten erklingen durch die Resonanz des Violinkastens und dem Streichen des Violinbogens über die Saiten. Die verschiedenen Schritte – die Bewegung der Hand der Violinistin, die Bewegung des Bogens, das Streichen über die Saiten, der Klang aus dem Violinkasten – erfolgen alle synchron. Man kann hier noch weiter zurückgehen, denn die Hand der Violinistin wird bewegt durch die Nervenbahnen, die Muskelkontraktionen, den Willen der Violinistin und letztlich durch diese selbst. Die causa per se der erklingenden Musik ist hier die Violinistin selbst.

Das klassische Beispiel hierfür ist ein Stab, der einen Stein bewegt, ein Beispiel, das Thomas von Aquin selbst verwendet. Der Stab verursacht, dass der Stein sich bewegt aber nicht durch seine eigene Kraft. Der Stab bewegt den Stein durch die Bewegung der Hand, die den Stab führt bzw. bewegt. Die Hand, oder besser gesagt die Person, ist das, was die Scholastiker als Erstursache bezeichnen, während der Stab, der den Stein bewegt, die Zweitursache oder die instrumentelle Ursache ist. Der Stab hat die Kraft den Stein zu bewegen nur durch die Kraft der Person, die den Stab bewegt. Diese Art der Abhängigkeit ist das bestimmende Merkmal für eine essenzielle oder per se geordnete Kausalreihe.

Akzidentell geordnete Kausalreihen sind davon deutlich verschieden. Duns Scotus erläutert eine solche Kausalreihe wieder an einem einfachen und leicht nachvollziehbaren Beispiel: Ein Vater zeugt einen Sohn, der seinerseits wieder einen Sohn zeugt. Obwohl der Sohn nur existiert, weil der Vater ihn gezeugt hat, ist der Sohn, nachdem er einmal existiert, in der Lage, seinen eigenen Sohn zu zeugen, gleichgültig, ob der Vater in der Nähe ist, oder vielleicht sogar schon gestorben ist. Dies ist ein deutlicher Unterschied zu dem Stab, der nicht vermag, den Stein zu bewegen, wenn nicht die Hand den Stab bewegt oder der Klang der Violine, die nicht erklingt, wenn die Violinistin die Violine nicht spielt. Im Unterschied zum Stab oder dem Violinbogen hat nämlich der Sohn die Kraft zur Zeugung „in sich“, während der Stab keine Kraft in sich hat. In diesem Sinne ist die Beziehung zwischen den Mitgliedern einer akzidentellen Kausalreihe „akzidentell“ oder „nicht-wesentlich“. Die akzidentell geordnete Kausalreihe liegt auch vor, bei dem Beispiel der Billardkugeln, das in der Kausaltheorie oft verwendet wird. Die Kugel wird vom Billardspieler angestoßen und bewegt sich auf eine andere Kugel zu. Die erste Kugel hat zwar den Impuls vom Billardspieler erhalten, besitzt aber jetzt die kausale Kraft, eine andere Billardkugel in Bewegung zu versetzen, und zwar unabhängig vom Spieler und diese zweite Kugel kann möglicherweise ihrerseits wieder eine dritte Kugel bewegen.

Ein weiterer Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Wirkursachen besteht darin, dass bei per se geordneten Kausalreihen die Kausalität zu einer anderen Natur oder Ordnung gehört als bei der akzidentellen Kausalreihe, und zwar insofern, als die höhere Ursache vollkommener ist. Der Stab hat keine Kraft in sich selbst, den Stein zu bewegen, während die Person diese Kraft in sich selbst hat. In diesem Sinne hat der Beweger des Stabes, die Person, eine kausale Kraft einer anderen Ordnung oder einer anderen Natur als der Stab, und zwar von einer „vollkommeneren Art“. Daher ist die Erstursache oder die nicht-abgeleitete Ursache von einer höheren und vollkommeneren Art als die instrumentelle oder bloß abgeleitete Kausalität.

