Freitag, 2. Juni 2023

Substanz, Teleologie und Intentionalität

 


Es gibt eine aufschlussreiche Parallele zwischen der traditionellen aristotelischen Unterscheidung zwischen Substanzen, Artefakten und Aggregaten und der Unterscheidung, die John Searle zwischen intrinsischer Intentionalität, abgeleiteter Intentionalität und Als-ob-Intentionalität trifft.  Dies mag seltsam erscheinen, da sich die aristotelische Unterscheidung mit sehr allgemeinen Fragen zur Metaphysik physikalischer Objekte befasst, während Searle sich mit einem sehr spezifischen Thema der Philosophie des Geistes beschäftigt.  Bei näherer Betrachtung ist die Parallele jedoch ganz natürlich und offensichtlich, und das verbindende Glied ist der Begriff der Teleologie.  Betrachten wir zunächst die einzelnen Unterscheidungen, dann werden wir in der Lage sein, die Parallelen zu erkennen.

 

Aristoteles über die Substanz

 

In der Physik unterscheidet Aristoteles bekanntlich zwischen natürlichen und künstlichen Objekten.  Einige Beispiele für natürliche Gegenstände sind Steine, Kupfer, Bäume und Hunde.  Einige Beispiele für künstliche Gegenstände sind Tische, Gemälde, Autos und Computer.  Oder, um ein Beispiel zu nennen, das ich gerne verwende: Eine Lianenranke (die Art, an der Tarzan im Dschungel herumschwingt) wäre ein natürliches Objekt, und eine Hängematte, die Tarzan aus lebenden Lianen anfertigt, um ein Mittagsschläfchen zu halten, wäre ein Artefakt.

 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese Unterscheidung zu erklären.  Aristoteles charakterisiert natürliche Objekte als solche, deren Prinzip der Veränderung und Stabilität ihnen innewohnt, während künstlichen Objekten ihr Prinzip der Veränderung oder Stabilität von außen aufgezwungen wird.  Die Tendenz einer Liane zum Beispiel, ihre Wurzeln in den Boden zu versenken, durch sie Wasser aufzunehmen und nach oben in Richtung der Baumkronen zu wachsen, kommt aus ihrem Inneren.  Aber die Hängematte aus lebenden Lianen wird nur dann die richtige Form behalten, zusammengebunden bleiben usw., wenn Tarzan sie ständig instand hält, indem er die Lianen, die sich gelöst haben, wieder zusammenbindet, sie beschneidet und so weiter.

 

Eine andere Möglichkeit, die Unterscheidung zu treffen, ist die Feststellung, dass natürliche Objekte substanzielle Formen haben, während Artefakte lediglich akzidentelle Formen haben.  Das Merkmal einer substanziellen Form ist das Vorhandensein von Eigenschaften und kausalen Kräften, die sich nicht auf die Summe der Eigenschaften und Kräfte seiner Teile reduzieren lassen.  Etwas, das eine rein akzidentelle Form hat, hat dagegen Eigenschaften und kausale Kräfte, die reduzierbar sind.  So können beispielsweise die besonderen Eigenschaften und Kräfte einer Liane nicht als bloße Summe der Eigenschaften und Kräfte ihrer Teile (wie der Zellen, Moleküle oder Atome, aus denen sie sich zusammensetzt) analysiert werden.  Die Eigenschaften und Kräfte einer Hängematte können jedoch auf die Eigenschaften und Kräfte der Lianen, aus denen sie besteht, sowie auf Tarzans Absicht, die Lianen als Hängematte zu benutzen, reduziert werden.

 

Eine dritte Möglichkeit der Unterscheidung ist die Feststellung, dass natürliche Objekte eine intrinsische oder eingebaute Teleologie haben, während Artefakte lediglich eine extrinsische oder von außen aufgezwungene Teleologie haben.  Die Tendenz der Lianen, ihre Wurzeln in den Boden zu versenken und nach oben in Richtung Walddach zu wachsen, ist ihnen angeboren, während ihre Tendenz, als Hängematte zu funktionieren, von Tarzan von außen aufgezwungen wird.

 

Diese drei Arten der Unterscheidung sind eng miteinander verbunden.  Die inhärenten teleologischen Eigenschaften eines natürlichen Objekts ergeben sich aus seiner substanziellen Form und manifestieren sich in der Wirkung seiner charakteristischen kausalen Kräfte.  Die substanzielle Form, die eine Lianenranke auszeichnet, manifestiert sich beispielsweise darin, dass die Ranke auf die Ziele ausgerichtet ist, ihre Wurzeln in den Boden zu versenken, nach oben in Richtung der Baumkronen zu wachsen usw.  Und die für eine solche Ranke charakteristische Veränderung und Stabilität zeigt sich in der Wirkung der kausalen Kräfte, durch die die Ranke diese Ziele verwirklicht.

