In einem früheren Blogbeitrag auf der Grundlage des Buches Scholastic Metaphysics von Edward Feser wurde gezeigt, dass die Wissenschaft nur sehr begrenzt in der Lage ist, die Wirklichkeit zu beschreiben. In diesem Beitrag soll verdeutlicht werden, dass die Naturwissenschaften entsprechend auch nur sehr begrenzt in der Lage ist, die Realität zu erklären. Umso erstaunlicher ist es, dass viele Menschen eine Erklärung der Welt von der Naturwissenschaft erwarten, eine Erwartung, die die Wissenschaft schon von ihrer Methode her nicht in der Lage ist zu erfüllen. Denn die Naturgesetze, die die Wissenschaft zur Erklärung der Welt entdeckt hat, sind überhaupt keine Erklärung und schon gar keine vollständige Erklärung der Realität.
Was sind die sogenannten „Naturgesetze“?
Naturgesetze sind eine kurz gefasste Beschreibung, in welcher Weise bestimmte materielle Dinge oder Systeme tätig sind, wie sie sich verhalten und zwar unter der Voraussetzung ihrer Natur oder ihres Wesens. Dies ist das scholastische Verständnis von Naturgesetzen. Doch diese Auffassung der Naturgesetze setzt die Existenz und die Tätigkeit der physischen Dinge voraus. Deshalb können die Gesetze diese Dinge und Systeme selbst nicht erklären. Daher ist es auch völlig verfehlt, wenn Szientisten zur Erklärung des physikalischen Universums auf die Naturgesetze verweisen, denn diese setzen bereits das Universum voraus.
Theologische Erklärung der Naturgesetze
Eine andere Auffassung der Naturgesetze findet sich freilich in der frühen Neuzeit bei Denkern wie René Descartes oder Newton, die bemüht waren, die aristotelisch-scholastische Philosophie, die das Mittelalter dominiert hatte, zu überwinden. Sie behaupteten, dass die Naturgesetze in ihrem Fundament theologisch zu verstehen sind und nur eine Kurzfassung für die göttlichen Ideen sind, nach denen Gott die Welt eingerichtet hat und nach denen sie Welt jetzt funktioniert, ohne das Gott selbst weiter einzugreifen hat. Hiernach ist die wahre Erklärung der Naturgesetze nur durch den Verweis auf Gott möglich, denn die Naturgesetze als solche erklären nach Auffassung Descartes, Newtons und anderer überhaupt nichts. Allerdings wird dieser Theorie, die ausdrücklich der scholastischen Philosophie widerspricht (zumindest der aristotelischen Scholastik), auch kein moderner Szientist zustimmen.
Naturgesetze als Regularitäten
Ein drittes Verständnis vom Wesen des Naturgesetzes besteht darin, dass man sagt, dass ein solches Gesetz nichts anderes als eine Beschreibung oder Zusammenfassung der regelmäßigen Muster ist, die in der natürlichen Welt geschehen. Die Gesetze sagen uns nichts über das Wesen oder die Natur der Dinge und sie zeigen uns auch nicht die Absichten oder den Willen Gottes in der Welt. Nach dieser Auffassung bedeutet das Naturgesetz, dass B‘s stets auf A’s folgen, nichts weiter als dass B‘s dazu neigen in regelmäßiger Weise auf A’s zu folgen und das ist alles. Demnach sagen Gesetze nur, dass diese bestimmten Regularitäten existieren, aber nicht, warum sie existieren. Auch diese Auffassung der Naturgesetze kann nicht dazu verwendet werden um die These zu stützen, dass die Wissenschaft die Realität vollständig erklärt.
Naturgesetze als abstrakte Objekte
Man kann noch eine vierte Theorie zur Erklärung der Naturgesetze anführen. Diese versteht Naturgesetze als „abstrakte Objekte“, ähnlich wie Universalien oder wie platonische Ideen, die in einer Welt „oberhalb“ der realen Welt an sich existieren und die durch irgendeine Relation („Partizipation“) mit den materiellen Gegenständen verbunden sind, die von ihnen determiniert werden. Doch auch dieses Verständnis der Naturgesetze trägt wenig dazu bei, diese als eine vollständige Erklärung der Realität zu begreifen. Denn man könnte fragen, wie es kommt, dass es eine physikalische Welt gibt, die mit den Gesetzen in Verbindung steht oder warum es gerade diese Gesetze sind und nicht irgendwelche anderen.
Fortsetzung folgt
Im Verlauf von Fesers Buch werde diese Fragen eingehender und ausführlicher diskutiert. Wir schließen an dieser Stelle mit der Zusammenfassung der Einleitung zu Fesers Buch ab und setzen in unserem nächsten Beitrag mit der Vorstellung der Akt-Potenz Theorie fort. Die Einleitung fährt fort mit einem sehr schlechten Argument für den Szientismus, das von dem amerikanischen Szientisten Alex Rosenberg eingeführt wurde und behandelt dann noch den „Ausweg“ aus dem Dilemma des Szientismus durch eine Philosophie, die sich nur noch als „Begriffsanalyse“ versteht, eine Richtung innerhalb der analytischen Philosophie.
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