Der dritte Unterschied zwischen per se Kausalität und akzidenteller Kausalität besteht darin, dass die erstere Kausalreihe gleichzeitig ist, was bei der letzteren Kausalreihe nicht der Fall sein muss. Der Stab bewegt den Stein nur dann und nur so lange, wie die Person den Stab bewegt. Demgegenüber ist die Zeugung eines eigenen Sohnes durch den Sohn des Vaters unabhängig davon, ob der Vater überhaupt noch existiert.

Nun gehört es zu der Standardtheorie der Scholastik, dass akzidentell geordnete Kausalreihen zumindest prinzipiell, bzw. potenziell unendlich weit zurückreichen können, während dies bei per se oder essenziell geordneten Kausalreihen nicht der Fall sein kann. Denn weil jedes Glied einer akzidentell geordneten Kausalreihe ihre kausale Kraft in sich selbst und nicht abgeleitet hat, gibt es keine Notwendigkeit, irgendein Glied als das Letzte bzw. als das Erste anzusetzen. Der Vater kann selbst wieder von einem anderen Vater gezeugt worden sein und dieser wieder von einem anderen und so weiter bis ins Unendliche. Zumindest potenziell muss eine solche Kausalreihe keinen Anfang haben.

Ganz anders sieht es hingegen bei der essenziellen oder per se Kausalität aus. Thomas von Aquin erläutert dies folgendermaßen: „Dasjenige, das als eine instrumentelle Ursache bewegt, kann nicht bewegen außer es gibt eine erste bewegende Ursache. Aber wenn wir in die Unendlichkeit fortfahren mit Bewegern und bewegten Dingen, wären alle Beweger instrumentelle Ursache, weil sie bewegte Beweger sind und es nichts gäbe, was ein erster Beweger wäre. Deshalb würde nichts bewegt“ (Summa Contra Gentiles I.13.14-15). Der Grundgedanke dabei ist der, dass ein späteres Glied einer per se geordneten Kausalreihe keine kausale Kraft in sich selbst besitzt, sondern dass es diese Kraft vollständig von einer anderen Ursache empfängt, die eine inhärente kausale Kraft besitzt. Wären alle Ursache dieser Reihe instrumentell, dann käme es zu gar keine Bewegung (E. Feser 2014, 151).

Gegen mögliche Einwände sei betont, dass mit der „ersten“ Ursache keine zeitliche Folge gemeint ist, also nicht die Ursache, die vor der zweiten, der dritten oder vierten Ursache kommt, sondern die „nicht von einer anderen abgeleitet ist“, d.h. die ihre kausale Kraft in sich selbst hat im Unterschied zu einer Ursache, die ihre Kraft allein von einer anderen Ursache hat. Der entscheidende Punkt bei einer causa per se ist also weder die Unmöglichkeit einer aktualen Unendlichkeit einer solchen Ursache noch die Gleichzeitigkeit der Ursachen, sondern dass bei einer essenziell geordnete Kausalreihe jedes Glied der Reihe nur instrumentell wirkt, außer der ersten Ursache. Jedes Glied einer Kausalreihe per se hat nur eine kausale Wirksamkeit durch die erste Ursache. Der Violinbogen erzeugt nur einen Klang, sofern die Violinistin den Bogen über die Saiten bewegt.

Wenn in einer per accidens Kausalreihe die erste Ursache nicht mehr tätig ist, führt dies nicht zum Ausfall der kausalen Reihe. Dies ist bei der Kausalität per se anders. Wenn hier die erste Ursache ausfällt, fällt die ganze Kausalreihe aus, es gibt keine weiteren Wirkungen.

 

Schlussfolgerungen

Trifft diese Analyse der Agenskausalität zu, dann ist eine Beschränkung derselben auf die Kausalität per accidens unvollständig und es lassen sich bestimmte Kausalphänomene nicht richtig verstehen. Dies gilt besonders für Kausalreihen, bei denen die kausalen Zwischenglieder instrumenteller Natur sind, bei denen also die kausale Kraft abhängig ist von einer ersten Ursache.