 

In ähnlicher Weise bestimmt der von außen auferlegte Zweck, als Hängematte zu funktionieren, welche akzidentellen Formen Tarzan in die Ranken einbringen muss (sie auf diese und nicht auf jene Weise binden, sie von diesen Teilen abschneiden, aber nicht von jenen), damit sie kausale Kräfte aufweisen, die diesen Zweck ermöglichen (z. B. die Kraft, das Gewicht eines erwachsenen Menschen zu tragen).

 

Eine echte physische Substanz ist für den Aristoteliker ein Objekt, das eine substanzielle und nicht nur eine akzidentelle Form hat, das dementsprechend bestimmte intrinsische und nicht nur von außen aufgezwungene teleologische Merkmale aufweist und das dadurch bestimmte inhärente Muster der Veränderung und Stabilität manifestiert.  Artefakte sind keine echten Substanzen, eben weil sie nur akzidentelle Formen, eine von außen aufgezwungene Teleologie und ihnen nicht völlig inhärente Muster der Veränderung und Stabilität aufweisen.  Daher ist eine Liane eine wahre Substanz und eine Hängematte nicht.  (Mehr über die Unterscheidung zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen sage ich in meinem kürzlich erschienenen Aufsatz "Natural and Supernatural" in dem Band Neo-Aristotelian Metaphysics and the The Theology of Nature von Simpson, Koons und Orr).

 

Ein Artefakt zu sein ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit, keine echte Substanz zu sein.  An dieser Stelle kommen die Aggregate ins Spiel.  Nehmen wir an, Tarzan spannt eine Hängematte zwischen zwei Bäumen auf, lässt sie aber später fallen und vergisst sie.  Stellen Sie sich vor, die Lianen, die die Hängematte bilden, sterben ab, und das ganze Ding löst sich und fällt auf den Boden, wo es einen Haufen unter den Bäumen bildet.  Stellen Sie sich vor, die Ranken lösen sich vollständig, vertrocknen und verwelken und nehmen das Aussehen einer amorphen Masse oder eines zufälligen Knäuels an.  Da die Ranken abgestorben sind und nicht mehr die charakteristischen Eigenschaften und Kräfte der Lianen aufweisen, sind sie nach aristotelischer Auffassung keine Lianen im eigentlichen Sinne mehr.  Sie sind stattdessen Substanzen anderer Art – zum Beispiel Faserstücke.  Und da der Stapel nicht mehr die charakteristischen Merkmale einer Hängematte aufweist (und Tarzan nicht einmal mehr die Absicht hat, ihn als solche zu benutzen), ist er auch keine Hängematte mehr.

 

Was ist er dann?  Es ist ein Aggregat dieser neuen faserigen Substanzen – eine Ansammlung, deren Kräfte und Eigenschaften auf die Summe der Teile der Ansammlung reduzierbar sind.  Es ist wie ein Artefakt, mit dem Unterschied, dass ein Artefakt eine Teleologie hat, die von außen durch einen Geist aufgezwungen wird, während ein Aggregat dies nicht tut.  Dies gilt selbst dann, wenn es sich so verhält, als ob es eine hätte.  Stellen Sie sich zum Beispiel vor, dass der Haufen toter Ranken verhindert, dass Wasser zwischen den Bäumen fließt, von denen die Hängematte heruntergefallen war.  Er funktioniert wie ein Staudamm, ist aber kein richtiger Staudamm, da er nicht zu diesem Zweck gebaut wurde (weder von Menschen noch von Bibern, zum Beispiel).

 

Searle über Intentionalität

 

Wenden wir uns nun der Unterscheidung von Searle zu.  Intentionalität ist ein technischer Begriff für die Gerichtetheit oder „Aboutness“, die für mentale Zustände, sprachliche und andere Arten von Repräsentationen charakteristisch ist.  Ihr Gedanke, dass der Eiffelturm in Paris steht, bezieht sich beispielsweise auf ein bestimmtes Objekt - den Eiffelturm – oder ist auf dieses gerichtet.  Der deutsche Satz „Der Eiffelturm ist in Paris“ bezieht sich ebenfalls auf den Eiffelturm oder ist auf diesen gerichtet, ebenso wie ein Gemälde des Eiffelturms.  Eine zufällige Aneinanderreihung von Buchstaben wie "gjaargrvma" oder die Flecken auf dem Boden, die entstehen, wenn man versehentlich etwas Tinte verschüttet, haben dagegen keine Intentionalität.  Sie haben nichts zu bedeuten, sondern sind lediglich bedeutungslose Zeichen.

