Montag, 7. April 2014

Scholastische Metaphysik. Eine zeitgemäße Einführung

Ich habe mich entschlossen, in den kommenden Wochen und Monaten mindestens einmal wöchentlich eine zusammenfassende Wiedergabe des neuen Buches von Edward Feser: Scholastic Metaphysics. A Contemporary Introduction in diesem Blog zu schreiben. Feser Buch ist eines der besten Einführungen in dieses Thema in der letzten Jahrzehnte und viel ausführlicher als die kleinere Schrift von Rafael Hüntelmann  zum gleichen Thema, die allerdings auch einen sehr guten Überblick über das Thema liefert (und leichter verständlich ist). Feser geht aber umfassender auf aktuelle Debatten in der Gegenwartsphilosophie ein und setzt sich damit kritisch auseinander. Ich habe mich zu diesem Projekt entschlossen, weil sicher einige Leser sich außerstande sehen, ein solches Buch auf Englisch zu lesen. Zudem wird es dem Verlag sicher nicht schaden, wenn das Buch für deutsche Leser auf Deutsch zubereitet wird, zumal eine Übersetzung ins deutsche eher nicht wahrscheinlich ist.
Ich beginne gleich heute mit dem Prolegomenon, in dem Feser den Zweck des Buches erläutert und gleich gegen den Szientismus, also die Wissenschaftsgläubigkeit argumentiert.



Anhand des Buchtitels erläutert Feser die Absicht des Buches. Es geht zunächst um eine Einführung in die gesamte scholastische Philosophie und nicht allein in die Philosophie von Thomas von Aquin. Daher finden auch Autoren wie Duns Scotus, Wilhelm von Occam, Thomas Kajetan oder Franciscus Suarez Berücksichtigung. Insbesondere werden die Unterschiede dieser philosophischen Auffassungen zu Thomas von Aquin und seiner Schule an allen wesentlichen Punkten des Buches verdeutlicht. Selbstverständlich ist und bleibt der Favorit Thomas von Aquin.

Des Weiteren handelt es sich in dem Buch um Metaphysik und nicht um Erkenntnistheorie, philosophische Psychologie, Logik oder Ethik. Es ist somit ein Buch über die Wissenschaft von den absolut ersten Prinzipien und die fundamentalen Probleme der Ontologie, nämlich Kausalität, Substanz, Modalität (Möglichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit), Identität, Persistenz, Teleologie (die Ziel- oder Zweckgerichtetheit der Dinge) usw. Grundlage für die gesamte Behandlung dieser Themen ist die Akt-Potenz-Theorie die auch die Grundlage nicht nur der thomistischen Philosophie ist.

Bei dem Buch handelt es sich um eine Einführung; Feser nennt weitere Titel zur Einführung in die scholastische Philosophie, die er im Buch auch immer wieder zitiert, freilich alle in Englischer Sprache. Er verteidigt seine Position, dass es durchaus angebracht ist, sich auf die Neuscholastik, deren Blüte Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war, zu beziehen. Es gab eine Zeit, in der dies sehr verpönt war und man meinte, wenn man die Philosophie Thomas‘ oder anderer Scholastiker verstehen wolle, müsse man die Originaltexte lesen. Abgesehen davon, dass diese Text oft sehr schwer zugänglich sind (sowohl was die Übersetzungen als auch was das Textverständnis betrifft) gibt es auch in der scholastischen Philosophie eine Entwicklung und so konnte z.B. Thomas keineswegs alle Einwände und Kritiken vorhersehen, die sich in den letzten 700 Jahren gegen seine Auffassungen gebildet haben. Daher ist es notwendig und sehr hilfreich, sich diesen neuscholastischen Texten zuzuwenden.

Das Buch ist eine zeitgemäße Einführung, denn es bezieht sich bei allen Themen, die behandelt werden, auf Diskussionen der Gegenwartsphilosophie, auf moderne Philosophen, insbesondere der analytischen Philosophie und deren Kritik an der Scholastik (sofern es eine solche überhaupt gibt), bzw. auf deren eigene philosophische Theoriebildung zu den behandelten Themen.

Anschließend steigt Feser bereits in das erste Thema ein, den Szientismus. Das er sich darauf schon in der Einführung bezieht, hat einen guten Grund. Der Szientismus ist zweifellos der entscheidende Gegner der klassischen Philosophie und die beherrschende Weltanschauung unserer Tage. Feser nennt dann vier generelle Probleme mit dem Szientismus. 1. Ist der Szientismus selbstzerstörerisch, bzw. sich selbst widerlegend. 2. Die naturwissenschaftliche Methode kann prinzipiell nicht eine vollständige Erklärung der Welt liefern. 3. Die „Naturgesetze“ mit deren Hilfe die Naturwissenschaften Phänomene erklärt, können keine vollständige Erklärung der Wirklichkeit liefern und 4. Das vermutlich wichtigste Argument für den Szientismus, nämlich der gewaltige Erfolg technologische der Naturwissenschaften, insbesondere der Physik, hat keine Kraft. Diese vier Punkte werden im Weiteren dann kurz erörtert. Dazu dann im nächsten Beitrag.

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