Eine Kausalität per se kann es bei den vorgestellten Charakteristika nur geben bei echten Agenten, d.h. konkret bei Lebewesen. Lebewesen können der Ursprung, die Ursache einer Kausalreihe sein, bei der alle Glieder der Reihe synchron sind und bei denen die Wirkung intendiert ist. Nur Lebewesen haben die kausale Kraft in sich selbst, während dies bei anorganischen materiellen Dingen nicht der Fall ist. Dies bedeutet aber, dass es die Physik nur mit akzidenteller Kausalität zu tun hat. Eine Philosophie, die die Realität auf die Physik reduziert, wie moderne materialistische und physikalistische Theorien, müssen deshalb notwendigerweise jede Art von echter Agenskausalität im Sinne der causa per se bestreiten. Da der Physikalismus heute ein verbreiteter Trend in der Philosophie ist, kann man verstehen, warum Physikalisten und andere Materialisten eine per se Kausalität unbeachtet lassen oder bestreiten.

Die Frage, die sich hier aber stellt ist, woher die kausalen Agenten selbst ihre kausale Kraft haben. Man könnte antworten, dass es für Lebewesen gerade kennzeichnend ist, dass sie kausale Kräfte in sich selbst besitzen und dies ist in gewisser Weise auch zutreffend. Man kann allerdings weiter fragen, woher oder wodurch sie diese kausalen Kräfte in sich selbst besitzen. Der Verweis auf die organische Tätigkeit von Lebewesen, ihren Stoffwechsel etc., durch den sie sich am Leben erhalten und sich fortpflanzen ist aber unzureichend. Denn auch hier stellt sich die Frage, woher dieser Tätigkeit stammt. Die naturwissenschaftlichen Theorien dieser Vorgänge erklären diese nicht, sondern sie beschreiben diese Vorgänge auf einer chemisch-physiologischen Ebene.

Selbst wenn es eine echte Erklärung für die Frage geben sollte, woher die Agenten ihre kausalen Kräfte haben, stellt sich noch die Frage, warum diese überhaupt existieren und warum sie gerade jetzt existieren. Die Frage nach der Existenz einer Entität ist keine naturwissenschaftliche oder empirische Frage, sondern eine solche der Philosophie. Jede mögliche Erklärung der kausalen Kräfte eines Tätigen setzt dessen Existenz voraus. Sicher wird die Existenz nicht durch die verschiedenen biochemischen oder physikalischen Vorgänge in einem Lebewesen erklärt. Ein Agent ist tätig als eine Ursache, genau deshalb, weil er existiert, weil er Sein hat. Und dieses Sein hat sich der Agent nicht selbst verschafft (Gaven Kerr 2019, 107f.), denn keine Entität kann sich selbst in die Existenz bringen, weil sie dann bereits existieren müsste, bevor sie existiert.

Dies bedeutet aber, dass jede kausal wirksame Entität ihre Existenz von einem Seienden empfängt, das sein Sein in sich selbst und durch sich selbst besitzt. Und ein solches Seiendes „nennen alle Gott“.

 

Bibliographie

 

Aquin, Thomas von (1987): Summe gegen die Heiden, Erster Band; Hrsg. und übersetzt von Karl Albert und Paulus Engelhardt unter Mitarbeit von Leo Dümpelmann, Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft).

 

Feser, Edward (2014): Scholastic Metaphysics. A Contemporary Introduction, Heusenstamm (editiones scholasticae).

 

Hume, David (2015): Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand; Hamburg (F. Meiner).

 

Kerr, Gaven (2019): Aquinas and the Metaphysics of Creation; Oxford (Oxford University Press).

 

Meixner, Uwe (1997): Ereignis und Substanz. Die Metaphysik von Realität und Realisation; Paderborn (Schöningh)

 

Meixner, Uwe (2001): Theorie der Kausalität. Ein Leitfaden zum Kausalbegriff; Paderborn (mentis)

 

Wuellner, Bernard (1956): Dictionary of Scholastic Philosophy; Milwaukee; Neuauflage 2011, Heusenstamm (editiones scholasticae)

 

 

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