 

Wie Searle an mehreren Stellen (z. B. in seinem Buch The Rediscovery of the Mind) darlegt, veranschaulichen diese Beispiele zwei verschiedene Arten von Intentionalität.  Die Buchstabenfolge, aus der der Satz „Der Eiffelturm steht in Paris“ besteht, hat Intentionalität, die zufällige Zeichenfolge „gjaargrvma“ dagegen nicht.  Es ist jedoch zu beachten, dass die Intentionalität der ersten Zeichenfolge nicht inhärent ist.  Intrinsisch oder für sich genommen ist die erste Buchstabenfolge ebenso bedeutungslos wie die zweite.  Es ist nur so, dass aufgrund der Konventionen des deutschen Sprachgebrauchs die erste einen Satz vermittelt und die zweite nicht.  Ohne diese Konventionen wäre der erste Satz genauso ohne Intentionalität wie der zweite oder wie ein zufälliger Tintenklecks.

 

Sätze haben also das, was Searle abgeleitete Intentionalität nennt.  Das Gleiche gilt für eine Zeichnung des Eiffelturms und für Darstellungen anderer Art, wie z. B. Symbole (z. B. die Symbole, aus denen ein Rauchverbotsschild besteht).  Die Quelle dieser abgeleiteten Intentionalität ist der menschliche Verstand.  Der Satz „Der Eiffelturm ist in Paris“ hat die Bedeutung, die er hat, weil er verwendet wird, um den Gedanken auszudrücken, dass der Eiffelturm in Paris steht.  Die Gedanken leiten ihre Bedeutung jedoch nicht von etwas anderem ab.  Wir benutzen Sätze, um den Inhalt von Gedanken auszudrücken, aber niemand benutzt Gedanken, um den Inhalt von Gedanken oder von irgendetwas anderem auszudrücken.  Die Gedanken sind sozusagen nur ihr Inhalt.  Sie haben ihre Bedeutung auf eine eingebaute Weise.  Sie haben eher eine intrinsische (oder ursprüngliche) als eine abgeleitete Intentionalität.

 

(Scholastiker wie John Poinsot haben dies so ausgedrückt, dass Sätze instrumentelle Zeichen sind, während Gedanken formale Zeichen sind.  Ein instrumentelles Zeichen ist ein Zeichen, das auch etwas anderes ist - eine Reihe von Tintenmarkierungen, ein Geräusch, ein Bild, oder was auch immer.  Sein Inhalt ist etwas, das zu diesen anderen Merkmalen hinzukommt oder sich von ihnen unterscheidet, und deshalb muss der Inhalt abgeleitet werden, damit solche Merkmale überhaupt einen Inhalt haben können.  Ein formales Zeichen ist ein Zeichen, das nichts anderes als ein Zeichen ist, und insbesondere nichts anderes als sein Inhalt.  Es ist einfach sein Inhalt, und deshalb ist sein Inhalt intrinsisch und nicht abgeleitet).

 

Searle stellt auch fest, dass es Phänomene gibt, die keine intrinsische oder gar abgeleitete Intentionalität haben, bei denen es aber dennoch sinnvoll ist, sie so zu beschreiben, als ob sie sie hätten.  Wenn wir zum Beispiel dunkle Wolken sehen, könnten wir sagen: „Diese Wolken bedeuten, dass es regnen wird“.  Natürlich haben die Wolken eine solche Bedeutung nicht in dem Sinne, wie der Gedanke, dass es regnen wird, eine Bedeutung hat.  Denn die Wolken denken nicht.  Aber die Wolken haben auch nicht die Bedeutung wie der Satz „Es wird regnen“ oder wie eine Zeichnung von Regen.  Eine Wolke ist weder ein Satz, noch ein Bild, noch ein Symbol, noch eine Darstellung irgendeiner anderen Art.  Vielmehr geht es darum, dass wir, da wir wissen, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dunklen Wolken und Regen gibt, aus dem Vorhandensein der Wolken ableiten, dass es Regen geben wird.  Die Bedeutung (im Sinne des begrifflichen oder semantischen Inhalts) liegt in uns, nicht in den Wolken.  Aber die Beschreibung der Wolken, als ob sie einen semantischen Inhalt hätten, ist eine nützliche Kurzform.  Searle nennt dies „Als-ob-Intentionalität“, betont aber, dass es sich gerade deshalb, weil es nur so ist, als ob das Phänomen Intentionalität hätte, nicht streng genommen um eine Art von Intentionalität, sondern um eine bequeme Fiktion handelt.  Ein anderes Beispiel wäre, wenn wir sagen, dass das Wasser an den Fuß des Hügels gelangen will (als ob das Wasser wirklich etwas wollte).

 

Natürlich ist die intrinsische Intentionalität die grundlegendste der drei Arten.  Abgeleitete Intentionalität existiert nur, weil es eine intrinsische Intentionalität gibt, von der sie abgeleitet werden kann.  Und bei der Als-ob-Intentionalität geht es darum, von einer Sache so zu sprechen, als hätte sie die intrinsische Intentionalität, die Gedanken haben, oder die abgeleitete Intentionalität, die Worte und dergleichen von der intrinsischen Intentionalität der Gedanken erhalten.

 

Teleologie

 

Es gibt eine Parallele zwischen natürlichen Substanzen, Artefakten und Aggregaten auf der einen Seite und intrinsischer Intentionalität, abgeleiteter Intentionalität und Als-ob-Intentionalität auf der anderen.  Zunächst ist zu bedenken, dass natürliche Substanzen grundlegender sind als Artefakte und Aggregate, weil letztere die ersteren voraussetzen.  Insbesondere ist ein Artefakt im Wesentlichen eine natürliche Substanz oder eine Ansammlung natürlicher Substanzen, die von jemandem arrangiert wurden, um einen bestimmten Zweck zu verwirklichen (z. B. Tarzans Hängematte).  Und ein Aggregat ist eine Ansammlung natürlicher Substanzen, die oberflächlich betrachtet wie eine natürliche Substanz oder ein Artefakt aussehen könnte, es aber nicht ist, da ihr der Zweck einer der beiden fehlt (wie im Fall des Haufens toter Ranken).

 

Analog dazu ist die intrinsische Intentionalität grundlegender als die abgeleitete oder die Als-ob-Intentionalität.  Wie ein Artefakt spiegelt etwas mit abgeleiteter Intentionalität (z. B. Wörter, Bilder oder Symbole) die Zwecke eines Akteurs wider.  Wie ein Aggregat kann etwas mit Als-ob-Intentionalität den Anschein erwecken, dass es solche Zwecke widerspiegelt, was aber nicht der Fall ist.

 

Der Grund für diese Parallele liegt in erster Linie in den unterschiedlichen teleologischen Merkmalen, die die verschiedenen Arten von physischen Objekten aufweisen.  Teleologie beinhaltet im Wesentlichen die Ausrichtung auf einen Zweck oder ein Ziel.  Aber auch Intentionalität beinhaltet eine Art von Gerichtetheit, nämlich die Ausrichtung auf ein Objekt der Repräsentation (sei es die Repräsentation in Gedanken, in Worten oder was auch immer).  Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass Intentionalität eine geistige Gerichtetheit beinhaltet, während Teleologie dies nicht tun muss (obwohl sie es kann).  Zum Beispiel ist die Ausrichtung einer Lianenranke auf die Ziele des Einsinkens der Wurzeln in den Boden, des Wachsens in Richtung der Baumkronen usw. in keiner Weise bewusst oder anderweitig mental.  Denn eine Lianenranke hat keinerlei mentale Eigenschaften.

 

Wenn wir uns die Gerichtetheit als allgemeines Merkmal vorstellen, das sowohl physische Objekte als auch Intentionalität auf unterschiedliche Weise besitzen können, dann haben die Mitglieder der beiden Gruppen von Unterscheidungen Folgendes gemeinsam: Natürliche Substanzen und intrinsische Intentionalität beinhalten beide eine inhärente oder eingebaute Gerichtetheit; Artefakte und abgeleitete Intentionalität beinhalten beide eine entlehnte oder abgeleitete Gerichtetheit; und Aggregate und Als-ob-Intentionalität beinhalten beide überhaupt keine echte Gerichtetheit, sondern höchstens den Anschein einer solchen.

 

Diese Parallelen zeigen sich auch in der Art und Weise, wie Aristoteliker und Searle der Vorstellung widersprechen würden, der menschliche Geist sei buchstäblich eine Art Computer.  Der Aristoteliker würde sagen, dass vernünftige Tiere Substanzen einer Art sind, während Computer eine Art Artefakt sind.  Erstere haben substantielle Formen, eine intrinsische Teleologie und irreduzible kausale Kräfte, während letztere lediglich akzidentelle Formen, eine derivative Teleologie und reduzierbare kausale Kräfte haben.  Es ist also nur ein Kategorienfehler, den Geist als eine Art Computer zu betrachten.  Ähnlich hat Searle argumentiert, dass der Geist eine intrinsische Intentionalität besitzt, während Computer nur eine Art abgeleitete Intentionalität haben.  (Tatsächlich ist die Beziehung zwischen Aristotelismus und Searle in Bezug auf Computer etwas komplizierter als das.  Ich habe es in meinem Nova et Vetera-Artikel "Von Aristoteles zu John Searle und wieder zurück" ausführlich diskutiert: Formale Ursachen, Teleologie und Computation in der Natur").

 

Ein Bewusstsein für die Parallele, auf die ich hier aufmerksam mache, ist zumindest implizit in einigen Kommentaren enthalten, die Daniel Dennett in seinem Essay Evolution, Error, and Intentionality (aus seiner Sammlung The Intentional Stance) macht.  In Anlehnung an W. V. Quine und andere vertritt Dennett die Auffassung, dass die Bedeutung oder der semantische Inhalt von Gedanken und Äußerungen nicht von den physikalischen Fakten über den Menschen und seine weitere Umgebung abhängt.  Das heißt, wenn die physikalischen Tatsachen alle Tatsachen sind, die es gibt, dann gibt es einfach keine objektive Tatsache darüber, was eine unserer Äußerungen bedeutet oder was der Inhalt eines unserer Gedanken ist.  (Man erinnere sich an Quines berühmtes „gavagai“-Beispiel.) Da diese Denker davon ausgehen, dass die physikalischen Tatsachen tatsächlich alle Tatsachen sind, die es gibt, folgern sie, dass es tatsächlich keine Tatsache darüber gibt, was wir meinen, wenn wir etwas sagen oder denken.

 

Nun habe ich (in meinem Artikel Kripke, Ross, and the Immaterial Aspects of Thought im American Catholic Philosophical Quarterly und an anderer Stelle) argumentiert, dass die Prämisse der semantischen Unbestimmtheit des Physischen zwar wahr ist, die Schlussfolgerung, die Quine, Dennett und andere daraus ziehen, jedoch falsch und in der Tat inkohärent ist.  Ich behaupte, die richtige Schlussfolgerung ist, dass das Denken nicht physisch ist.  Aber für den Moment können wir das beiseitelassen.  Worauf ich hier aufmerksam machen möchte, ist, dass Dennett (auf S. 321 seines Aufsatzes) feststellt, dass es (unter seinen naturalistischen Annahmen) keine objektive Tatsache über natürliche Funktionen geben kann, genauso wenig wie es eine über die Bedeutung oder den semantischen Inhalt des Denkens geben kann.  Das heißt, dieselben Überlegungen, die die Unbestimmtheit des semantischen Inhalts zur Folge haben, haben auch die Unbestimmtheit der teleologischen Eigenschaften der natürlichen Objekte zur Folge.  So wie es für Quine keine objektive Tatsache gibt, ob „gavagai“ „Kaninchen“ oder „ungetrenntes Kaninchenteil“ bedeutet, so gibt es auch keine Tatsache, ob die Funktion des Herzens darin besteht, Blut zu pumpen.

 

Nun ist auch diese Position, wie ich in Kapitel 6 von Aristotle’s Revenge argumentiere, letztlich inkohärent.  Teleologische Vorstellungen lassen sich einfach nicht aus der Biologie eliminieren, und wenn dieses Ergebnis mit dem Naturalismus unvereinbar ist, dann ist das nur ein weiterer Grund, den Naturalismus abzulehnen.  Aber selbst wenn Sie mir in diesem Punkt nicht zustimmen, geht es im Moment darum, dass Dennetts Position die Idee verstärkt, dass es eine Parallele zwischen dem teleologischen Begriff der natürlichen Substanz des Aristoteles und Searles Begriff der intrinsischen Intentionalität gibt.  Denn genau wegen dieser Parallele will Dennett (der weder ein Anhänger des Aristotelismus noch von Searle ist) beide zusammen ablehnen.

 Quelle: http://edwardfeser.blogspot.com/

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